Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
sich und küsste sie auf den Nacken, wobei er in eine Woge von braunen Locken eintauchte.
»Aber gelohnt hat sich’s?«, fragte Mason.
Der Schmied hatte, kaum dass er saß, damit begonnen, sich den Teller vollzuhäufen. Masons Vater war der gefragtesteMetallhandwerker von Medford gewesen. Mason hatte die Werkstatt geerbt, sie aber durch seine Spielleidenschaft, mit einer gehörigen Portion Pech ergänzt, verloren. Er hatte aus dem Haus im Handwerkerviertel ausziehen müssen und war in der Unterstadt gelandet, wo er mit der Herstellung von Hufeisen und Nägeln gerade genug verdiente, um seine Schmiede zu unterhalten und sein Bier und gelegentlich mal ein Essen bezahlen zu können. Für Royce und Hadrian vereinte Mason drei Vorzüge: Er war billig, er war aus dem Viertel und er lebte allein.
»Allerdings. Alenda Lanaklin hat uns die vollen fünfzehn Goldtaler gezahlt«, sagte Royce.
»Die reinste Goldgrube«, verkündete Winslow und klatschte freudig in die Hände.
»Und meine Pfeile? Wie haben sie sich bewährt?«, fragte Mason. »Haben sie sich in den Schindeln verankert?«
»Verankert haben sie sich prächtig«, sagte Royce. »Das Problem war, sie wieder herauszukriegen.«
»Der Ausklinkmechanismus hat versagt?«, fragte Mason betroffen. »Aber ich dachte – na ja, ich bin eben kein Pfeilmacher. Ihr hättet zu einem Pfeilmacher gehen sollen. Hab’s euch ja gesagt, oder? Ich bin Schmied. Ich arbeite mit Metall, nicht mit Holz. Die feinzahnige Säge, die ich gemacht habe – die hat funktioniert, oder? Das ist ein Schmiedeerzeugnis, bei Mar! Aber Pfeile sind keins, schon gar nicht die, die ihr wolltet. Ich hab doch gesagt, geht zu einem Pfeilmacher. Ihr hättet’s eben tun sollen.«
»Lass gut sein, Mason«, sagte Hadrian und tauchte dazu aus Esmeraldas Mähne auf. »Die Verankerung war das Wichtigste, und die hat perfekt funktioniert.«
»Klar hat sie funktioniert. Die Pfeilspitzen sind aus Metall, und mit Metall kenn ich mich aus. Ich bin nur enttäuscht,dass der Ausklinkmechanismus für das Seil nicht funktioniert hat. Wie habt ihr das Seil dann runtergekriegt? Ihr habt’s doch nicht dort gelassen, oder?«
»Ging nicht, der Wächter hätte es auf seiner nächsten Runde bemerkt«, sagte Royce.
»Also, wie habt ihr’s dann gemacht?«
»Ich für meinen Teil wüsste überhaupt gern, wie ihr das Ganze gemacht habt«, sagte Winslow, der wie Royce auf seinem Stuhl lümmelte, die Füße auf dem Tisch und den Trinkkrug in der Hand. »Ihr weiht mich ja nie in die Details dieser Operationen ein.«
Vicomte Albert Winslow entstammte einer Linie landloser Adliger. Irgendwann war einem seiner Vorfahren das Lehen entzogen worden. Geblieben war nur der Titel. Der reichte, um Türen zu öffnen, die gemeinem Volk oder Leuten aus dem Kaufmannsstand verschlossen blieben, denn er stellte ihn immerhin eine Stufe über den gewöhnlichen Baron, zumindest auf den ersten Blick. Als Royce und Hadrian dem Vicomte das erste Mal begegnet waren, hatte er in einer Scheune in Colnora gehaust. Die beiden hatten in Kleidung und eine Kutsche investiert, und jetzt erfüllte Winslow mit Geschick die heikle Funktion ihres Verbindungsmannes zum Adel. Sie zahlten ihm eine Apanage, und der Vicomte besuchte jeden Ball und jede Festlichkeit und horchte sich in der politischen Landschaft nach Geschäftsmöglichkeiten um.
»Ihr seid zu exponiert, Albert«, erklärte Hadrian. »Wir können es uns nicht leisten, dass unser Lieblingsadliger in irgendeinem Kerker landet, wo sie ihm die Augenlider abschneiden oder die Fingernägel ausreißen, bis er ihnen verrät, was wir vorhaben.«
»Aber wenn sie mich foltern und ich den Plan nicht kenne, wie soll ich mich dann retten?«
»Ach, so etwa nach dem vierten Nagel glauben sie Euch bestimmt«, sagte Royce mit einem boshaften Grinsen.
Albert verzog das Gesicht und trank große Schlucke von seinem Bier. »Aber jetzt könnt ihr mir’s doch sagen, oder? Wie ihr durch die Eisentür gekommen seid? Als ich bei Ballentyne war, hatte ich den Eindruck, dass nicht mal ein Zwerg mit einem ganzen Satz Werkzeug diese Tür aufkriegen würde. Sie hatte weder ein Schloss, dass man knacken, noch eine Falle, die man hätte anheben können.«
»Tja, Eure Information war sehr hilfreich«, sagte Royce. »Sie hat uns veranlasst, es gar nicht erst durch die Tür zu versuchen.«
Der Vicomte sah verwirrt drein. Er machte den Mund auf, sagte dann aber doch nichts, sondern schnitt sich stattdessen eine Scheibe
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