Der Teufel in uns - Mord in Bonn
sie sich zugedeckt, darüber war ein hellblaues Nachthemd mit weißem Spitzenbesatz zu sehen. In ihrem Blick zeigte sich eine Mischung aus Neugier, Angst und einer Prise Wut.
Andreas begrüßte sie und bedankte sich dafür, dass sie trotz ihres Gesundheitszustandes sofort bereit gewesen war, an der Gegenüberstellung teilzunehmen. Ihre faltigen Wangen röteten sich. „Aber das ist doch selbstverständlich! Diese Verbrecherin gehört eingesperrt!“
Andreas bugsierte Tina ein wenig näher an das Bett heran. „Das ist Kristina Bruschinsky. Sie behauptet, sie hätte Sie in der Stadtbücherei Siegburg kennengelernt und sei von Ihnen in Ihre Wohnung eingeladen worden… Können Sie das bestätigen?“
Frau Esser richtete sich ein wenig auf, kniff die Augen zusammen und musterte lange und aufmerksam Tinas Gesicht. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, aus der Bücherei kenne ich die Frau sicher nicht.“
Sascha war auf der Hut, als Tina jetzt noch ein Stück näher ans Bett herantrat. „Aber Frau Esser – erinnern Sie sich wirklich nicht? Ich bin’s, die Tina!“
Frau Esser hingegen runzelte die Stirn, schaute skeptisch und forderte Tina auf: „Ach ja? Erzählen Sie doch mal, wie das abgelaufen sein soll.“
Und die eben noch so schweigsame Tina redete wie um ihr Leben und saugte sich Details der angeblichen ersten Begegnung in der Bücherei und des Besuchs im Wohnzimmer aus den Fingern, als habe sie eine abgeschlossene Ausbildung im Fachbereich ,Lügen‘.
Unterdessen schloss Frau Esser sekundenlang die Augen, lauschte und meinte, als Tina fertig gelogen hatte, mit zittriger Stimme: „Ja, Sie haben Recht, Frau Bruschinsky, wir sind uns schon mal begegnet … ich erinnere mich genau an Ihre Stimme. Aber Sie hatten eine schwarze Perücke auf und eine rote Brille an… Ja, ich erkenne auch Ihre Augen – Sie waren das! Sie haben mich überfallen!“
Ihre Wangen glühten, als hätte sie Fieber, und ihr gekrümmter Zeigefinger deutete mehrmals direkt auf Tina.
Die wurde bereits von Andreas am Arm festgehalten, was auch nötig war, denn sie war gerade dabei, in die Luft zu gehen.
„Was fällt Ihnen denn ein, mich hier so zu verleumden?!“, schrie sie die alte Frau an. „Sie sind doch senil! Wieso reden Sie so einen Mist?“
Der Arzt, der am Fenster auf einem Stuhl gesessen hatte, war aufgestanden und wollte sich wohl einmischen, aber die Esser beachtete ihn gar nicht, sondern schimpfte zurück: „Ich bin nicht senil, Sie Mörderin, Sie! Ich kann mich sogar noch ganz genau an Ihre Hände erinnern, als Sie mir den falschen Ausweis gezeigt haben!“
„Das ist doch Schwachsinn! Sie sind ja fast blind, Sie alte Hexe!“ Tina versuchte, sich aus Andreas´ Griff zu befreien.
„Ich kann sehr gut ohne Brille sehen!,“ schrie nun auch Frau Esser, setzte sich noch mehr im Bett auf und gestikulierte aufgeregt. „Und ich hab auch Ihre Augen ganz genau gesehen! Sie waren das! Das sind Ihre Augen! Das sind –“
„Du spinnst doch, du alte Schachtel!“, brüllte Tina außer sich. „Du kannst meine Augen gar nicht erkannt haben! Das geht gar nicht! Weil ich nämlich Kontaktlinsen anhatte, du blöde Kuh! Und deshalb kannst du mich gar nicht wiedererkennen!“
Fast hätte sie sich von Andreas losgerissen, zweifellos, um aufs Bett zu springen und mit ihren immer noch in Handschellen steckenden Händen die alte Frau vor aller Augen zu Tode zu würgen.
Sascha griff ein. Er packte Tinas anderen Arm, aber als sie seine Hand spürte, wurde sie zur Furie. Sie fuhr herum, hob ihr Knie, um es Sascha dorthin zu rammen, wo es besonders wehtat – aber Sascha schlug ihr die Faust auf den Oberschenkel, dass sie aufschrie. Dann fing sie an zu treten. Nun wurde auch Sascha wütend. Wieso führte sich die Frau so auf? Aus Wut über sich? Weil sie so blöd gewesen war, sich selbst zu verraten? Oder war sie verrückt? Er würde das jedenfalls jetzt beenden und sie zur Vernunft bringen! Er packte ihre Handschellen, riss energisch daran. Tina stolperte vorwärts, er half ein bisschen nach und schubste, und schon lag sie vor ihm auf dem Boden. Dann drehte er sie unsanft auf den Rücken, setzte sich blitzschnell auf ihre Beine, hielt ihre Hände fest und herrschte sie an: „Wenn du nicht sofort aufhörst mit dem Scheiß, lass ich dir vom Doktor hier eine ordentliche Ladung Beruhigungsmittel verpassen! Ist das klar?“
Tina starrte ihn schwer atmend und mit Hass im Blick an. Anscheinend hatte sie sich noch nicht unter
Weitere Kostenlose Bücher