Der Teufel in uns - Mord in Bonn
nichts zu beeindrucken? Und auf einmal platzte sie mit dem Mut der Verzweiflung heraus: „Jonas, ich muss dir was beichten. Ich bin wahnsinnig gern mit dir zusammen, ich könnte dir stundenlang zuhören...und wenn du nicht da bist, fühle ich mich so leer…wie tot.“ Ihre Blicke irrten über die restaurierten Häuserfassaden und die vorbeischlendernden Passanten, während sie weiterredete. „Brauchst du nicht auch manchmal jemanden, der alle Sorgen mit dir teilt und der dich liebt wie sonst niemand? Als Mann, meine ich.“
Ein Blick in sein Gesicht. Gott, hatte sie sich zu weit vorgewagt? Jonas schaute sie ernst an, dann ein wenig traurig. Hatte er schon eine andere?
Unerwartet schenkte er ihr ein warmes, herzliches Lächeln, das ihr fast den Verstand raubte, und erklärte mit sanfter Stimme: „Ich verstehe dich sehr gut, Tabea. Ja, ich fühle mich manchmal einsam...ja, auch als Mann. Aber ich habe einen Auftrag zu erledigen, ein Lebenswerk sozusagen, dem ich mich mit meiner ganzen Kraft widmen muss. Ich will den Menschen hier helfen, ihr Glück zu finden, indem ich eine starke Gemeinde aufbaue. Wenn ich das geschafft habe, dann erst kann ich an mich selbst denken.“ Sein Lächeln war verblasst, sein Blick ziemlich ungehalten. „Ich bin nicht blind, Tabea. Ich weiß, dass ich einige Verehrerinnen habe, aber die meisten von ihnen – und ich meine das weiß Gott nicht überheblich – werden nie die nötige geistige und moralische Reife erlangen, um mich auf meinem Weg zu begleiten.“
Auf einmal fror Tabea. Eiskalt war ihr, und ein leichter Schmerz kroch vom Nacken in ihren Kopf. Sie fühlte sich irgendwie...zurechtgewiesen von dieser Ansprache. Sie musste ihren ganzen Mut zusammenkratzen, um die entscheidende Frage zu stellen: „Und wie sieht es bei mir aus?“
Jonas musterte sie so gründlich, als könne er auf diese Weise in ihrer Seele lesen. Ihr wurde heiß, als brate sie schon in der Hölle.
Plötzlich aber hellte sich seine Miene auf, und mit nachsichtigem Lächeln versicherte er ihr: „Du hast viel ungenutztes Potential in dir. Wenn du hart an dir arbeitest, hast du gute Chancen, in die engere Wahl zu kommen.“
*
Königswinter - 19.00 Uhr
Andreas stieg die tausend Stufen zu Sabines Domizil hoch und ging währenddessen in Gedanken noch einmal die Urlaubsargumente durch.
Sabine empfing ihn oben im kurzen, roten Sommerkleid, nachdem er ihr kürzlich gesagt hatte, ihre Beine seien viel zu hübsch, um sie immer unter langen Röcken und Kleidern zu verstecken. Sie sah wirklich sexy aus, und fünf Sekunden später lagen sie sich in den Armen. Sabine schob ihn gezielt in ihr abgedunkeltes Schlafzimmer, in dem immer noch zu viele Puppen ausgestellt waren. Die vergaß Andreas dann allerdings vorübergehend.
Eine Dreiviertelstunde später saßen sie am Küchentisch und vertilgten die Häppchen, die Sabine vorbereitet hatte. Sie wusste inzwischen genau, was Andreas mochte und was nicht. Sowohl im Bett als auch auf seinem Teller. Und plötzlich war sie beim Thema. Sie trank ein paar Schlucke Mineralwasser, überlegte kurz und führte dann aus: „Ich weiß ja, lieber Andreas, dass unsere Beziehung für dich nur eine Bettgeschichte ist... Nein, nein, Leugnen ist zwecklos, und deshalb wollte ich vorschlagen, dass wir’s im Urlaub genauso machen: Jeder geht seiner eigenen Wege. Getrennte Hotelzimmer, getrennte Kasse, getrennte Aktivitäten. Und wenn wir mal Lust aufeinander haben, dann werden wir schon zusammenfinden. Na, wie hört sich das an?“
Andreas kratzte sich am Kinn. Damit brach die eine Hälfte seiner Argumente komplett weg.
„Klingt genau nach meinem Geschmack“, bestätigte er und biss in eine aufgerollte Scheibe Salami ohne Brot. „Aber ich hab trotzdem noch Bedenken.“
„Klar, spuck sie aus!“
Ja, das würde er tun. Ohne sich zu rechtfertigen. Er war eben so, wie er war! „Für mich ist jeder Urlaub zunächst mal Stress. Die Planung, die Organisation, die Anfahrt. Das nervt mich schon, wenn ich es nur aufzähle!“
Sabine sah ihn mit völliger Verständnislosigkeit im Blick an. „Was ist denn da großartig zu planen?“, wunderte sie sich, stand auf, eilte ins Wohnzimmer und kam mit einem Reiseprospekt zurück. „Hier, sieh mal. Das ist Terracina, eine Hafenstadt am Mittelmeer. Da hab ich vor 35 Jahren ein paarmal Urlaub mit meinen Eltern gemacht, und ich würde gerne wissen, wie’s da jetzt aussieht.“
Sie hatte das Heft aufgeschlagen, setzte sich und hielt ihm eine
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