Der Teufel in uns - Mord in Bonn
Beziehung zu Sabine nach, die er gerne als überwiegend körperlich bezeichnete.
In unregelmäßigen Abständen malte er sich aus, wie es wohl sein würde, wenn sie sich in einen anderen Mann verliebte und Schluss mit ihm machte. An manchen Tagen war diese Vorstellung beunruhigend und bedauerlich, an anderen Tagen war Andreas sicher, dass er das gut würde wegstecken können. Schrecken und Verzweiflung waren bisher nicht aufgetreten. Auch heute nicht.
Er drehte sich auf den Rücken und schaute durch das Dachflächenfenster in den zartblauen, wolkenlosen Himmel. Vielleicht lag es daran, dass er wusste, dass er durchaus gut alleine zurechtkam. Vielleicht war er auch einfach nicht der Mensch für tiefe, emotionale Bindungen. Und auch wenn sich sämtliche Psychologen Deutschlands die Haare rauften – Andreas war überzeugt, dass das nichts mit seiner Kindheit zu tun hatte. Das war einfach sein freiheitsliebendes Wesen. Sein neugieriges, analytisches, unkonventionelles Wesen. Sein luftiges Wassermann-Wesen. Mit dem er natürlich auch bei Sabine hin und wieder auf Ablehnung stieß. Aber sie erwies sich immer wieder als erstaunlich tolerant, was seine Eigenheiten –
Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Er warf die Decke weg, schwang sich aus dem Bett und machte sich in Shorts und Hausschuhen auf den Weg in den Flur, wo er das Telefon hatte liegen lassen.
„Ja?“
Ein Kollege aus der Zentrale meldete, dass ein Frühaufsteher mit Hund vor der Pfarrkirche in St. Augustin-Niederpleis eine Leiche gefunden habe.
Andreas zog sich rasch an, sagte Walter, Wilfried und Peer Bescheid, steckte sich einen Schokoriegel in die Tasche und fuhr in seinem ,neuen‘ Gebrauchtwagen (diesmal ein schwarzer Opel) nach Niederpleis. Bis zu den Hochhäusern im Wacholderweg kannte er sich aus, dann musste er den Stadtplan zu Rate ziehen. Auf diese Weise gelangte er in den älteren Teil von Niederpleis und zur katholischen Pfarrkirche St. Martinus. Er parkte das Auto am Fuß eines bescheidenen Hügels, auf dem die Kirche stand, eine alte Kirche inmitten hoher Bäume, gedrungen und in Teilen weiß angestrichen, dem Stadtplan und Andreas´ Gehör zufolge unmittelbar an der A 560 gelegen.
Eben kamen auch Walter, Wilfried und Peer in voller Montur vor der Kirche an. Der einzige, der frisch und wach wirkte, war Walter mit den ausdrucksvollen Augen.
„Morgen zusammen. Alles fit?“ fragte Andreas rhetorisch und nickte allen grüßend zu. „Dann gucken wir uns die Bescherung mal an.“
Die Luft war recht frisch, der Himmel klar, die Sonne noch nicht über die Häuser gestiegen. Vor den Stufen des Haupteingangs lag, von der Streife bewacht, ein Mann in schwarzer Motorradkleidung auf dem Boden. Auf dem Rücken. Die Hände über dem Bauch zusammengelegt.
Peer schaute sich suchend um. „Wo ist denn unser junger Hüpfer?“
„Wer?“
„Unser Action-Freund!“
„Du meinst Sascha? Der hat sich ein paar Tage Urlaub genommen, wegen der Geburt.“
„Auweia, wenn der wüsste, was er hier verpasst!“
„Ja, das sieht ganz nach einem zweiten Ritualmord aus“, meinte Andreas und war alles andere als erfreut. „Guck dir am besten zuerst seine Brust an.“
Er ging mit Peer zur Leiche hinüber, Peer kniete nieder, öffnete den Reißverschluss der Lederjacke, schob sie auseinander und dann das mintgrüne T-Shirt nach oben. Auf der reichlich behaarten Brust prangte rosa verbrannt ein großes Kreuz.
„Wenn der Mann auch noch ,Weihwasser‘ in der Lunge hat, war es ziemlich sicher der gleiche Täter wie bei Baum“, murmelte Andreas und fügte lauter hinzu: „Hat er eine Brieftasche dabei?“
„Moment.“ Peer suchte in den Taschen der Jacke herum, zog etwas heraus und reichte es Andreas.
Der fand sofort einen Personalausweis auf den Namen Hugo Voss, 52, wohnhaft in Sankt Augustin, ,In der Mersbach‘. „Das ist hier irgendwo um die Ecke, hab ich vorhin im Stadtplan gesehen.“
Er setzte sich ins Auto, ließ sich seine Vermutung vom Stadtplan bestätigen und forderte Petra an, die ihn zur Vernehmung der Witwe Voss begleiten sollte. 25 Minuten später war die Witwe Voss, die in einem schönen, neuen Haus wohnte, im Bilde. Sie reagierte nicht ganz so erschüttert, wie man sich das gemeinhin vorstellte.
„Ihr Mann ist also gestern Abend nicht nach Hause gekommen. Haben Sie sich keine Sorgen gemacht?“, wunderte sich Andreas, der sich im Wohnzimmer neben Petra auf ein elegantes, cremeweißes Sofa gesetzt hatte.
Frau
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