Der Teufel in uns - Mord in Bonn
das Interessanteste auf der Welt. Gottfried gab sich alle Mühe, geduldig und so aufmerksam wie möglich zuzuhören. Tina entging das nicht, und ab und zu belohnte sie ihn mit einem lieblichen Lächeln. Gottfried fühlte sich ein wenig manipuliert, aber er bezwang auch dieses negative Gefühl und lenkte die Unterhaltung nach und nach wieder auf Jonas’ Regeln, aber auf streng objektiver Ebene. Tina ließ sich darauf ein, und so wurde es noch ein halbwegs harmonischer Abend.
Schließlich zahlte jeder, weil Tina darauf bestand, für sich selbst. Als sie sich gegen 22 Uhr auf dem Parkplatz neben dem Restaurant umarmten und Küsschen auf die Wangen gaben, hatte Gottfried die winzige Hoffnung, Tina würde ihm vorschlagen, noch auf ein Tässchen Kaffee mit zu ihr nach Hause zu kommen.
Die Hoffnung war vergebens, und Gottfried hütete sich, die gute Stimmung kaputtzumachen, indem er zudringlich wurde. Im Gegenteil, er gab Tina schneller aus der Umarmung frei, als sie ihn, meinte aber, bevor jeder zu seinem Auto ging: „Falls dir der Abend gefallen hat, lass uns das doch morgen wiederholen, vor oder nach der Versammlung. Mir hat unser Gespräch viel gegeben... Schlaf mal drüber und sag mir Morgen früh Bescheid. Ok?“
Als sie nickte, hob er noch einmal grüßend die Hand, wandte sich um und marschierte mit Freude im Herzen zu seinem Wagen.
*
Bonn, Markt - 17.30 Uhr
Tabea war aufgeregt wie vor ihrer Führerscheinprüfung: Sie hatte eine Verabredung mit Jonas! Und sie hatte etwas für ihn, das ihm sehr gefallen würde!
Seit einer Viertelstunde schon saß sie mit Herzklopfen an einem Tischchen draußen vor dem Restaurant, vor sich einen Eiskaffee, und wartete auf Jonas, der keine Minute zu früh, aber auch keine zu spät kam. Im weißen Anzug, die längeren, grauen Haare aus dem Gesicht gekämmt. Das Kreuz auf seiner Brust reflektierte das Sonnenlicht. In einer Hand trug er ein Aktenköfferchen, die andere hatte er lässig in der Hosentasche versenkt. Was für ein Bild von einem Mann!
Jetzt hatte auch er sie entdeckt, und setzte ein Strahlen auf, das ihn noch jünger, noch attraktiver aussehen ließ. Als Tabea aufstand, um ihn zu begrüßen, nahm sie vorsichtshalber die Tasche an sich, in der ihr kostbares Geschenk verstaut war.
Nachdem sie sich umarmt und gesetzt hatten, bestellte Jonas einen Eisbecher. Dann plauderten sie über dies und das, und Jonas’ Blick verirrte sich zwei- oder dreimal in ihren großzügigen Ausschnitt. Ja, gut so. Tabea hatte extra mit ein paar Tricks nachgeholfen, um ihr Dekolleté voller wirken zu lassen.
Jonas verspeiste vornehm sein Eis, machte zwischendurch unterhaltsamen Smalltalk mit Tabea, und als er den Löffel mit seinen schlanken, gepflegten Fingern auf dem Teller ablegte, hielt sie die Zeit für gekommen, den dicken Umschlag aus der Tasche zu holen.
„Hier“, meinte sie und überreichte ihm den Umschlag, „das ist mein bescheidener Beitrag zu unserem neuen Gemeindezentrum.“
Jonas nahm ihn an sich, warf einen kurzen Blick hinein und schaute sie überrascht an. Was hatte er doch für wunderschöne, gütige Augen!
„Aber Tabea, das müssen ja ein paar Tausend Euro sein“, flüsterte er ihr zu, damit niemand der anderen Gäste es mitbekam. „Das kannst du dir doch gar nicht leisten.“
„Ach was, das ist es mir wert! Ich hab sogar noch was auf meinem Sparkonto“, behauptete sie. Er musste nun wirklich nicht wissen, woher das Geld kam.
„Ich bin echt sprachlos. Mit so viel hab ich nicht gerechnet. Ich finde es toll, wie engagiert ihr hier alle seid... Ich fühle mich so wohl in dieser Stadt. Wir werden zu einer großen, glücklichen Gemeinschaft zusammenwachsen.“ Jonas ließ mit warmem Lächeln seine vollkommenen Zähne sehen, schaute auf seine Uhr mit dem weißen Lederarmband und fragte: „Was hast du denn heute noch so vor?“
Tabea blieb fast das Herz stehen. Was hatte seine Frage zu bedeuten? Wollte er etwa den Abend mit ihr verbringen? Ihr Herz schlug freudig schneller.
„Ich hab nichts Bestimmtes vor“, antwortete sie so harmlos wie möglich. „Vielleicht ein bisschen Fernsehen gucken.“
„Aber keine Nachrichten.“ Er drohte lächelnd mit dem Finger und seufzte plötzlich: „Ich hab noch ein paar Termine mit Leuten, die auch spenden wollen. Deswegen muss ich leider gleich wieder weg.“
„Ach, wie schade.“ Tabea fiel unsanft zurück in die Wirklichkeit. Und ärgerte sich über sich selbst. Und über ihn. War denn dieser Mann mit
Weitere Kostenlose Bücher