Der tanzende Tod
gefällt. Außerdem weiß ich verdammt gut, dass ein solches Arrangement Mutter einen Wutanfall beschert hätte, sodass es einen weiteren guten Grund für mich gibt, es zu tun.«
Ich brachte weitere Einwände vor, aber nicht allzu nachdrücklich. Eine bestimmte und direkte Zurückweisung seiner Großzügigkeit wäre natürlich sehr unhöflich und verletzend gewesen, aber davon abgesehen wollte ein Teil von mir ihm seinen Willen lassen. Es war ein großzügiges Geschenk, aber wenn sich herausstellen sollte, dass es zu großzügig wäre, konnten Edmond und ich ihn vielleicht von etwas überzeugen, was für alle Beteiligten gerechter wäre.
Ich hegte keinerlei Wunsch, meinen lieben Vetter um eine seiner rechtmäßigen Einkünfte zu betrügen. Vorerst war ich tief berührt und dankte ihm herzlich und aufrichtig. Er klatschte, geradezu frohlockend, in die Hände; dann setzte er sich auf und erzählte mir alles, woran er sich hinsichtlich des Hauses und des Grundstückes erinnerte.
Es war ein ziemlich großes Grundstück, welches nordöstlich des Fonteyn-Hauses lag, nicht allzu weit entfernt, aber auch nicht zu sehr in dessen Nähe. Auf den fruchtbaren Weideflächen gab es Felder und Waldgebiet, welche inzwischen alle überwuchert und verwildert waren, mindestens einen klaren Bach und mehrere Gebäude. Edmond hatte sich um die Instandhaltung des Hauses gekümmert, aber Oliver war sich hinsichtlich des Zustandes der Scheunen und Ställe weniger sicher. Das Haus selbst war nicht lange nach dem großen Feuer des vergangenen Jahrhunderts errichtet worden.
»Hatte es auf irgendeine Weise damit zu tun?«, fragte ich fasziniert.
»Meinst du damit, ob es abgebrannt ist und dann auf den Ruinen neu aufgebaut wurde? Nein, nichts Derartiges. Das Grundstück liegt nicht einmal in der Nähe des Ortes, an dem all die Zerstörung stattfand. Die Geschichte lautet so, dass einem meiner Marling-Vorfahren das Aussehen all der neuen Gebäude gefiel, die zu jener Zeit in London errichtet wurden, und er sich entschloss, ein solches auch für sich bauen zu lassen. Er suchte sich einen modernen Architekten für diese Arbeit und...«
Je länger er sprach, desto mehr wuchs mein Interesse und desto begieriger wurde ich, mir den Ort anzusehen. Obwohl es eine Menge Arbeit bedeuten würde, das Haus so herzurichten, dass man darin wohnen konnte, und das Land dazu zu bringen, erneut Früchte zu tragen, war die Aussicht darauf, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen, zutiefst verlockend. Nun konnte ich den jugendlichen Wunsch meines Vaters verstehen, einen wilden und gefährlichen Ozean zu überqueren, um in ein neues Land zu gelangen und sich dort sein eigenes Heim aufzubauen.
In meinem Fall wäre es zwar ein altes Land, aber dennoch praktisch ein fremdes Land gegenüber demjenigen, in welchem ich aufgewachsen war. Dies hatte ebenfalls einen zutiefst unwiderstehlichen Reiz, denn ich war schon immer von der Geschichte meiner englischen Herkunft fasziniert gewesen. Möglicherweise hatte irgendeine berühmte Schlacht oder ein anderes großes Ereignis in alten Zeiten auf dem Land der Marlings stattgefunden. Oliver verlieh seinem Zweifel hinsichtlich dieser Spekulation Ausdruck, aber dies dämpfte meine Begeisterung nicht. Selbst wenn in all den Jahrhunderten nichts Aufregenderes als eine Schafherde das Land je besetzt hatte – was dem Einheimischen ganz gewöhnlich erscheint, ist exotisch für den Besucher.
Als Olivers Wissensschatz sich dem Ende zuneigte und er seine Beschreibung beendete, beschlossen wir, dem Ort noch innerhalb der nächsten Woche einen Besuch abzustatten und ihn gründlich zu inspizieren, sofern das Wetter günstig sein sollte.
»Ich werde wahrscheinlich bereits ein wenig früher hingehen, um bei Tageslicht einen Blick darauf zu werfen«, meinte er. »Ich fürchte, dies wird bei Nacht weitaus weniger gut möglich sein, egal, wie viele Laternen ich mitnehme. Bist du sicher, dass du es ebenso gut sehen wirst wie ich?«
»Ebenso gut, wenn nicht sogar besser, insbesondere, wenn der Himmel klar ist.« Er schüttelte den Kopf. »Eine erstaunliche Angelegenheit, dein Zustand. Das erinnert mich daran, dass ich dich fragen wollte, ob ich dir ein wenig Blut abnehmen darf.«
Erneut stellte ich fest, dass ich meinen Vetter mit offenem Munde anstarrte.
»Großer Gott, wofür brauchst du das, um alles in der Welt?«
»Natürlich zum Zwecke der wissenschaftlichen Untersuchung. Ein Freund von mir besitzt eines dieser Mikroskop-Dinger, und
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