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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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häufiger für einen gewaltigen Regen. Ich erinnere mich, dass ich an einem Vormittag gemütlich mit Marama in der Küche saß und wir gemeinsam eine Tasse Tee tranken – einer der wenigen wirklich friedlichen Momente in diesem Herbst. Da spürte ich ein merkwürdiges Ziehen in meinem Bauch. So, als ob eine kleine, heiße geballte Faust tief in meinen Eingeweiden sitzen würde. Einen Moment lang dachte ich noch, dass ich wohl meine Periode bekommen würde. Rechnete kurz nach – und stellte fest, dass ich schon eine komplette Woche überfällig war. Was war das dann also für ein Gefühl? Unauffällig legte ich meine Hand auf meinen Bauch. Ich kann es nicht beschreiben – aber in diesem Augenblick war ich mir einfach absolut sicher, dass ich schwanger war. Die kleine Faust war das Ergebnis dieser unglückseligen Nacht hier in dieser Küche. Unauffällig sah ich auf den Boden, erinnerte mich an den Zorn und die Gewalt in Angus’ Augen. So hatte er also ein Kind gezeugt: Ohne Liebe und mit nichts als Gewalt.
    Â»â€¦ in den Garten?« Marama sah mich fragend an. Sie hatte die ganze Zeit weiter geredet, ich hatte nicht zugehört. Entschuldigend lächelte ich sie an. »Verzeih, ich war gerade in Gedanken. Was hast du gesagt?«
    Ungeduldig wiederholte Marama, was sie gerade eben schon einmal gesagt hatte. Irgendetwas Belangloses über das Anpflanzen von Gemüse oder von Blumen. Immerhin schaffte ich es dieses Mal, ihr zuzuhören und eine intelligente Antwort zu geben. Zum Glück kam in diesem Augenblick Junior in die Küche, in beiden Händen ein Stück Brot, das wir am Morgen zusammen gebacken hatten. Wenigstens hatte er seinen Appetit wieder gefunden.
    Unwillkürlich erinnerte ich mich an die ersten Monate von Avas Schwangerschaft. Sie hatte so sehr auf ein Kind gewartet, dass sie kaum wagte, sich zu freuen – und immer wieder sagte, man könne noch nicht absolut sicher sein. Und jetzt saß ich hier, höchstens seit vier Wochen schwanger und hatte keinen Zweifel. Trotzdem stand ich auf und beschloss, die alte Amiri zu besuchen. Sie konnte mir meinen Verdacht bestätigen – oder mich vielleicht beruhigen, mir erklären, dass ich nur ein Opfer meiner tiefsten Ängste geworden war.
    Â»Ich muss etwas besorgen!«, erklärte ich und rannte aus dem Haus. Marama sah mir verwirrt hinterher.
    Nur eine Stunde später saß ich in dem kleinen Holzhäuschen, in dem Amiri lebte. Sie tastete meinen Bauch ab und sah mich prüfend an. Dann nickte sie. »Dein Gefühl hat dich nicht getrogen. Weiß Anaru schon davon? Ihr werdet sicher bald heiraten.« Sie lächelte. »Ein gesundes Kind wird die Krönung eurer Liebe sein!«
    Erschrocken holte ich Luft. Amiri hörte das und sah mich prüfend an. Die Runzeln um ihre Augen wurden tiefer. »Es ist kein Kind der Liebe?«, fragte sie. Eigentlich war es eher eine Feststellung. Ich schüttelte den Kopf und sah auf den Boden, in den ich vor Scham am liebsten versunken wäre. »Nein.« Meine Antwort war eher ein Flüstern. »Anaru darf nichts wissen. Er würde in seinem Zorn einen Menschen töten, damit wäre sein Leben zerstört. Das darf ich nicht zulassen, es sind schon zu viele Leben vernichtet worden.«
    Amiri wiegte ihren Kopf bedächtig von einer Seite zur anderen. Ihre dünnen, grauen Zöpfe schwangen dabei hin und her. »Mein Kind, man kann viel geheim halten. Aber wie willst du eine Schwangerschaft verheimlichen? Noch drei Vollmonde, und jeder kann sehen, dass dein Leib voller wird. Die Wahrheit kommt immer ans Licht – aber in diesem Fall weißt du es vorher. Du kannst nur noch zwei Monde schweigen – und hoffen, dass niemand sieht, wie deine Brüste voller werden.«
    Betroffen sah ich auf meine Hände. Sie hatte recht. Was sollte ich tun – Anaru doch die Wahrheit sagen? Angus die Wahrheit sagen und ihn bitten, mir zu helfen? Immerhin war mein Unglück seine Schuld. Langsam stand ich auf und sah Amiri flehend an. »Du sagst niemandem etwas, ja? Ich muss mir erst selbst klar darüber werden, was ich eigentlich machen will. Es muss eine Lösung geben, es muss einfach ein Weg aus dem Unglück führen!«
    Amiri nickte und sah mich wieder mit ihrem weisen, kleinen Lächeln an. »Alles, was in dieser Hütte geschieht, bleibt in dieser Hütte, das kannst du mir glauben. Ich bin hier, wenn

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