Der Tempel
Kreis heraus und holte ein tragbares Funkgerät aus seinem Gepäck. Lopez und Chambers setzten ihr Fachgespräch fort.
»Was meinen Sie?«, fragte Lopez. »Chachapoyan?«
»Möglich«, erwiderte Chambers. »Könnte auch Moche sein. Sehen Sie sich die Katzenbilder an.«
Gaby Lopez legte zweifelnd den Kopf schief. »Vielleicht, aber dann wäre das Ding hier nahezu eintausend Jahre alt.«
»Was ist mit dem Pfad um den Krater und den Stufen zum Turm hinauf?«, fragte Chambers.
»Ja … ja, ich weiß. Sehr merkwürdig.«
Nash mischte sich ein. »Es freut mich, dass Sie beide das hier so faszinierend finden, aber wovon, zum Teufel, reden Sie eigentlich?«
»Nun«, entgegnete Chambers, »anscheinend haben wir hier eine leichte Anomalie vor uns, Colonel.«
»Ach ja?«
»Sehen Sie, der Pfad um den Krater herum sowie die Stufen auf diesem Felsenturm stammen zweifelsfrei von Baumeistern der Inka. Sie haben alle möglichen Pfade und Wege durch die Anden gebaut und ihre Methoden sind gut dokumentiert. Diese beiden Beispiele weisen alle charakteristischen Merkmale der Inka auf.«
» Und?«
»Das bedeutet, dass der Pfad und die Stufen, grob geschätzt, vor vierhundert Jahren entstanden sind. Dieser Tempel andererseits wurde lange davor erbaut.«
»Also?« , fragte Nash gereizt.
»Also ist das die Anomalie«, erwiderte Chambers. »Warum sollten die Inka einen Weg zu einem Tempel bauen, den sie nicht errichtet haben?«
»Und vergessen Sie nicht die Hängebrücke«, warf Lopez ein.
»Genau«, meinte Chambers. »Ganz genau.« Der nüchterne kleine Wissenschaftler blickte voller Furcht zum Rand des Kraters hinauf. »Ich würde vorschlagen, wir beeilen uns.«
»Warum?«, fragte Nash.
»Weil, Colonel, die Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dieser Gegend ein Eingeborenenstamm lebt, der sich vielleicht nicht allzu sehr darüber freut, dass wir sein heiliges Gebiet betreten haben.«
»Woher wollen Sie das wissen?«, fragte Nash rasch. »Woraus schließen Sie, dass hier Eingeborene leben?«
»Weil sie«, erwiderte Chambers, »die Erbauer der Hängebrücke sind.«
» Wie Professor Race bereits hervorgehoben hat«, erklärte Chambers, »verfallen Hängebrücken aus solchen Grasseilen sehr rasch. Sie lösen sich innerhalb, sagen wir, weniger Jahre nach ihrer Errichtung auf. Die von uns überquerte Brücke kann nicht vor vierhundert Jahren existiert haben. Sie wurde vor kurzem errichtet, und zwar von jemandem, dem die Brückenbaumethoden der Inka bekannt sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um einen primitiven Stamm, der dieses Wissen über Generationen hinweg weitergereicht hat.«
Nash stöhnte vernehmlich.
» Ein primitiver Stamm«, sagte Race nüchtern. »Hier. Heutzutage?«
»Das ist nicht so unwahrscheinlich«, meinte Gaby Lopez. »Immer wieder werden im Amazonasbecken verschollene Stämme entdeckt. Erst kürzlich, nämlich 1987, haben die Brüder Villas Boas Kontakt zu dem verschollenen Kreen-Akrore-Stamm in den brasilianischen Regenwäldern aufgenommen. Und die brasilianische Regierung schickt bewusst Forscher in den Dschungel, um Steinzeitstämme suchen zu lassen.
Wie Sie sich jedoch vorstellen können, sind viele dieser primitiven Stämme Europäern gegenüber äußerst feindselig eingestellt. Manche staatlich geförderten Forscher kehrten in Einzelteilen heim. Einige, wie der berühmte peruanische Anthropologe Dr. Miguel Moros Marquez, sind überhaupt nicht mehr aufgetaucht …«
» He!« , sagte Lauren auf einmal drüben vom Portal her.
Alle drehten sich zu ihr um. Sie stand vor dem Felsen, der in den viereckigen Eingang verkeilt war. »Hier steht was drauf.«
Sie gingen zu ihr. Lauren fegte einige Schlammbrocken beiseite, die an dem Felsbrocken klebten, und Race sah, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte.
Etwas war in die Oberfläche des großen Steins eingraviert.
Lauren kratzte weiteren Schlamm weg und allmählich trat etwas zutage, das aussah wie ein Buchstabe.
Es war ein »N«.
»Was, zum Teufel …?«, begann Nash.
Wörter nahmen Gestalt an.
No entrare …
Race wusste, was sie besagten.
No entrare war Spanisch für »nicht eintreten«.
Lauren entfernte noch mehr Schmutz und in der Mitte des Felsens formte sich ein grob in die Oberfläche des Steins gekratzter Satz. Er lautete:
No entrare absoluto.
Muerte asomarse dentro.
AS
Race übersetzte die Worte still. Dann schluckte er heftig.
»Was bedeutet das?«, fragte Nash.
Race wandte sich ihm zu. Zunächst schwieg er.
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