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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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was Sie betrifft. Ihr mangelnder Enthusiasmus ist mir ebenso wenig entgangen wie Ihr Seufzen und Fratzenschneiden, wenn ich Ihnen etwas in Ihren Augen Unzumutbares auftrage. Ich will hoffen, dass sich darin lediglich Ihre Unreife manifestiert, nachdem Sie sich in anderen Bereichen als halbwegs kompetent erwiesen haben. Woran genau wären Sie denn interessiert?«
    Halbwegs kompetent! Ebenso gut hätte sie mich zur intelligentesten, kultiviertesten, hinreißendsten und fähigsten Vertreterin meiner Altersstufe erklären können, die ihr je untergekommen war. Miranda Priestly hatte mir soeben mitgeteilt, dass sie mich für halbwegs kompetent hielt!
    »Ja, also – nicht, dass ich nichts für Mode übrig hätte, klarer Fall, wer hätte das nicht?«, beeilte ich mich anzufügen, immer ihre Miene im Fadenkreuz, die wie üblich so gut wie nichts verriet. »Es ist bloß so, dass ich immer davon geträumt habe, selbst zu schreiben, insofern wäre das ein Gebiet, in das ich, äh, gern meine Fühler ausstrecken würde.«
    Sie faltete die Hände im Schoß und guckte durchs Fenster. Nach 45 Sekunden verlor ich offenbar rapide an Unterhaltungswert. »Nun, ich weiß natürlich nicht, ob Sie auch nur einen Funken
Talent haben, aber von mir aus können Sie zur Probe ja einmal den einen oder anderen Kurztext für uns schreiben. Vielleicht eine Theaterkritik oder eine Notiz unter der Rubrik Gesellschaftsereignisse. Natürlich nur, solange es Ihre Tätigkeit in meinem Dienst nicht beeinträchtigt und außerhalb der Arbeitszeiten stattfindet.«
    »Ja sicher, sicher doch. Das wäre fantastisch!« Wir führten eine richtiggehende Unterhaltung, und bis jetzt war noch keinmal ein Wort wie »Frühstück« oder »Reinigung« gefallen. Nachdem es so gut lief, musste ich es einfach versuchen: »Mein Traum wäre, eines Tages für den New Yorker zu arbeiten.«
    Mit einem Schlag war sie wieder ganz da und richtete erneut ihren Blick auf mich. »Was reizt Sie denn daran? Völlig glanzlos, reines Handwerk.« Für den Fall, dass die Frage rhetorisch gemeint war, ging ich lieber auf Nummer sicher und hielt den Mund.
    Ich hatte nur noch ungefähr 20 Sekunden: Erstens waren wir schon fast beim Hotel und zweitens ließ ihr ohnehin flüchtiges Interesse an meiner Person fühlbar nach. Während sie die eingegangenen Anrufe auf ihrem Handy durchscrollte, bemerkte sie ganz nebenbei: »Hmmm, der New Yorker . Condé Nast.« Ich nickte heftig, aber sie nahm meine Anfeuerungsversuche nicht zur Kenntnis. »Da kenne ich natürlich eine Menge Leute. Wir warten ab, wie der Rest der Reise verläuft, und vielleicht rufe ich dann einmal dort an, wenn wir zurück sind.«
    Der Wagen hielt vor dem Hotel. Monsieur Renaud war schneller als der Page und riss höchstpersönlich für Miranda den Schlag auf.
    »Meine Damen! Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Abend«, säuselte er und mühte sich nach Kräften, seinen abgekämpften Zustand mit einem Lächeln zu kaschieren.
    »Wir brauchen den Wagen morgen früh um neun für die Schau von Dior. Ich habe um halb neun eine Frühstücksbesprechung im Foyer. Bis dahin wünsche ich nicht gestört zu werden«, blaffte sie,
nun wieder ganz sie selbst. Alle Anflüge von Menschlichkeit waren verdampft wie ein Tropfen auf einem heißen Stein. Sie ließ mir keine Chance, ein Schlusswort zu sprechen oder mich zumindest untertänigst für unsere Unterhaltung zu bedanken, sondern verschwand schnurstracks nach oben. Ich tauschte einen müden, teilnahmsvollen Blick mit Monsieur Renaud und nahm den anderen Aufzug.
    Das Silbertablett mit den appetitlich arrangierten Pralinés auf meinem Nachttisch war das i-Tüpfelchen dieses so völlig unerwartet grandiosen Abends, an dem ich vor mir selbst als Model durchgegangen war, heftig mit einem der heißesten Typen, die ich persönlich kannte, geflirtet hatte und von Miranda Priestly als halbwegs kompetent eingestuft worden war. Endlich schien sich alles zusammenzufügen; erste zarte Anzeichen deuteten darauf hin, dass die Opfer des vergangenen Jahres sich also wohl doch gelohnt hatten. Ich ließ mich so, wie ich war, aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Nicht zu fassen: ich hatte Miranda tatsächlich ins Gesicht gesagt, dass ich für den New Yorker arbeiten wollte, und sie hatte mich weder ausgelacht noch angebrüllt, war in keinster Weise ausgeflippt und hatte mich nicht einmal mit dem spöttischen Hinweis abgefertigt, dass ich dummes Gänschen besser zusehen sollte, bei Runway Karriere zu

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