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Der tanzende Tod

Der tanzende Tod

Titel: Der tanzende Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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wirst du dagegen unternehmen?«, fragte sie ihn.
    »Ich glaube, es ist an der Zeit für einen Ausflug. Es gibt nichts Besseres als einen Tapetenwechsel, um die Einstellung eines Menschen zu verändern. Sagte er nicht, er wolle die Bücherstände besuchen und sich auf die Jagd nach Theaterstücken begeben?«
    »Ja. Er versprach unserer Kusine Anne ...«
    Und so führen sie fort, ihren Tee zu trinken und über mich zu sprechen, als sei ich nicht anwesend. Alles natürlich absichtlich, wobei sie fast klangen, als sei ihr Gespräch einstudiert. Ich ließ es geduldig über mich ergehen.
    Schließlich war Schwermut eine recht genaue Beschreibung für meinen Zustand. Früher an diesem Abend hatte meine Stunde mit Richard mir geholfen, aber lediglich für die Dauer dieser Stunde. Als er erst einmal zu Bette gebracht worden war und tief schlief, schleppte ich mich müde in mein Zimmer, damit Jericho den Schaden, der durch das Spiel mit einem Vierjährigen entstanden war, repariere. Er berichtete mir von den Ereignissen des Tages und fragte, während er meinen Mantel ausbürstete, vorsichtig, ob ich meinen Spaziergang in der vorigen Nacht genossen habe. Ich teilte ihm mit, dass dies der Fall gewesen sei, aber lieferte ihm keine Erklärung für den Zustand meiner Kleidung, die durch meinen Sturz auf die Straße verdreckt worden war.
    Der Knochen in meinem Bein, der bei der abrupten Landung gebrochen war, war geheilt, als ich mich das nächste Mal aufgelöst hatte, kurz nachdem der Schmerz mir einen flüchtigen Augenblick gesunden Menschenverstandes beschert hatte. Ich sage ›flüchtig‹, da er mich sehr bald wieder verließ. Verzweiflung wegen Nora ergriff meinen Geist einmal mehr und verlangsamte meine Schritte nach Hause, selbst als die Vorboten des Morgengrauens bereits über den östlichen Himmel zu kriechen begannen. Das blasse Licht war für die Frühaufsteher, an denen ich vorüberging, kaum zu erkennen, aber mich blendete es. Trotzdem hegte ich ein wunderliches Bedürfnis, mein Leben aufs Spiel zu setzen – entweder war dies der Fall, oder es spielte für mich einfach keine Rolle, was geschehen würde.
    Trotz meines absichtlich langsamen Voranschreitens gelang es mir, mein Bett im Keller so früh zu erreichen, dass mir noch Zeit blieb. Zeit zum Nachdenken. Und ich wollte nicht nachdenken.
    Ich streifte meinen Umhang und die Schuhe ab und streckte mich auf den mit Erde gefüllten Beuteln aus, die den Tag über als mein Grab dienten, und bemühte mich nach besten Kräften, nicht meinen Verstand zu gebrauchen. Und versagte. Kläglich. Noras Gesicht war das letzte Bild, das ich sah, bevor das Vergessen schließlich kam, und das erste, nachdem es wieder vergangen war. Ich konnte sie immer noch fast vor mir sehen, aus dem Augenwinkel, in der Flamme einer Kerze, in den Schatten einer nicht erleuchteten Ecke – fast, denn immer, wenn ich genauer hinsah, verschwand sie.
    Ich versuchte, den Trugbildern zu entkommen, indem ich schließlich die Treppe hinunterging, um zu meiner Schwester und meinem Vetter zu stoßen. Auf ihre Begrüßung erhielten sie von mir lediglich eine gemurmelte, äußerst knappe Antwort. Oliver bemerkte sofort, dass ich wie ein niedergeschlagener Totengräber aussah, und verlangte zu wissen, weshalb, da ich in der vergangenen Nacht recht guter Laune gewesen war. Meine vage Erwiderung war für beide alles andere als zufrieden stellend, und dies musste die Angelegenheit in Gang gebracht haben.
    Ihre Beziehung zueinander war inzwischen so weit gediehen, dass sie in der Lage waren, mit einem Blick eine ausführliche Unterhaltung zu führen, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Die Schlussfolgerung, zu welcher sie hinsichtlich des besten einzuschlagenden Weges gelangten, manifestierte sich in dieser recht gekünstelt scheinenden Unterhaltung über mich. Ich fühlte mich dadurch nicht gekränkt, da der Grund dahinter der war, mich letztlich wieder in gute Laune zu versetzen. Ich stand der Idee einer Veränderung hin zu einer angenehmeren Stimmung durchaus nicht ablehnend gegenüber, aber ich war so gedrückt, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie sie dabei jemals Erfolg haben sollten.
    Jedoch berührte mich ihre offensichtliche Besorgnis so sehr, dass ich zumindest zu sprechen anhob, in dem Versuch, ihnen wenigstens auf halbem Wege entgegenzukommen.
    »Ich würde es vorziehen, nicht in die Paternoster Row zu gehen«, meinte ich, indem ich sie unterbrach. Beide blickten mich erwartungsvoll an. »Zumindest

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