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Der tausendfältige Gedanke

Der tausendfältige Gedanke

Titel: Der tausendfältige Gedanke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Xerashi bäuchlings auf der rotschwarzen Erde. Verborgene Kornspeicher wurden geöffnet, Ziegenmilch, Honig, getrocknete Paprika, Zuckerrohr und ganze Viehherden hergegeben. Dorfälteste begrüßten sie, küssten ihre in Sandalen steckenden Füße und boten ihnen die schönsten ihrer dunkelhäutigen Töchter an. Hauptsache, die Herren des Heiligen Kriegs waren zufrieden.
    Das Hauptheer, das aus Hulwarga, Chinjosa, Proyas und Anfirig und ihren Truppen bestand, folgte der Via Herotia. Eine Küstenfestung nach der anderen ergab sich ihnen: Sabsal, Moridon und sogar Horeppo, wo in den Jahren vor dem Heiligen Krieg viele pilgernde Inrithi an Land gegangen waren, um nach Shimeh weiterzureisen. Weitere Neuankömmlinge schlossen sich ihnen an, diesmal Seefahrer aus Galeoth (meist Oswentamänner), die von plündernden Kianene an die Küste zurückgetrieben worden waren. Sie schwitzten in ihren Büßerhemden, als sie ihre Schiffe auf die felsigen Strände zogen und verbrannten. Als sie sich am Abend allerdings an die Feuer ihrer Landsleute gesellten, stellten sie beunruhigt fest, was für seltsame Gewänder sie trugen und wie unerbittlich sie dreinblickten.
    Gothyelk zog derweil direkt nach Süden, um die große Festung Chargiddo zu belagern, und griff auf Kundschafterberichte von Athjeäri zurück, um seinen Anmarsch zu sichern. Die Kunde vom Massaker in Gerotha hatte die Heiden auch dort bereits erreicht, und nachdem die Besatzung der Zitadelle für kurze Zeit gehandelt hatte, als sei sie zum Widerstand entschlossen, lieferte sie die Festung der ungewissen Gnade der Männer aus Ce Tydonn aus.
    Allerheiligster Prophet, schrieb der Graf von Agansanor später, Chargiddo ist fast ohne Verluste gefallen. Nur der Neffe meines Vetters wurde von einem verirrten Pfeil dahingerafft. Ihr habt dieses Land wahrlich wie einen Fisch entgrätet! Gesegnet sei der Gott der Götter! Gesegnet sei Inri Sejenus, unser Prophet und Euer Bruder.
    Mit jedem Tag schienen die Leiden des langen Wegs mehr von ihnen abzufallen, und die Männer des Stoßzahns erinnerten sich ihres alten Frohsinns. Abends wurde gefeiert und bei frommen Gelagen Trinkspruch für Trinkspruch auf den Kriegerpropheten ausgebracht.
    Hunderte improvisierter Pilgerreisen führten ins üppige Land ringsum, und die Xerashi staunten über die Götzendiener, die dauernd durch die ruinenübersäte Gegend zogen und dabei ihre heiligen Schriften erörterten.
    Bis auf wenige Vorfälle gab es diesmal keine Gräueltaten wie jene, die die früheren Märsche getrübt hatten. Im Rat der Hohen und Niederen Herren stellte der Kriegerprophet klar, dass ihre Taten es waren, mit denen die Inrithi sein Wort befolgten oder verrieten. »Die Xerashi«, sagte er, »brauchen mich nicht zu lieben, um mir zu vertrauen. Genauso wenig aber müssen wir sie ermorden, um unseren Hass zu zeigen. Verschont sie, und sie öffnen ihre Tore. Tötet sie, und ihr tötet eure Brüder.«
    Obwohl die Kianene aus Xerash verjagt worden waren, geriet Athjeäri in Amoteu in Bedrängnis. Überall im Hochland von Jarta verdunkelten Rauchschwaden den Himmel, da die Fanim alle Bauten verbrannten, deren Holz für die Konstruktion von Belagerungsmaschinen hätte verwendet werden können. Von Mer-Porasas aus streifte der dreiste junge Graf bis zum äußersten Rand der Shairizor-Ebene und brachte Zerstörung über die Fanim, wo er nur konnte. Nach jedem Scharmützel aber kehrte er mit weiteren leeren Sätteln zurück, bis seine fünfhundert Lehnsmänner und Ritter sehr bald auf kaum zweihundert Mann geschrumpft waren. Zwar besaß er Wagemut im Überfluss, doch es fehlte ihm an Stärke, seine Position zu sichern – von einem Gefecht mit Fanayal und der heidnischen Armee, die sich um Shimeh konzentrierte, ganz zu schweigen.
    Seine Schreiben an den Kriegerpropheten, die als nüchterne Beurteilungen der militärischen Lage begonnen hatten, wurden bald zu Bitten um Unterstützung. Der Kriegerprophet bat im Gegenzug um Geduld und Standhaftigkeit, forderte die Hohen Herren aber immerhin auf, ihren Marsch zu beschleunigen.
    Nur etwa zehn Tage nach dem Fall Gerothas stieg das Hauptheer schon zum Hochland von Jarta auf, was für eine Truppe dieser Größe bemerkenswert schnell war – zumal die Scharlachspitzen notorisch träge waren und die Soldaten sich auf dem Marsch bevorrateten. Dann geschah etwas Merkwürdiges.
    Die Berichte über den Vorfall wichen stark voneinander ab, doch alle waren sich darin einig, dass es um ein Treffen zwischen

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