Der Teufel in uns - Mord in Bonn
förmlich davon. Sie hatte eine Verabredung mit Jonas. In einem Restaurant am Rhein in Beuel.
15 Minuten später entdeckte sie ihn schon von weitem auf der Terrasse. Als er sie sah, lächelte er erfreut und stand auf. Tinas Herz schlug schneller.
Wie immer trug Jonas einen eleganten, hellen Anzug. Sie kam sich ein wenig provinziell vor in ihrem Rock und der orangeroten Bluse. Die zwei umarmten sich und bestellten einen Kaffee. Dann kam Tina gleich zur Sache, denn sie waren keineswegs zum Vergnügen hier. Sie griff in ihre Handtasche, holte einen weißen Briefumschlag heraus und hielt ihn Jonas hin.
„Du wirst nicht glauben, was da drin ist!“, meinte sie. „5000 Euro! Eine anonyme Spende.“
„Was?! Fünftausend? In bar?“, rief Jonas erfreut aus. „Wo kommen die her?“
„Keine Ahnung. Als ich heute Morgen zur Arbeit wollte, lag der Umschlag in meinem Briefkasten. Da, lies: Für die Freie Gemeinde Glaube, Glück und Gerechtigkeit.“ Tina fischte noch eine rote Kladde aus ihrer Tasche, nahm einen Stift und notierte die Summe im Spendenbuch. Sie war neuerdings gemeinsam mit Jonas für die Finanzbuchhaltung der Gemeinde zuständig „Ich bringe das Geld gleich zur Bank. Wenn das so weitergeht, können wir vielleicht schon dieses Jahr was Geeignetes kaufen!“
„Ich weiß nicht… Sieh mal, die meisten Spenden sind nicht so üppig.“ Jonas’ Zeigefinger deutete auf die letzten Einträge, die er selbst gemacht hatte. „Große Beträge sind extrem selten. Gib mir das Buch bitte mit, ich muss noch was nachtragen… Nichts Tolles.“
Tina reichte ihm die Kladde. „Also ich finde, wir sollten noch mehr an die Öffentlichkeit gehen, wir brauchen einen Sponsor, der –“
„Dagegen hab ich was“, fiel ihr Jonas uncharmant ins Wort. „Weißt du, ich bin lieber unabhängig. Je mehr so ein Sponsor investiert, desto mehr glaubt er, sich in alles einmischen zu dürfen!“ Die wunderschönen Augen hinter der Silberbrille funkelten ungehalten.
Na, dieses Thema würde Tina vorläufig auch nicht mehr anschneiden! Schnell lenkte sie das Gespräch auf andere Finanzierungsmöglichkeiten. Darüber diskutierten sie noch eine halbe Stunde, bis Jonas das Zusammentreffen plötzlich beendete, weil er sich auf die morgige Predigt vorbereiten wollte.
Also tranken sie ihren zweiten Kaffee aus, Tina zahlte, und gemeinsam verließen sie das Restaurant, um sich auf dem Parkplatz zu verabschieden. Mit Umarmungen und Küsschen auf die Wangen.
Was für ein berauschendes, warmes, aufregendes Gefühl, diesem Mann so nah zu sein! Warum fiel sie ihm nicht einfach um den Hals und küsste ihn, bis er sich nicht mehr wehren konnte? Weil sie irgendetwas davon abhielt, weil er, trotz allem Charme und allem Lächeln, immer auch eine unterschwellige Distanziertheit verströmte.
Nun, die würde sie ihm schon noch austreiben! Aber jetzt würde sie erst einmal auskundschaften, wo er wohnte. Das wusste nämlich niemand, und er schien es, warum auch immer, geheimhalten zu wollen.
Jeder ging zu seinem eigenen Auto, und sie winkte ihm noch einmal zu. Dann wartete sie, bis er mit seinem alten, weißen Kleinwagen an ihr vorbeigefahren war, winkte ein zweites Mal und folgte ihm kurz darauf in, wie sie hoffte, sicherem Abstand durch Beuel.
Schließlich zockelte er über die Kennedy-Brücke Richtung Innenstadt, bog irgendwann links ab, und kurz darauf fand sich Tina in Poppelsdorf wieder, in einer Straße mit vielen schönen, alten Häusern. Ja, der Mann hatte Geschmack, dachte sie noch, als er auf einmal in eine Straße fuhr, deren Mehrfamilienhäuser deutlich geringeren Alters waren und die Tina unerfreulich bekannt vorkamen. Wohnte hier nicht Gerlinde, ihre Arbeitskollegin?
Was hatte das zu bedeuten? Wohnte Jonas zufällig ebenfalls hier in der Gegend oder –
Tina hielt mitten auf der wenig befahrenen Straße an, als sie sah, dass Jonas direkt vor Gerlindes Haus parkte. Das durfte doch nicht wahr sein!
Sie rammte den Rückwärtsgang ein und verschwand gerade noch rechtzeitig in einer Parklücke, als Jonas ausstieg und sich umsah. Nein, er hatte sie nicht bemerkt. Trotzdem rutschte Tina noch ein bisschen tiefer in den Sitz, passte aber genau auf, welches Haus Jonas ansteuerte. Er klingelte, bevor sich die Haustür öffnete, was vermuten ließ, dass er nicht in einer der Wohnungen lebte.
Sobald er ins Haus gegangen war, stieg Tina aus und lief hinüber zur Eingangstür, wo sie sorgfältig die Klingel- und Briefkastenschilder studierte:
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