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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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Seitenblick zu und sah die Angst auf ihrem Gesicht. „Halt dich fest“, sagte er nur.
    Seine Augen streiften den Rückspiegel, suchten nach den beiden Gestalten mit den Teufelsmasken, doch der Spiegel zeigte ihm nur Schneetreiben und Dunkelheit.
    Dann tauchten sie in den Wald ein. Unter dem schützenden Dach der Tannen beruhigte sich das Chaos der wirbelnden Flocken ein wenig. Durch das kleine Sichtfenster sah er den Weg vor sich, ein drei Meter breites, weißes Band zwischen den dunklen Stämmen der Bäume. Unter der Schneedecke war der Boden gefroren. Der Wagen schlingerte und rutschte auf dem glatten Untergrund dahin. Erik hielt das Steuer fest umklammert und starrte mit zusammengebissenen Zähnen in die Dunkelheit. Schneeflocken rasten im Licht der Scheinwerfer auf die Scheibe zu wie Geschosse.
    Auf Höhe des alten Bergarbeiterdorfs prallte der Wagen in eine Schneewehe. Der Aufprall schleuderte Marie gegen das Armaturenbrett. Die Frontpartie des Wagens hob sich. Der untere, feste Teil der Schneewehe wirkte wie eine Schanze. Als der Wagen die obere Hälfte der Wehe durchbrach, explodierte der Schnee nach allen Seiten. Die Räder hoben kurz vom Boden ab, ehe der VW zurück auf die Erde krachte. Der Wagen schlitterte über den gefrorenen Weg und schob dabei eine Schneefontäne vor sich her. Ein Schlag erschütterte den VW Käfer, als der rechte Hinterreifen in den Straßengraben rutschte. Mit einem kreischenden Geräusch schabte der Unterboden über das Eis und legte Dreck und Steine frei. Dann prallte das Heck des Wagens gegen einen Baumstamm. Plötzlich gab der Graben den rechten Hinterreifen frei, und der VW war zurück auf der Straße. Erik steuerte gegen, um das Schlingern auszugleichen. „Alles in Ordnung?“, fragte er, ohne den Blick von der Straße zu wenden.
    „Ja“, sagte Marie leise. „Aber fahr langsamer.“ Dann schrie sie: „Fahr langsamer, verdammt noch mal!“
    „Gut, ist ja gut.“ Erst jetzt bemerkte Erik, dass er das Gaspedal noch immer bis zum Anschlag durchdrückte. Er versuchte die Anspannung in seinem Bein zu lockern und hob den Fuß ein Stück weit an. Der Wagen wurde langsamer.
    Jetzt verschwindest du , sagte die Stimme seines Vaters in seinem Kopf. Sie kam plötzlich, unerwartet, wie ein Donnerschlag unter blauem Himmel. Du verschwindest, wie immer, wenn es brenzlig wird.
    Lass mich nicht hier ! , schrie sein kleiner Bruder Hendrik. Oh bitte, lass mich nicht hier!
    Eriks Inneres krampfte sich zusammen.
    Vielleicht ist es besser so, sagte sein Vater verächtlich. Verschwinde einfach. Niemand braucht dich hier. Hier nicht, und auch nirgendwo sonst. Du bist wertlos.
    Sei still ! , schrie er innerlich. Du bist tot! Sei endlich still!
    „Was ist los mit dir?“, fragte Marie zornig. „Wie redest du mit mir, bist du irre?“ Ihre Augen waren aufgerissen. Er sah Angst darin, Verwirrung und hilflose Wut. Und über all dem eine tiefe Traurigkeit, die ihm das Herz zerreißen wollte.
    „Entschuldige“, murmelte er. „Ich habe nicht mit dir gesprochen“, sagte er. „Dieser Ort macht mich verrückt.“
    „Mit wem hast du dann gesprochen?“, rief sie. „Schau auf die Straße!“
    Die Stämme der Tannen flogen an den Seitenfenstern vorbei, während sie talwärts rasten. Im Licht der Scheinwerfer schossen die wirbelnden Schneeflocken fast waagrecht auf die Windschutzscheibe zu. „Marie“, sagte er.
    Sie antwortete nicht.
     
    Als sie die Hochebene erreichten, lichteten sich die Tannen beiderseits des Weges. Schließlich verschwand der Wald im Rückspiegel, und sie überquerten die Gletschermoräne. Vor ihnen durchschnitt der Schmelzwasserfluss die Ebene. Erik versuchte den Verlauf des Feldwegs unter der dicken Schneedecke zu erahnen. Er nahm den Fuß vom Gaspedal.
    Vor ihm tauchte die mächtige Gletscherzunge auf. Das Gletschertor darin war groß und dunkel wie ein geöffneter Schlund. Rechts davon überspannte die Holzbrücke den Fluss. Das Geländer ragte nur wenige Zentimeter aus dem Schnee. Er steuerte darauf zu. Windböen brachten den VW ins Schaukeln, während er sich seinen Weg durch die Schneedecke bahnte wie ein Eisbrecher. Schließlich erreichten sie die Brücke. Linkerhand ragte die Gletscherzunge in den schwarzen Nachthimmel.
    Erik steuerte den Wagen im Schritttempo auf die Brücke. Die morschen Bohlen ächzten unter der Last des Schnees und dem Gewicht des Wagens. Der VW Käfer arbeitete sich Zentimeter für Zentimeter vorwärts und schob eine Welle aus Schnee vor sich

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