Der Tanz des Maori (epub)
Kind beschenkt werden.«
Für einen Augenblick versenkten sie ihre Blicke in die Augen des jeweils anderen. Dann sahen sie wieder ihr Kind an. Ich war von so mächtigen Gefühlen überwältigt und verlieà möglichst unauffällig den Raum. Es gibt einfach Augenblicke, da sollte niemand mehr dabei sein â da konnte man den Menschen nämlich direkt in die Seele sehen. Die Stunde von Juniors Geburt war so ein Moment. So viel Glück habe ich in meinem Leben selten gesehen. Wenn wir geahnt hätten, was kommen würde â¦
Die Hochzeit von Angus und Miriam fand an dem letzten schönen Sonntag vor Anbruch des Winters statt. Ãber der kleinen Kirche von Seddonville hingen die dunklen Wolken tief, während Miriam strahlend ihrem Angus ewige Treue schwor. Kein Jahr war vergangen, seitdem sie nach Seddonville gekommen war. Jetzt war sie achtzehn und mit dem Besitzer eine Mine verheiratet, die ordentlich Gewinn abwarf. Es gab bestimmt nicht wenige Frau, die sie um ihr Glück beneideten. SchlieÃlich sah Angus groÃartig in seinem dunkelgrauen Frack aus, den er eigens für die Hochzeit hatte anfertigen lassen.
Während der Pfarrer den Trausegen sprach, suchte ich den Blick von Ava. Wir sahen uns kurz in die Augen â und wir wussten beide: Eine Ehe mit Angus MacLagan war nicht das gröÃte Glück auf Erden.
Aber für den Augenblick strahlte Miriam wie eine glückliche Braut, und Angus sah so stolz aus wie ein Mann, der endlich alle ehrgeizigen Ziele in seinem Leben erreicht hatte.
14.
Natürlich zog Miriam am Tag ihrer Hochzeit in Angus MacLagans neues Haus. Er hatte sein Zimmer in der kleinen Pension aufgegeben und sich vor ein paar Monaten einen auffallenden Bau an der HauptstraÃe gekauft: aus grauem Stein, mit zwei hellen Säulen zu beiden Seiten der Eingangstür. Gegen dieses Haus wirkte das Heim der Densons eher bescheiden.
Ava und ich beschlossen, dass wir Miriam nicht sofort mit unseren Besuchen belästigen wollten. Sie sollte ein paar Wochen Zeit haben, um sich an ihr neues Leben als Ehefrau und Haushaltsvorstand zu gewöhnen. Ich sah sie hin und wieder auf dem Markt, und sie winkte mir immer mit einem Lächeln zu. Sie wirkte aber sehr beschäftigt, und so merkte ich gar nicht, dass sie einem Gespräch mit mir auswich.
Natürlich hatten Ava und ich auch genug zu tun. Junior war ein hellwacher kleiner Kerl. Nur selten lag er glücklich in seiner Krippe und beschäftigte sich mit sich selbst. Meistens wollte er Aufmerksamkeit â entweder von Ava oder von mir. Darüber hinaus war sein Durst offensichtlich gewaltig: Alle zwei bis drei Stunden forderte er von Ava eine Mahlzeit ein. Sie setzte sich dann immer mit einem kleinen Seufzen nieder und knöpfte ihr Kleid auf. »Das ist die Strafe dafür, dass ich so hochnäsig eine Amme abgelehnt habe, als John mir eine angeboten hat«, lachte sie dann. »Jetzt bin ich seine Amme â und Junior ist fest entschlossen, mich bis zum letzten Tropfen auszunützen â¦Â«
Gleichzeitig liebte sie diese innigen Momente mit ihrem Kind. Ein glückliches Strahlen flog über ihr Gesicht, wann immer sie ihren Sohn ansah. Und auch John bemühte sich jeden einzelnen Tag darum, möglichst früh von seiner Arbeit heimzukommen.
»Wenn ich jetzt ein wenig die Arbeit in der Mine vernachlässige, dann liegt das nur an dir!«, lachte er seinen Sohn an, während er ihn an den Zehen kitzelte. »Sei froh, dass Matakite so gut läuft und Gewinn abwirft und dass ich nicht mehr ständig anwesend sein muss â¦Â«
Junior gurgelte vor Glück, wenn sein Vater in seiner Nähe war. Ganz offensichtlich fand er nichts schöner, als die abendlichen Stunden, die sie gemeinsam verbringen konnten. Und Ava sah dem Treiben der beiden mit einem stolzen Lächeln zu. Wenn es eine Familie gab, die wusste, wie Glück sich anfühlt, dann waren es die drei Densons.
John machte bereits Pläne für die Zukunft von Junior. Er sah mit Sorge, dass es in Seddonville nicht einmal eine einfache Schule für die ersten Jahre gab. Also gründete er eine Stiftung, die sich um die Errichtung einer solchen Schule kümmern sollte. Er schaffte es sogar, Angus auf seine Seite zu ziehen â der rechnete schlieÃlich auch mit Nachwuchs und wusste, dass er dann ebenfalls das Problem der fehlenden Schule lösen musste. Gemeinsam erwarben sie ein Grundstück am Ortsrand von
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