Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
sie glaubten, dort könnte etwas passieren. Allein der Gedanke war berauschend.
Er, Shane Adams, hielt sich tatsächlich vor einer Tat an einem Tatort auf.
Ihm stockte beinahe der Atem. Er hatte den Sender so schnell verlassen, um den beiden Detectives zu folgen, dass er vergessen hatte, sich etwas zu essen zu kaufen. Er hatte sogar vergessen, pinkeln zu gehen. Zehn Tassen Kaffee ohne einen Boxenstopp, das war schon heftig.
Er schaute sich um. Niemand zu sehen. Vorsichtig öffnete Shane die Tür, stieg aus und ging er ein paar Schritte in eine Gasse hinein, die zwischen einem ausgebrannten Reihenhaus und einem geschlossenen Selbstbedienungsrestaurant verlief. Er zog den Reißverschluss herunter und verschaffte sich Erleichterung.
Ehe Shane die Gasse verließ, blickte er die Straße in beide Richtungen hinunter. Kein Auto in Sicht. Die beiden Detectives saßen nach wie vor in ihrem Wagen. In seinem Ohrhörer hörte Shane keine neuen Meldungen im Polizeifunk.
Er duckte sich, lief um den Wagen herum und stieg ein. So eine Pause war eine wahre Wohltat. Er fühlte sich hundert Prozent besser.
Leider starb er fast vor Hunger. Er öffnete das Handschuhfach. Dort lagen ein halbes Dutzend unbezahlte Strafzettel, das Benutzerhandbuch und eine Nagelschere. Eine Nagelschere gehörte zur Grundausstattung eines Reporters. Wenn man vor der Kamera ein Mikrofon in der Hand hielt, waren gepflegte Fingernägel oberstes Gebot. Shane hoffte, in dem Handschuhfach einen alten Proteinriegel oder eine halbe Tüte Schweineschwartenchips zu finden. Aber da war nichts.
Vielleicht auf der Rückbank, dachte Shane. Manchmal ließ er Reste von Subway-Sandwiches dort liegen, wenn eine Story dazwischenkam. Er kniete sich auf den Sitz und drehte sich um.
Und blickte dem Killer ins Gesicht.
»Shane Adams berichtet«, sagte der Killer mit einem Lächeln.
Shane spürte einen Nadelstich links am Hals. Es fühlte sich genauso an wie damals, als ihn als Sechsjähriger das Projektil einer Luftpistole getroffen hatte. Aber diesmal war es kein Projektil aus einer Luftpistole. Sekunden später hatte er zuerst in den Beinen, dann in den Armen kein Gefühl mehr.
Als die Wärme durch seinen Körper strömte, spürte er das Wasser des Ohio River auf seiner Haut und hörte die Stimme seiner Mutter, die ihn zum Abendessen rief. Nur war es nicht die strenge Stimme seiner Mutter, sondern die Dunkelheit, die ihn mit einem letzten Ruf lockte:
»Sieht so aus, als hätten Sie nun noch eine Geschichte zu erzählen.«
49.
Das Hochhaus mit den dreiundzwanzig Stockwerken stand an der Ecke Vierte und Washington. Es gehörte zu den wenigen verbliebenen alten Hochhäusern in dieser Gegend und war kürzlich in eine Seniorenresidenz umgebaut worden. Als Vincent und Byrne auf dem Weg dorthin waren, erklärte Vincent, es sei ein Trick von DeRon Wilson, dieses Haus als sicheres Versteck zu benutzen. ReDon Wilsons Großmutter war schon 2009 gestorben, aber er hatte die Wohnung behalten.
Um neun Uhr verließ Carter Wilson das Haus und ging die Vierte Straße hinunter zu seinem Wagen. Er wollte gerade die Tür öffnen, als sich ihm von hinten zwei Männer näherten. Carter griff nach der 9-mm-Pistole unter seinem Gürtel, doch Vincent Balzano war schneller und umklammerte seinen Arm.
*
Im Unterschied zu DeRon Wilson, einem kleinen, drahtigen Typen, war Carter mittelgroß, aber ziemlich schwabbelig. Zu viel Fast Food und zu viele Häppchen an Probierständen im Supermarkt.
Vincent stieß den Mann bis ans Ende der Sackgasse.
»Wissen Sie, wer ich bin?«, fragte er.
Keine Antwort. Nur Carter Wilsons Version eines eiskalten Killerblicks.
»Ich könnte schwören, ich hätte Ihnen eine Frage gestellt«, sagte Vincent.
»Ich weiß, wer Sie sind.«
»Gut. Dadurch spare ich eine Menge Zeit.«
Carter wies mit dem Kinn in Byrnes Richtung. »Und wer ist das?«
»Er? Der Todesengel. Glauben Sie mir, mit dem möchten Sie sich nicht anlegen.«
Carter starrte Byrne an.
»Es wird Zeit, mich anzuschauen«, sagte Vincent.
Carter zögerte eine halbe Sekunde zu lange, um der Aufforderung zu folgen. Vincent riss Carter brutal herum und stieß ihn gegen die Mauer. Dann leerte er die Taschen des Mannes und legte den Inhalt auf eine große Tonne, von denen drei in der Gasse standen: ein paar Dollarscheine, ein bisschen Kleingeld, Autoschlüssel, eine leere Kondompackung, ein Handy und ein Wegwerffeuerzeug.
»Strecken Sie die Arme nach unten und drehen Sie sich um«, forderte Vincent
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