Der Teufel und die Lady
anbot. Erschrocken? Schockiert? Oder würde er sie wieder liebkosen wie in der vergangenen Nacht und zu ungeahnten Höhen der Lust führen? Sie wollte die Beine über die Bettkante schwingen, um zu ihm zu gehen und ihn zu berühren.
Ihr Fuß wurde von irgendetwas zurückgehalten, ein Klirren ertönte.
Sie sah erschrocken an sich herab – und stellte fest, dass sie mit einem Fuß ans Bett gekettet war. Ihre liebevollen Gefühle zersplitterten wie Glas. „Ihr habt mich angekettet?“, rief sie entsetzt.
„Selbstverständlich, Gemahlin“, erwiderte er ungerührt und fuhr fort, den Dolch zu schleifen. „Wir sind heute genauso wenig ineinander verliebt wie an dem Tag, als Ihr mich angegriffen habt und fliehen wolltet.“
„Ihr … Ihr …“ Brenna fehlten die Worte, am liebsten hätte sie geschrien. Wie konnte er ihr das antun. Nach allem, was sie miteinander erlebt hatten. Sie hatte doch tatsächlich geglaubt, diese Nacht hätte auch ihm etwas bedeutet.
Was für ein naives Dummchen sie war. Er war derjenige, der Dutzende Geliebte gehabt hatte, nicht sie. Sie zog sich das Laken bis zum Hals. Für ihn war sie nur eine weitere Eroberung im Bett gewesen. Er hatte seine Erfahrung als Liebhaber eingesetzt, um sie sich gefügig zu machen. Und, verdammt, es war ihm gelungen. Sie wünschte, dieser Gedanke hätte nicht so wehgetan, aber er tat es trotzdem.
Sie wollte, dass ihr Gemahl sie allein ließ, damit sie sich etwas anziehen und so tun konnte, als hätte es die letzte Nacht nie gegeben. Als hätte sie nicht eben noch vorgehabt, sich ihm erneut wie eine liebeskranke Sklavin anzubieten.
Sie sah ihn wütend an, er aber war ganz auf das Schleifen des Dolchs konzentriert. Vollkommen ungerührt, vollkommen unbeeindruckt von den Ereignissen der vergangenen Nacht.
Sie hätte ihn doch erstechen sollen! Warum hatte sie das bloß nicht getan? Ihre Schwäche ärgerte sie, und sie beschloss, sich so zu verhalten, als wäre nichts geschehen. Trotzdem schämte sie sich in Grund und Boden, weil sie geglaubt hatte, zwischen ihnen hätte sich etwas geändert. Nichts hatte sich geändert, sie war nach wie vor seine Gefangene.
„Wie fühlt Ihr Euch?“, fragte er und sah für einen Moment auf.
Verwundbar. Verlegen. Verwirrt. „Gut.“ Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und hob das Kinn. Niemals würde er erfahren, wie sie sich eben noch nach ihm verzehrt hatte. „Es besteht kein Grund, mich weiterhin anzuketten“, fügte sie knapp hinzu.
Er neigte den Kopf zur Seite. „Zwischen uns hat sich nichts geändert.“
Trotz ihres Vorsatzes, so zu tun, als wäre nichts geschehen, traf sie seine Bemerkung wie ein Stich ins Herz. Für ihn mochte sich nichts geändert haben, aber sie fühlte sich verletzlich auf eine Art, die sie nie für möglich gehalten hätte.
„Mit wem habt Ihr Euch gestern getroffen?“ Er hatte die Frage ganz gelassen gestellt, aber Brenna merkte, wie angespannt seine Schultern waren.
„Mit niemandem“, antwortete sie genauso ruhig.
„Ich habe das hier auf der Treppe gefunden.“ Er hob ein versiegeltes Pergament vom Tisch auf.
Die Nachricht, die Bruder Giffard an Nathan hatte schicken sollen. Verdammt! Brenna rieb sich die Schläfen. Sie ärgerte sich über sich selbst, über Montgomery und über Bruder Giffard, weil er die Nachricht nicht schon längst verschickt hatte. Offensichtlich hatte er das Pergament nach ihrem Treffen in der vergangenen Nacht fallen lassen. Bruder Giffard hatte sie um ein Treffen auf dem Wehrgang gebeten, da Pater Peter irgendwo unterwegs gewesen war, die Kirche aber dennoch nicht zur Verfügung gestanden hatte. Giffard hatte etwas Gold für die Miniatur erhalten, die sie ihm überlassen hatte, aber es war nicht genug für die Schiffspassage gewesen. Und Brenna hatte sich geärgert, weil Montgomery ihr ihre Farben nicht zurückgegeben hatte. Genau in dem Moment hatte sie ihren Gemahl in den Burghof reiten sehen. Sie war die Treppe hinuntergeeilt, um noch rechtzeitig wieder in ihrer Kammer zu sein, ehe er merkte, dass sie ohne ihren Bewacher unterwegs gewesen war – und mit wem sie sich getroffen hatte. Auf der schmalen Treppe war sie dann über ihre Ketten gestolpert und gestürzt.
„Wem wolltet Ihr das hier geben, Brenna?“
Wenn sie jetzt Bruder Giffard ins Spiel brachte und er dazu befragt wurde, konnte sie sich jede Hoffnung auf eine Flucht nach Italien abschminken. „Niemandem. Ich habe die Nachricht schon vor Wochen geschrieben und hoffte, sie einer
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