Der Talisman (German Edition)
Tränen zu funkelnden Eisperlen, die wie eine schwere Kette an seinem Hemd festfroren.
»Hallo, Yasha! Ich bin hier oben. Schau mal, die kleinen, bunten Fahnen! Die heißen bei uns in Tibet Windpferde. Die Wanderer, die hier vorbeikommen, legen einen Stein auf diesen Haufen und manche hängen auch ein Windpferd auf. Auf den Fähnchen stehen Gebete und Wünsche, die der Wind mitnimmt und hoch in den Himmel trägt! Ich habe noch eines in der Tasche. Wir hängen es für dich auf. Sag: Was ist dein größter Wunsch?« Fröhlich hüpfte der kleine Lama auf dem Steinhaufen herum, doch plötzlich stutzte er.
»Du weinst ja,
Yasha!«
Blitzschnell kletterte die kleine Heiligkeit zu Yasha herunter und umarmte ihn. »Entschuldige! Ich wollte dich nicht erschrecken! Du hast mich doch in meine Heimat zurückgebracht«, murmelte der kleine Lama und zupfte die gefrorenen Tränen von Yashas Hemd. Leise klimpernd sprangen sie davon. »Jetzt sag, was du dir am meisten wünschst!« Schluchzend nahm Yasha das Stoffstück, das der kleine Lama ihm entgegenhielt. »Ich will meine Eltern finden und mit ihnen zusammen sein!« Die kleine Heiligkeit nickte: »Denk ganz fest an deinen Wunsch und häng das Windpferd auf!«
Leichter Schneefall setzte ein. Plötzlich deutete der kleine Lama aufgeregt nach vorne: »Da kommt er, der Lung-gom-pa! Es hat geklappt! Ich habe ganz fest an den Lung-gom-pa gedacht und ihn gebeten, eine Überraschung für dich hierher zu bringen!«, jubelte er.
Yasha kniff die Augen
zusammen. Weit weg,
an einem schneebedeckten Berghang, bewegte sich ein kleiner schwarzer Punkt mit einer unglaublichen Geschwindigkeit. Das konnte kein Mensch sein. »Bestimmt eine optische Täuschung, aber optische Täuschungen haben keine Schatten«, dachte Yasha verwundert. Als der Punkt näher kam, sah Yasha, dass der Lung-gom-pa ein tibetischer Mönch war. Sein gelbes Gewand flatterte um seine Beine und auf dem Arm trug er ein großes Bündel. Als er die beiden Freunde erreichte, war er kein bisschen außer Atem. Lächelnd verbeugte er sich vor der kleinen Heiligkeit.
Der kleine Lama segnete den schnellen Mönch. Dann steckten sie tuschelnd die Köpfe zusammen und entrollten das Bündel. Eine Fellmütze, eine wattierte Hose und ein schwerer Mantel, der mit Fell gefüttert war, kamen zum Vorschein. Kichernd halfen sie Yasha, die schwere tibetische Kleidung anzuziehen. »Yasha! Du hast mir geholfen nach Tibet zurückzukehren und dafür möchte ich dir etwas schenken. Ich weiß, dass du schnell nach Budapest möchtest, um deinen Eltern zu helfen. Das ist eine schwierige Aufgabe, und du hast zwar den magischen Schmetterling, aber die mächtigsten Kräfte wohnen in dir selbst. Ich werde dir zeigen, wie du sie erkennen und nutzen kannst. Vertrau mir!«, sagte die kleine Heiligkeit.
Die dunkle Seherin klopfte ihrem Bruder aufmunternd auf die Schulter und deutete auf den Anfang der Liste: »Olav, auf der Insel Cabeluda leben der Riese, Steju, Marisa und ihr Sohn, der kleine Salvi-Co-Ilu. Glaube mir, es wird ganz einfach sein sie einzufangen! Die Menschen sind so dumm! Ständig wünschen sie sich Dinge, die für sie nicht gut sind. Du wirfst im richtigen Moment ein wenig Wexelstaub und schon hast du sie!«
Nachdenklich musterte Olav Zürban seine Schwester. Nach einer Weile nickte er seiner Schwester zu und rief: »Ich wexle den Ort in einem fort. Auf nach Cabeluda. Yashas Freunde in meine Hände, damit ich den Jungen an mich binde!«
Sekunden später
stand der
Schwarzmagier an einem kleinen Hafen. Ein verlassenes Segelboot dümpelte im Wasser. Olav Zürban ließ das kleine Fischerdorf hinter sich und steuerte zielsicher auf ein hübsches Gebäude zu, das etwas abseits vom Dorf direkt am Meer lag. Sonnenstrahlen schimmerten auf dem Tor, das ganz aus Perlmutt war. Darauf stand der Name Salvi-Co-Ilu. Es quietschte leise, als Olav Zürban öffnete. Vor ihm lag ein wunderschöner Garten. Aus einer Ecke versteckt hinter rosa blühenden Büschen hörte er leises Weinen. Der Schwarzmagier griff in den Beutel mit dem Wexelstaub. Sand knirschte unter seinen Stiefeln, als er leise näher schlich. Da sah er sie, Steju und der riesige Pirat standen direkt vor dem Gebüsch. Die Frau, die neben dem weinenden Kind kniete, war sicherlich die kleine Marisa. Vor ihnen im Beet war ein winzig kleines Grab zu sehen. »Es zerreißt mir das Herz, dass Salvi-Co-Ilu so traurig ist. Er hat seinen Hamster so geliebt!«, flüsterte Steju leise.
Der Riese legte
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