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Der Tempelmord

Der Tempelmord

Titel: Der Tempelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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am Hofstaat vermochte sie, zwischen beidem zu unterscheiden. Wie konnte dieser Mann von Frieden sprechen? Sie wußte, daß er in die Intrigen der Verräterin Berenike eingeweiht war. Die Prinzessin war nicht davor zurückgeschreckt, ihren eigenen Vater vom Thron zu vertreiben und schon nach wenigen Monaten gemeinsamer Herrschaft ihre Schwester Kleopatra Tryphaina ermorden zu lassen. Und Potheinos? In Italien hatte er den Tod vieler Menschen in Kauf genommen, um es Ptolemaios unmöglich zu machen, mit Hilfe römischer Waffen wieder an die Macht zu kommen.
    Nervös trommelten die Finger des Eunuchen auf die glatte Marmorbank. »Was sie wohl so lange besprechen? Sie müssen doch schon über eine Stunde dort drinnen sein. Meinst du, die Epheser wollen uns wegen dieser dummen Sache vertreiben?«
    »Sprichst du von der dummen Sache mit dem Kopf des Mundschenks?«
    »Wie meinst du das, Priesterin? Was weiß ich schon von den Bräuchen fremder Götter! Sie haben den Toten bestraft, so wie es auch die Große Schlingerin getan hätte.« Potheinos sah zu Samu herüber. Sein Blick war wie die glühenden Kohlen eines Feuerbeckens. Brennender Haß lag in seinen Augen. Ob er wohl glaubte, daß das, was ihm an Männlichkeit fehlte, durch Macht ersetzt werden könnte?
    »Falls jemand anderer als Thanatos seine Hand an den Mundschenk gelegt hat, so könnte dies für uns alle schreckliche Folgen haben. Man muß kein Ränkeschmied bei Hof sein, um zu erkennen, wie gelegen das ungewöhnliche Eingreifen des Gottes dem Neuen Osiris gekommen ist.«
    »Willst du damit andeuten . « Von einem Augenblick zum anderen war das Gesicht des Eunuchen zu einer leblosen Maske erstarrt. Er verneigte sich und murmelte unterwürfig: »Ich grüße Euch, Göttlicher.«
    Ptolemaios war ins Atrium getreten, und auch Samu verbeugte sich jetzt vor dem Pharao. Hinter dem Herrscher war die zarte Gestalt der Hohepriesterin zu sehen. Sie war ungewöhnlich klein und wirkte zerbrechlich wie eine schlanke Statue. Sie mochte vielleicht fünfunddreißig Sommer gesehen haben und erschien Samu sehr jung für das wichtige Amt, das ihr die Göttin übertragen hatte.
    Wortlos durchquerte der Pharao den Hof. Der Eunuch und die Priesterin folgten ihm. Erst als sie das Haus der Hohepriesterin verlassen hatten, machte der Herrscher schnaubend seiner Wut Luft. »Sie hat uns gewarnt! Uns, einen König und Gott! Wir sollen das Gelände des Artemisions nicht verlassen, weil sie sonst nicht für unsere Sicherheit garantieren kann. Das gleiche gilt auch für euch und alle anderen Mitglieder des Hofstaates. Bei Serapis, was hält das Schicksal noch für Schläge für uns bereit? Wir, der rechtmäßige Herrscher beider Ägypten, sind eingesperrt und der Gnade eines Weibes ausgeliefert! Dabei haben meine Ahnen einst sogar über diese stolze Stadt geherrscht.«
    »Sollen wir Ephesos verlassen und an einem anderen Ort Asyl suchen, Göttlicher?«
    Der Herrscher blieb stehen und hob seine Hände zum Himmel.
    »An einen anderen Ort gehen? Wohin denn? Wo sind wir denn vor den Meuchlern unserer treulosen Tochter sicher? Selbst die Götter haben sich doch gegen uns verschworen. So wie die Dinge stehen, wäre es sogar gefährlich, vom Artemision bis zum Hafen zu gehen. Die Hohepriesterin behauptet, das Volk der Stadt sei außer sich wegen des Frevels, den Buphagos begangen hat, als er die Prozession störte. Diese Priesterin hat die Orakel befragt und glaubt nicht, daß die Göttin es war, die den Mundschenk gerichtet hat. Zu guter Letzt glaubte uns dieses respektlose Weib sogar die Warnung mit auf den Weg geben zu müssen, dafür zu sorgen, daß die Machtkämpfe des Hofes nicht an diesem heiligen Ort ausgetragen werden sollen. Angeblich würden wir das Asylrecht der Göttin durch unser schändliches Treiben verhöhnen. Was denkst du dazu, Potheinos? Gibt es jemanden, der das Asylrecht verletzt und weitere Morde plant?« Die Stimme des Pharao hatte bei den letzten beiden Sätzen einen drohenden Ton angenommen.
    »Nein, Göttlicher! Es war Artemis, die den Frevler gerichtet hat. Daran kann nicht der mindeste Zweifel bestehen.«
    »Und Thanatos?« Samu blickte von einem zum anderen. Die beiden Männer schwiegen. Schließlich machte der Pharao eine wegwerfende Geste. »Was wissen wir schon von den Göttern dieses Landes. Du bist Priesterin, Samu. Es ist deine Aufgabe, dich um uns zu kümmern. Wenn du glaubst, wir sind durch Thanatos in Gefahr, dann rufe Isis zu unserem Schutz an!«
    »Die

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