Der Teufel und die Lady
dürft.“
Wieder hätte sie am liebsten laut geschrien. Stattdessen setzte sie eine gelassene Miene auf. „Vielleicht bringst du mich in die Große Halle?“ Dann würde sie sich eben auf die Suche nach der Haarnadel machen.
„Selbstverständlich.“ Mit seinen langen, dünnen Fingern zwirbelte er seinen Bart.
O Gott, das Ding war schrecklich. Als schlängele sich ein haariger Wurm über sein Gesicht.
Der Jüngling wippte auf den Fersen und wurde rot, als sie ihn weiterhin eingehend betrachtete. Eines Tages würde er ein gut aussehender junger Mann sein, wenn er erst einmal in seinen schlaksigen Körper hineingewachsen war und sich dieses haarige Ungetüm abrasiert hatte. Er drehte sich um und ging unsicher auf die Treppe zu.
Brenna lächelte ihn an. Wenn er ihr schon überallhin folgen sollte, war es am besten, ihn so schnell wie möglich auf ihre Seite zu ziehen. „Was für einen schönen Bart du hast!“
Der Jüngling strahlte und wäre fast gestolpert.
Ja! Sie hatte recht gehabt, er war verdammt stolz auf das Ding. „Und wie heißt du?“
„Damien.“
„Damien, hast du zufällig etwas von meinem Vater gehört?“
„Nein.“
Mit einer Handbewegung forderte er sie auf, vorzugehen. Die Stufen der Treppe waren steil und schmal, ausgetreten und glatt durch ihr Alter. Das eiserne Geländer war schon vor Jahren ziemlich durchgerostet gewesen, aber ihr Vater hatte es nie für nötig gehalten, es durch ein neues zu ersetzen. Wozu auch, schließlich befand sich nur seine missratene Tochter in diesem Turm. Die, die zu hässlich war, um sie loswerden zu können. Durch die Ketten wurde das Hinuntersteigen ziemlich riskant, und Brenna hielt sich an den kalten, klammen Mauersteinen fest, während sie langsam Stufe für Stufe bewältigte. In den Eisenhalterungen steckten keine Fackeln, die ihr den Weg hätten leuchten können. Im Treppenschacht war es so düster und trostlos, wie sie sich fühlte.
„Ist mein Gemahl schon zurückgekehrt?“
Das Rascheln von Stoff hinter ihr verriet ihr, dass Damien die Schultern gezuckt hatte.
Sie räusperte sich. Wenn sie schon Bewachung haben musste, warum dann nicht wenigstens eine, die nützlicher war?
Mehr als zwei Wochen später hatte Brenna immer noch keine Nachricht von ihrem Ehemann. Die Verzweiflung in ihr machte ihr zunehmend das Denken schwer, und sie sehnte sich immer stärker danach zu fliehen, und sei es auch nur, um endlich frische Gewänder anziehen zu können. Nach mehreren Tagen heimlichen Suchens hatte sie endlich die Haarnadel gefunden. Jetzt saß sie auf ihrem Hocker und stocherte wütend in den Schlössern ihrer Fesseln herum.
Die Haut juckte unter ihnen, und ihr Gewand war vollkommen verknittert. Sie hatte sich gewaschen, so wie es die Möglichkeiten zuließen. Aber da sie Tag und Nacht immer dasselbe Gewand tragen musste, fühlte sie sich schrecklich ungepflegt. Ihre Kleidung war nie besonders gewesen, aber Brenna hatte immer peinlich genau darauf geachtet, dass sie stets sauber und frisch gewaschen war.
„Verdammt“, fluchte sie laut, als die Schlösser nicht aufgehen wollten.
„Ist alles in Ordnung, Mylady?“, rief Damien draußen vor der Tür.
„Ja, Damien, es ist alles bestens. Ich habe nur gerade meinen Gemahl in die Hölle gewünscht, das ist alles.“
„Er ist ein guter Mensch, Herrin.“
Ein guter Mensch! „Er ist ein verdammtes Scheusal“, murmelte sie vor sich hin und zerrte in ihrer ohnmächtigen Wut an den Ketten. Aber was nützte es, wenn sie Damien für die Sünden seines Herrn büßen ließ? „Es ist ungerecht, dass ich nicht mit meinen Schwestern sprechen darf!“
Sie stand auf, ging zur Truhe mit ihren Malutensilien und versuchte dort ihr Glück mit der Haarnadel. Etwas klickte in dem Schloss, aber es gab nicht nach. Verdammt.
Sie trat wütend mit dem Fuß gegen die Truhe. Wenn ihr Gemahl zurückkehrte, würde sie ihm gehörig die Meinung sagen – vor allem, was sein Versprechen betraf, dass sie wieder malen durfte.
Sie riss danach das Bodenbrett heraus, unter dem sich ihr Geheimversteck befand. Vorsichtig holte sie die Aktzeichnung von sich selbst heraus. Als Montgomery am Morgen der Hochzeit die Kammer verlassen hatte, damit Brenna sich ankleiden konnte, hatte sie ihre Schwestern gebeten, schon in die Kirche zu gehen. Sie wollte noch einen Moment für sich allein haben. Diese Zeit hatte sie genutzt, um die Miniatur zu verstecken. Sie hob sie hoch und betrachtete sie. Ob das das Letzte war, was sie in ihrem
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