Der Teufel und die Lady
Eure Burg zurück und seid Eurem Gemahl eine gute Ehefrau.“
Brenna erstarrte. Ihr alter Zorn auf ihn kochte wieder hoch. Bischof Humphrey machte ihr nun schon seit Jahren das Leben schwer, in dem er stur darauf bestand, dass Frauen nicht malen sollten. „Wie Ihr sehen könnt, bin ich mit dem Segen meines Gemahls hier“, sagte sie und nickte in Montgomerys Richtung, der, wie ihr auffiel, ebenfalls versteinert wirkte.
„Auf ein Wort unter vier Augen, Mylord“, bat Bischof Humphrey.
Endlich! Da war sie, die Gelegenheit, einen Augenblick mit Giffard allein zu sein.
Zweifellos beabsichtigte der Bischof, Montgomery einen ausführlichen Vortrag über die Rolle der Frau in der Ehe zu halten. Das konnte Stunden dauern. Verstohlen berührte sie die Ketten unter dem Umhang – ihr Gemahl hatte solche Belehrungen nicht nötig.
„Natürlich.“ Montgomery erhob sich und legte die Hand auf den Dolch in seinem Gürtel. Mit einem Blick bedeutete er Brenna, sitzen zu bleiben, ehe er sich mit dem Bischof in eine andere Ecke des Saals zurückzog.
„Beugt Euch nach vorn, als unterhielten wir uns“, flüsterte Brenna Giffard zu. Unter dem Umhang öffnete sie hastig ein zweites Mal die Röhre, zog die Miniaturen heraus und drückte sie unter dem Tisch in Giffards Hand. „Versteckt sie gut“, ermahnte sie ihn.
Mit einer unauffälligen Bewegung, die von jahrelanger Übung sprach, ließ er die beiden kleinen Leinwände in seiner Kutte verschwinden. „Nur zwei?“
„Mehr habe ich nicht geschafft.“
Giffard blickte hinüber zu Montgomery und dem Bischof, die ganz in ein Gespräch vertieft schienen. „Habt Ihr Euch den Schlüssel für Eure Ketten aneignen können?“
„Nein, leider nicht. Aber er nimmt mir jeden Abend die Ketten für ein paar Stunden ab.“ Sie nannte ihm nicht den Grund dafür, aber sie errötete. Wenn Giffard die Miniaturen sah, würde er den Grund ohnehin kennen.
„In sechs Wochen legt ein Schiff ab. Vielleicht gelingt es mir bis dahin, Eure Arbeiten zu verkaufen und eine Schiffspassage zu buchen.“
„Für mich und meine beiden Schwestern“, beharrte sie.
Er trommelte nachdenklich mit den Fingern auf die Tischplatte. „Eine Passage für drei Damen von Adel wird viel Gold kosten. Es kommt ganz auf die Qualität der Arbeiten an, ob sie so viel einbringen.“
„Sie sind gut“, murmelte sie und steckte den Deckel wieder auf die Röhre.
Giffard zuckte die Achseln. „Wir werden sehen. Der Markt kann unberechenbar sein. Und es sind, wie gesagt, nur zwei Bilder.“
„Ich kann Euch die letzten beiden Miniaturen der ‚Mätressen des Königs‘ besorgen“, flüsterte sie. Sie musste an die gewaltige Summe denken, die Montgomery ihr genannt hatte.
Giffard riss die Augen auf.
Eine schwere Hand legte sich auf Brennas Schulter, sodass sie zusammenzuckte. Montgomery stand genau hinter ihr, während der Bischof soeben aus dem Saal stürmte. Hatte Ihr Gemahl etwas von ihrem Gespräch mitbekommen? Ihr Herz klopfte zum Zerspringen.
„Rollt das Gemälde wieder auf, Brenna. Wir gehen nach Hause.“
Sie warf einen letzten Blick auf Giffard, der lässig auf seiner Bank saß und ein freundliches Gesicht machte. Wenn man ihn so ansah, hätte man meinen können, sie hätten sich eben über die neuesten Rezepte für Fleischpasteten unterhalten.
Als sie die Burg erreichten, war Brenna so erschöpft, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Nach dem Lärm in der Stadt schlugen ihr jetzt die Stimmen der Männer, Frauen, Hunde, Katzen, Schweine, Jungen und Mädchen im Bergfried entgegen. All diese Laute zerrten sie wie ein Sturm mal in die eine, mal in die andere Richtung und hielten sie vom Wichtigsten ab – sich zu vergewissern, dass die „Mätressen des Königs“ in Sicherheit waren.
Mit Damien im Schlepptau stieg sie müde die Treppe zu ihrer Turmkammer hinauf. Montgomery war fortgegangen, um nachzuprüfen, welche Fortschritte das neue Dach über dem Küchentrakt machte.
Brenna strich über ihre Handfesseln und beschloss, alles zu tun, um sie endlich loszuwerden. Die Sonne war untergegangen, in der Halle waren Talgkerzen angezündet worden. Ihr beißender Rauch hing in der Luft.
Schon bald würde Montgomery zu ihr in die Kammer kommen. Dann würde er wie immer ihre Ketten abnehmen und ihren Körper wieder in jene wundervolle Ekstase versetzen, in der Brenna völlig vergaß, dass sie den ganzen Tag lang angekettet war.
All diese widersprüchlichen Gefühle wurden ihr langsam zu viel.
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