Der Tanz des Maori (epub)
hat â¦Â«
Sie drehte sich um und sah mir direkt ins Gesicht. »Deine Geschichte interessiert mich nicht. Sie interessiert mich nie. Es ist immer tragisch, und immer sind die Frauen eigentlich unschuldig, und immer bin ich der letzte Ausweg. Wenn ich immer, wenn ich Mitleid empfinde, eine Ausnahme mache â dann würde ich sehr bald kein Geld mehr verdienen. AuÃerdem habe ich keine Freude daran, die kleinen Dinger zu töten. Ich komme dafür wahrscheinlich in die Hölle. Und deswegen will ich jetzt wenigstens reich werden.« Damit drehte sie sich wieder um und zupfte weiter mit ihren geschickten, flinken Fingern an ihren Blättchen.
Einen kleinen Moment lang blieb ich noch stehen und wartete. Dann wurde mir klar, dass Eloise wegen mir ganz sicher keine Ausnahme machen würde. Sie hatte womöglich schon längst vergessen, dass ich hinter ihr stand â¦
Zögernd drehte ich mich um und verlieà den Garten wieder. Ich brauchte dringend Geld. Geld, das ich nur von Angus bekommen konnte. Er musste doch daran interessiert sein, dass ich keinen Balg in die Welt setzte!
Es vergingen noch einmal zwei Wochen, bis ich mir keinen anderen Ausweg mehr wusste, als an der Tür zu seinem Arbeitszimmer zu klopfen.
»Was willst du?« Er sah mich aus seinen dunklen Augen an. Ich konnte nicht erkennen, was in ihm vorging.
Ich setzte mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, obwohl er mich nicht dazu aufgefordert hatte.
»Ich muss mit Ihnen sprechen«, erklärte ich dazu. Und dann platzte ich einfach ohne weitere Umschweife mit der Wahrheit heraus. »Ich bin schwanger!«
Ãberrascht sah er mich an. »Von mir?«
Ich nickte. »Ich habe mit keinem anderen ⦠Sie müssen der Vater sein.«
Er rechnete kurz nach. »Es muss um Weihnachten herum auf die Welt kommen.« Es klang wie eine Feststellung, nicht wie eine Frage.
Ich zuckte mit den Achseln. So weit hatte ich mir bisher nicht erlaubt zu denken. »Ich will es aber nicht bekommen«, sagte ich trotzig. »Ich will heiraten, Anaru weià von nichts, da kann ich doch nicht plötzlich mit einem dicken Bauch herumlaufen.«
Nachdenklich spielte Angus mit seinem Ehering. Erst jetzt merkte ich, dass er ihn immer noch nicht abgelegt hatte. Dann sah er mich lange an, bevor er endlich antwortete. »Was, wenn Anaru deinen Bauch nicht sehen würde? Wenn er von diesem Kind nichts erfahren würde?«
»Wie soll das gehen? Er ist schlieÃlich nicht blind!«, gab ich verwirrt zurück. Worauf wollte Angus jetzt nur hinaus?
»Ich meine, wenn er dich auch nicht mehr sieht?« Er sah meine fragende Miene und lehnte sich zurück. »Ich habe Matakite verkauft. Das Geld muss ich in den nächsten paar Tagen von der Company bekommen. Eigentlich wollte ich erst in ein oder zwei Monaten an die Ostküste reisen. Aber wenn wir schneller weg sind, dann würde niemand deinen Bauch sehen. Du bleibst mit mir und Junior an der Ostküste, in Christchurch oder so, bis du dein Kind bekommen hast. Dann warten wir noch ein bisschen, bis du wieder aussiehst wie früher â und dann kannst du nach Hause kommen, ohne dass dein Anaru jemals etwas erfahren muss!«
»Ich will das Kind aber nicht!«, wiederholte ich eigensinnig.
»Und so hast du es dann auch nicht. Du musst es nur auf die Welt bringen. John hat dann einen kleinen Bruder, die beiden können zusammen aufwachsen, und mit ein bisschen Glück hat das Geheule von dem Jungen endlich ein Ende. Ich heirate dann eine passende Frau an der Ostküste, die die Kinder aufzieht, und alles wird gut.« Er sah mich an, als ob er mir ein Geschenk auf dem Silberteller präsentierte.
»Ich habe von einer Frau gehört«, begann ich. »Sie heiÃt Eloise, und sie könnte mein â¦Â«
»Ich weiÃ, wer Eloise ist«, unterbrach Angus mich. »Sie soll meinen Sohn nicht mit ihrem Zauber töten!«
»Aber ich will das Kind nicht in meinem Bauch haben!«, wiederholte ich noch einmal. »Ich will nicht, dass es lebt.«
»Und ich zahle nicht dafür, dass es stirbt.« Angus sah mich entschlossen an. »Du kannst dir Eloises Künste ohne mich gar nicht leisten!«
Da hatte er wahrscheinlich recht. Meine Ersparnisse waren in der Zeit, in der Ava mir keinen Lohn mehr hatte zahlen können, gewaltig zusammengeschmolzen. Jetzt reichten sie kaum noch für ein neues Kleid.
»Sie können mich doch nicht
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