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Der Teufel in uns - Mord in Bonn

Titel: Der Teufel in uns - Mord in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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Gottfried musste arg an sich halten, um Tina nicht zu packen und ihr einen langen, innigen Kuss auf den Mund zu drücken. Aber wenn er das tat, konnte er die Sache vermutlich komplett vergessen.
    Also gab er sich munter und gesprächig, fragte, wie es ihr ging, und ließ sich in der Küche den klemmenden Rollladen vorführen. Routiniert schraubte er den Rollladenkasten auf, brachte die bockigen Lamellen auf Linie und drehte keine zehn Minuten später die letzte Schraube wieder ein. 
    „So, fertig!“, verkündete Gottfried und strahlte Tina an, die deutlich weniger enthusiastisch zurücklächelte.
    „Danke, das war wirklich lieb von dir. Kann ich dir einen Kaffee anbieten?“ fragte sie.
    Gottfried räumte ordentlich sein Werkzeug ein. Kaffee? Das war ja wohl das Mindeste. „Hast du auch schwarzen Tee?“
    „Klar, ich trinke eigentlich nur Tee.“
    Während sie Tee machte, sah er sich die Küche an, die er ja schon flüchtig vom Februar kannte, als die erste Versammlung in Tinas Wohnung stattgefunden hatte. Weiße Wände, gelbe Einbauküche, an einer Seite ein winziger Tisch mit zwei Stühlen. Darüber hing ein Schwarz-Weiß-Foto der New Yorker Skyline, aus der Zeit, als die Türme noch standen. Außerdem gab es einen großen Kalender mit Bauerngärten und eine Uhr mit Holzrahmen.
    „Hübsche Küche. Gefällt mir“, vertraute er Tina an und setzte sich an den Tisch. „Auch dein Wohnzimmer, diese fröhlichen Bilder mit den Blumen, die find ich gut. Und wie hast du...äh...also, jetzt rein interessehalber, wie hast du dein Schlafzimmer eingerichtet?“
    Drei Möglichkeiten: entweder kaufte sie ihm sein einrichtungstechnisches Interesse ab (sehr unwahrscheinlich), oder sie ergriff die Gelegenheit, um ihm näher zu kommen und zeigte ihm ihr Schlafzimmer (völlig unwahrscheinlich), oder sie sprang ihm ins Gesicht, weil sie die Frage unverschämt fand (sehr wahrscheinlich). Erst einmal schenkte sie ihm einen langen, schwer deutbaren Blick. Hatte sie begriffen? War sie empört? War da Ablehnung?
    Das Azurblau ihrer Augen schien jedenfalls ein paar Schattierungen dunkler zu werden, als sie ihn einfach ins Leere laufen ließ: „Ich denke, wir trinken unseren Tee im Wohnzimmer.“
    Gottfried ärgerte sich ein bisschen über seine eigene Unsensibilität und ließ Tina vorausgehen. In dem großen, hellen Wohnzimmer mit den freundlichen Bildern an den Wänden roch es leicht zitronig. Tina stellte das Tablett mit den Teetassen ab und setzte sich in einen blauen Sessel. Gottfried nahm auf dem gleichfarbigen Sofa Platz.
    Und da saßen sie nun und schauten in ihre Teetassen. Aber Gottfried hatte noch mehr vorbereitet. Er würde versuchen, sie zum Lachen zu bringen. Das mochten Frauen! Mit ein paar Erinnerungen, die sie gemeinsam hatten.
    „Weißt du, woran ich gerade denken musste?“ Er schüttelte amüsiert den Kopf. „An diesen arroganten Typen, mit dem du damals auf dem Schulhof aneinandergeraten bist. Der mit den dunklen Locken bis fast zum Hintern.“
    „Du meinst den Kerl mit der Zigarettenkippe? Dem ich gesagt hab, er soll sie aufheben, er sei hier nicht zu Hause?“ Sie schmunzelte kurz, aber in fröhliches Lachen wollte sie anscheinend nicht ausbrechen.
    „Ja, genau der. Ich weiß auch nicht mehr, wie der hieß. Aber ich kann mich noch genau an sein fieses Grinsen erinnern, und wie er dich zur Seite geschoben hat. Ich wollte gerade eingreifen – da bist du ausgerastet.“ Gottfried lachte, aber dann hörte er auf, als er sah, was Tina für ein Gesicht machte. Ein sehr wütendes Gesicht.
    Verdammt, nicht die richtige Erinnerung! Was jetzt? Rückzug?
    Unerwartet stahl sich ein schwaches Lächeln in Tinas tiefblaue Augen. „Das ist fünf Jahre her, ich war 32 und völlig unreif. Beinah hätte ich sogar eine Anzeige wegen Körperverletzung am Hals gehabt. Das war mir eine Lehre.“
    „Eine Anzeige? Der wollte dich echt anzeigen? Und was hat ihn abgehalten? Hast du dich etwa bei ihm entschuldigt?“
    Tina senkte den Blick und verstummte. Gottfried hätte sich auf die Zunge beißen können. Zu spät. Was für ein Scheißthema war ihm da eingefallen! Und was hatte der Kerl von ihr verlangt, damit er sie nicht anzeigte?
    „Das ist nur passiert, weil ich damals so eine Wut auf meine Mutter hatte“, murmelte Tina wie zu sich selbst. „Das war genau zu der Zeit, als ich mich darum kümmern musste, dass sie in die geschlossene Anstalt kommt. Wo sie weiß Gott auch hingehört!“
    Gottfried nahm ein paar Schlucke Tee

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