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Der Teufelskeiler

Der Teufelskeiler

Titel: Der Teufelskeiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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kam Onkel Pharao ins Spiel.
     
     
    Wenn es jemanden gab, der uns etwas über die Jagd auf einen wilden Keiler im Allgemeinen und Old Satan im Besonderen sagen konnte, dann war es Onkel Pharao.
    Aber würde er es auch tun?
    Wahrscheinlich nicht. Und schlimmer noch: Falls er uns nicht half, würde er alles verderben, indem er Abrahams Mama und Papa davon erzählte? Wir befanden uns in einer, gelinde gesagt, vertrackten Lage.
    Auch wenn wir uns nicht um jeden Preis gegen den Willen der Erwachsenen durchsetzen wollten, wegen der Tracht Prügel, die wir ansonsten beziehen würden, so waren wir doch wild entschlossen, unser Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wir würden Old Satan erlegen, und wenn wir jeden Zentimeter Auwald durchstreifen und auf jeden Baum von ganz Osttexas klettern müssten, um ihn zu finden.
    Trotzdem wäre es sehr viel einfacher, wenn wir eine Ahnung hätten, wie sich ein Wildschwein bei so einer Jagd und im Wald verhielt. Abraham und ich waren nicht ganz grün hinter den Ohren, wenn's um die Jagd ging, aber Old Satan ließ sich nicht so recht mit einem Eichhörnchen oder einem Opossum vergleichen.
    Wir gingen nicht direkt zu Onkel Pharao. Erst mal ritten wir auf Clancy dahin, wo ich Roger in die Astgabel gelegt hatte, und begruben ihn. Danach gingen wir zum Baumhaus und ließen dort die Schaufel und die Winchester zurück. Auf die Art konnten uns die Erwachsenen, falls sie sich gegen unseren Plan entscheiden sollten, wenigstens nicht das Gewehr wegnehmen. Ich sagte Abraham nichts davon, aber egal, wie es mit ihm und seinen Eltern ausgehen würde, ich würde mir das Schwein kaufen. Da Papa fort und Mama nicht in der Lage war, mich aufzuhalten, und außerdem Doc Travis mindesten zwei oder drei Tage brauchen würde, um Papa aufzutreiben, hatte ich gute Chancen, Old Satan zu kriegen. Wahrscheinlich würde ich dafür die Rute zu spüren bekommen, wie es die Welt noch nicht erlebt hat, doch das spielte jetzt keine Rolle.
    Im Baumhaus stellte ich fest, dass Abraham seit dem frühen Morgen fleißig an seinem Schild weitergearbeitet hatte. Er war fast fertig und würde bald an der Wand hängen. Allerdings glaubte ich, er hatte erst noch andere Pläne dafür. Nach den Ereignissen der letzten Nacht war er immerhin so früh aufgestanden, dass er noch daran arbeiten konnte, bevor er mich besuchen kam.
    Als wir zum Haus der Wilsons kamen, war es so still wie bei einem Begräbnis am Sonntagmorgen. Normalerweise herrschte hier ein Lärm, als würde ein wilder
    Indianerstamm angreifen, wegen der vielen Kinder und Mrs. Wilson, die mit Töpfen und Pfannen klapperte und herumfuhrwerkte oder die Kleinen anbrüllte, wenn sie wieder irgendwas anstellten. Heute nicht. Jesse hatte praktisch zur Familie gehört, und niemand fühlte sich besonders munter.
    Mr. Wilson war schon aufs Feld hinausgegangen, aber Mrs. Wilson stand am Herd und kochte Mittagessen, wenn auch schweigend. Nicht eine Pfanne klapperte.
    Als wir reinkamen, lächelte sie und fragte, ob ich zum Essen bleiben würde. Das Maisbrot und der Sirup waren längst verdaut, also sagte ich gerne ja.
    Vom Keiler und was er angerichtet hatte, und dass Mama bei Doc Travis war, erzählte ich lieber nichts.
    »Hast du das mit Jesse gehört?«, fragte sie.
    »Ja, Ma'am. Tut mir wirklich leid.«
    Einen Moment lang dachte ich, sie würde zu weinen anfangen, doch dann wandte sie sich wieder ihren Töpfen zu. »Es dauert nicht mehr lange mit dem Essen.«
    »Ist Opa noch im Bett?«, fragte Abraham.
    »Nein, der ist draußen beim Grab, das Papa für Jesse ausgehoben hat.«
    Wir fanden Onkel Pharao hinter der Scheune. Er lehnte auf seinen Krücken und sah auf das frische Grab.
    »Opa«, sagte Abraham.
    Onkel Pharao hob den Kopf und blickte zu uns her. Ich hatte mir nie vorstellen können, dass er noch älter aussehen könnte, aber ich hatte mich getäuscht. An diesem Tag sah er aus wie fast zweihundert, wie eine zerlumpte Vogelscheuche auf zwei Stöcken.
    »Ist doch blöd, wenn man wegen 'nem alten Schwein traurig ist«, sagte Onkel Pharao. »Bucky kommt noch vor
    Sonnenaufgang hier raus und gräbt 'nem alten Schwein ein Grab, obwohl er selbst genug Arbeit hat. Ist doch vollkommen sinnlos, oder?«
    Keiner von uns beiden wusste, was er sagen sollte.
    »Vollkommen sinnlos«, wiederholte Onkel Pharao.
    »Du kannst doch ein anderes abrichten«, sagte ich.
    Der Blick, den mir Onkel Pharao zuwarf, brachte neues Licht in seine trüben Augen. »Ein Schwein wie Jesse gibt es kein zweites Mal,

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