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Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Titel: Der Teufel in dir: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Stadt war es eine ziemlich komplizierte Angelegenheit, die Bewilligung für ein Gespräch mit einem in Graterford einsitzenden Häftling zu bekommen. In diesem Fall war es etwas einfacher, da der Captain der Mordkommission und der Bezirksstaatsanwalt sich eingeschaltet hatten.
    Roland Hannah hatte drei Morde gestanden und auf sein Recht verzichtet, vor Gericht das Wort zu ergreifen und seine Taten zu erklären. Bis zum heutigen Tage blieben die Gründe für diese Morde ein Rätsel, aber nur im rechtlichen Sinne. Jeder wusste – insbesondere die Ermittler der Polizei –, warum Roland Hannah diese Verbrechen begangen hatte. Aufgrund seines Geständnisses blieb Hannah die Todesstrafe erspart. Er wurde zu dreimal lebenslänglich verurteilt, ohne dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung bestand.
    All das könnte sich nun ändern. Vor der Fahrt zum Gefängnis hatten Jessica und Byrne erfahren, dass Hannahs Anwalt beim Gericht ein Gesuch eingereicht hatte, seinen Mandanten bis zum Beginn eines neuen Prozesses aus der Haft zu entlassen. Der Anwalt begründete seinen Antrag damit, dass Hannah damals wie heute hereingelegt worden sei. Der Grund für sein damaliges Geständnis, so wurde nun behauptet, seien verminderte Zurechnungsfähigkeit und starker Druck durch die Polizei gewesen.
    Es gab viele Fragen, nicht zuletzt auch die, wer Roland Hannahs neuen Anwalt bezahlte, James H. Tolliver, einen der teuersten Rechtsanwälte in Philadelphia.
*
    Sie trafen sich mit James Tolliver vor dem Besucherraum. Er war um die fünfzig, braun gebrannt und gut gekleidet. Über einem Arm hing ein teurer, dunkelgrauer Mantel, und in einer Hand hielt er eine schwarze Aktentasche von Ferragamo.
    Woher hatte Roland Hannah das Geld für diesen Anwalt?, fragte Jessica sich. Sicher, viele Anwälte aus angesehenen Kanzleien übernahmen unentgeltlich Vertretungen für Mandanten. In diesem Fall aber schien man das bei genauerer Betrachtung wohl ausschließen zu können. Es sei denn, es ging letztendlich darum, eine übereifrige Polizeibehörde und Bezirksstaatsanwaltschaft hatten Roland Hannahs Verurteilung erzwungen, um endlich eine Serie entsetzlicher ungelöster Morde abzuschließen.
    Sie stellten einander vor – höflich, aber kühl.
    »Gegen meinen Rat hat Pfarrer Hannah darum gebeten, dass ich während Ihres Gesprächs mit ihm nicht anwesend sein soll.«
    Gut, dachte Jessica.
    »Aber seien Sie versichert, dass ich alles höre, was in dem Raum gesprochen wird, Detectives«, fügte Tolliver hinzu. »Sollte ich das Gefühl haben, dass Sie ein Terrain betreten, das mein Mandant meines Erachtens nicht betreten sollte, bin ich sofort bei Ihnen, und das Gespräch ist zu Ende.«
*
    Der Raum mit den grün gestrichenen Wänden war ungefähr dreizehn Quadratmeter groß. Drei kleine, vergitterte Fenster oben in der Wand spendeten genug Licht, um zu erkennen, welche Tageszeit es war, aber viel mehr konnten die Häftlinge nicht sehen.
    In der Mitte des Raumes stand ein Tisch, der im Boden festgeschraubt war. Auf einer Seite stand ein ebenfalls festgeschraubter, angeschlagener Metallstuhl. Auf der anderen Seite standen zwei Klappstühle, die nicht viel bequemer aussahen.
    Um kurz nach zwei Uhr wurde die Tür geöffnet und der Häftling hereingeführt. Er war an Händen und Füßen gefesselt.
    Jessica hatte Roland Hannah seit Jahren nicht gesehen. Zum letzten Mal war sie ihm begegnet, als er während der Gerichtsverhandlung die Morde gestanden hatte. In den vergangenen Jahren war er vollständig ergraut, und sein schlohweißes Haar fiel bis auf die Schultern. Hannah, der immer schlank gewesen war, hatte abgenommen, und der orangefarbene Overall saß sehr locker. Sein Gesicht sah aus, als wäre es aus Alabaster gemeißelt.
    Der Wärter setzte Hannah auf den Metallstuhl. Dann nahm er ihm die Handschellen ab, stellte sich hinter den Häftling und warf Jessica und Byrne einen Blick zu. Jessica nickte, worauf der Wärter den Raum verließ und die Tür hinter sich abschloss.
    Fast eine Minute lang herrschte Stille. Schließlich ergriff Roland Hannah das Wort.
    »Guten Tag, Detectives«, sagte er. »Es ist eine Weile her. Ich hoffe, es geht Ihnen gut.«
    Zum orangefarbenen Overall trug er eine Pilotensonnenbrille mit bernsteinfarbenen Gläsern.
    Roland Hannah war blind.
    Jessica fragte sich, was Hannah erfahren hatte. Über die ausführlichen Gespräche mit seinem Anwalt war sie informiert. Daher musste sie davon ausgehen, dass er alles wusste –

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