Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
besonders, verstehen Sie? Danny und ich haben uns gut verstanden, und da dachte er wohl, dass sein Zeug bei mir gut aufgehoben ist.«
»Haben Sie den Rucksack schon mal geöffnet, seit Sie ihn aufbewahren?«, fragte Jessica.
»Nein. Sind ja nicht meine Sachen. Das geht mich nichts an.«
Jessica kaufte ihm diesen auf der Straße geltenden Ehrenkodex zwar nicht ab, doch aus irgendeinem Grund glaubte sie ihm trotzdem.
»Wir müssen das mitnehmen«, sagte sie.
»Ja, klar. Dachte ich mir.«
Boyce reichte Jessica den Rucksack. Sie war froh, dass sie Handschuhe trug, und hielt ihn an einem Riemen fest.
»Erinnern Sie sich, was Danny zu Ihnen gesagt hat?«, fragte Byrne. »Was er als Letztes zu Ihnen gesagt hat?«
Boyce dachte kurz nach. »Als er die Zehnte Straße raufgegangen ist, hat er sich umgedreht und mir etwas zugerufen. Ich war ein bisschen zugedröhnt, aber ich erinnere mich, dass ich es seltsam fand. Danny war ein ulkiger Vogel, wissen Sie. Er sprach ständig über den Teufel. Teufel hier, Teufel da.«
»Über den Teufel?«
»Ja, er war sehr gläubig.«
»Er glaubte an den Teufel?«
»Tja, nun … wenn man an Gott glaubt, glaubt man auch an den Teufel, oder?«
»Und wie sieht es mit Ihnen aus, Mr. Boyce?«, fragte Byrne. »Glauben auch Sie an den Teufel?«
Boyce lachte, doch es klang nicht belustigt. »Scheiße, Mann. Ich hab genug mit meinen eigenen Dämonen zu tun. Ich brauche keine anderen Teufel, weder von der Kirche noch von sonst jemand.«
»Es könnte sein, dass wir noch mal mit Ihnen sprechen müssen«, sagte Jessica. »Wo finden wir Sie?«
»Ihre Leute sollen meine Leute anrufen. Dann essen wir zusammen.« Boyce schüttelte den Kopf. »Mann, ich bin obdachlos.«
»Übernachten Sie oft in Obdachlosenheimen?«
»Wenn es da ein freies Bett gibt. Die haben da nicht immer ein Bett frei. Außerdem sind diese Heime gefährlich. Sie könnten dem Bürgermeister das mal sagen, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen.«
Jessica wusste, dass viele Obdachlose nicht gerne in Heimen übernachteten, die sie zu Recht als gefährlich betrachteten. Das traf vor allem auf die Obdachlosenheime zu, die von der Stadt betrieben wurden. Außerdem wollten viele Mitarbeiter dieser Unterkünfte die Obdachlosen überzeugen, an Wiedereingliederungsmaßnahmen teilzunehmen. Aus diesen beiden Gründen bevorzugten es die meisten Obdachlosen, im Freien zu übernachten. In eiskalten Nächten, wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sanken, hatten sie allerdings kaum eine andere Wahl, als in einem Heim unterzukriechen.
»Ich sage es dem Bürgermeister, wenn ich das nächste Mal Tennis mit ihm spiele«, versprach Jessica.
Boyce lächelte. Es war kein schönes Lächeln.
Jessica reichte ihm ihren Notizblock und einen Stift. »Schreiben Sie bitte die Namen der Häuser auf, in denen Sie übernachten.«
Boyce nahm Block und Stift zögernd entgegen. »Manchmal übernachte ich im St. Francis Inn«, sagte er.
Jessica kannte dieses Obdachlosenheim in Kensington, das ehrenamtlich von Franziskanern geführt wurde. Außerdem gab es dort einen Secondhandladen und eine kleine Ambulanz.
Boyce schrieb die Namen von drei Obdachlosenheimen in Nord-Philadelphia und die entsprechenden Straßennamen auf. Jessica schaute auf das Blatt. Sie wunderte sich, dass der Mann eine gut leserliche, beinahe elegante Schrift hatte.
Während Jessica den Notizblock einsteckte, zog Byrne sein Fotohandy aus der Tasche.
»Mr. Boyce«, sagte er.
Boyce drehte sich zu ihm um, und Byrne machte ein Foto von ihm.
»Also wirklich, ich glaube, jetzt verletzen Sie meine Grundrechte«, ereiferte sich Boyce.
Jessica nahm eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie ihm. »Ihr Anwalt soll mich anrufen. Wenn Ihnen inzwischen noch etwas einfällt oder Sie sich erinnern, was Danny gesagt hat, als Sie ihn zum letzten Mal gesehen haben, rufen Sie mich bitte an.«
Boyce nahm die Visitenkarte entgegen und schaute Jessica in die Augen. »Meinen Sie, es könnte eine Belohnung geben?«, fragte er und bemühte sich um ein charmantes Lächeln.
Jessica hatte plötzlich genug von diesem Thomas Boyce. Sie wollte nur noch hier weg. »Es könnte etwas für Sie drin sein, aber das Angebot gilt nur für ein paar Tage.«
Das stimmte natürlich nicht. Bei Morden gab es keine Verjährungsfrist. Sie gingen auch Hinweisen nach, die sie zehn oder zwanzig Jahre nach einem Mord bekamen. Das brauchte Boyce aber nicht zu wissen.
Der Gedanke an eine kleine Finanzspritze verlieh dem
Weitere Kostenlose Bücher