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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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zu den Schultern, und sein enormer grauer Schnauzbart war an den Enden mit Brillantine steil nach oben gezwirbelt. Sein Gesicht war hochrot angelaufen und zeigte einen Ausdruck von Wildheit und Entschlossenheit, der fast ein wenig furchteinflößend wirkte. Der Mann schob einen mächtigen Bauch wie ein Fass vor sich her. Der Bauch wurde von einer zu engen Weste leidlich im Zaum gehalten und wippte mit jedem Schritt auf und ab wie ein Kutter auf schwerer See. Der Mann blieb stehen und riss an dem groben Hanfseil, das er in seinen Händen hielt. Die Sau machte einen Satz rückwärts und quiekte vor Schmerzen. Erst jetzt sah Erik, dass einer ihrer Hinterläufe in einer Schlinge gefangen war. Der Mann ließ ein dröhnendes Lachen hören, und seine breiten Schultern bebten. „Hier geblieben!“, brüllte er. „Du kommst mir nicht davon!“
    Der Pfarrer trat einen Schritt vor. „Benedikt!“, rief er. „Du siehst aus, als könntest du Hilfe gebrauchen.“
    „Ist das so?“ Benedikt drehte sich um und baute sich vor dem Pfarrer auf. „Vielleicht könnte ich tatsächlich Hilfe gebrauchen, aber bestimmt nicht von einem alten Mann wie dir!“ Die Menge johlte vor Gelächter. Benedikt reichte dem Pfarrer die Hand. „Schön, dass du da bist, Thomas. Ich dachte schon, Lothar und ich müssten den ganzen Obstler alleine austrinken.“
    „Das könnte euch so passen! “ Ein mildes Lächeln umspielte die Mundwinkel des Pfarrers. „Meine herzlichen Glückwünsche zum Geburtstag, Benedikt. Mögest du Methusalem an Jahren übertreffen! Ich hoffe, es geht dir gut.“
    „Ich danke dir, Thomas. “ Benedikt Angerer legte dem Pfarrer eine mächtige Pranke auf die Schulter. „Jetzt, wo du hier bist, kann dieses Fest ja endlich beginnen!“ Er rief den letzten Teil des Satzes laut hinaus, und die Umstehenden applaudierten.
    „Benedikt, ich möchte dir jemanden vorstellen. Der junge Mann hier neben mir ist Erik Strauss, der neue Lehrer. Er wird an meiner Stelle die Kinder auf dem Pfarrsitz unterrichten. Er stammt aus München.“
    Benedikt drehte sich zu Erik um und musterte ihn kurz. „Freut mich“, sagte er und reichte ihm die Hand. „Ich bin Benedikt Angerer. Wie ist die Lage in München?“
    Erik ergriff die fleischigen Finger der ihm dargebotenen Rechten, und seine Hand wurde kurz und schmerzhaft zusammengequetscht. Bevor er auch nur zu einer Antwort ansetzen konnte, hatte Benedikt Angerer sich bereits abgewandt und sprach wieder mit dem Pfarrer.
    Ein schmächtiger Mann, der Benedikt gerade bis zum Brustkorb reichte, gesellte sich zu ihnen. Der Pfarrer bemerkte ihn als erster. „Lothar, welche Freude! Hast du den Schnaps schon verkostet?“ Sie reichten sich die Hände.
    „Das habe ich in der Tat, Thomas, und ich kann guten Gewissens behaupten, dass er zum Verzehr bestens geeignet ist, nicht wahr? Hast du meine Rede gehört?“
    „Leider nein, Lothar. Wir haben uns etwas verspätet. Ich bin mir sicher, es war eine ergreifende Rede.“
    „In der Tat, Thomas.“ Lothars Lächeln wirkte unsicher. „Die Rede ist sehr gut angekommen. Dein junger Begleiter“, er wandte sich Erik zu, „ist sicher der neue Lehrer, nicht wahr? Erik Strauss, wenn ich nicht irre.“
    „Sie irren nicht“, sagte Erik, und schüttelte die zierliche Hand, die der andere ihm entgegenstreckte.
    Der Pfarrer seufzte. „Erik, darf ich Ihnen Lothar Brant vorstellen? Er hält sich für unseren Bürgermeister, und wir anderen lassen ihn in dem Glauben.“
    Lothars Lächeln flackerte und erlosch. Er blickte von Tomas Hellermann zu Benedikt Angerer, und erst als Benedikt ihm laut lachend auf die Schulter schlug, so dass der kleine Mann unter der Wucht des Schlages taumelte, kehrte ein unsicheres Grinsen auf sein Gesicht zurück.
    Lothar Brant war an die sechzig Jahre alt. Er hatte einen runden Kopf, der zu groß für seine dünnen Schultern erschien. Das fliehende Kinn betonte die ungünstigen Proportionen zusätzlich. Sein graues Haar war gelockt und wirkte gepudert. Erik konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Lothar Brant eine Perücke trug.
    „Ich bin Lothar Brant, der Bürgermeister dieses beschaulichen Ortes, nicht wahr? Stets zu Diensten, Herr Strauss. Sagen Sie, Sie sind nicht zufällig verwandt mit Richard Strauss, dem berühmten Komponisten? Die Walküre ist eines meiner liebsten Stücke!“
    „Leider nein.“ Erik schüttelte bedauernd den Kopf. Dann beugte er sich zu Lothar Brant hinunter. „Und ich glaube, Sie meinen Richard

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