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Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Titel: Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Sullivan
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Arbeit bereits getan habe, klingt es doch gar nicht so schwer, oder? Ehe Ihr antwortet, lasst mich noch ein Argument hinzufügen.«
    Mit einiger Anstrengung zog der Baron das Bündel unter seinem Fuß hervor und wuchtete es hoch. Als er das Sattelpack auf den Holztisch hievte, klimperte es metallisch. »Da drinnen findet Ihr hundert Goldtaler.«
    »Ah, ja«, sagte Hadrian und versuchte, gleichmäßig weiterzuatmen. »Und Ihr zahlt im Voraus?«
    »Natürlich nicht alles, ich bin ja nicht dumm, ich weiß doch, wie so etwas abläuft. Ich zahle Euch die eine Hälfte jetzt und die andere, wenn ich das Schwert habe.«
    Hadrian tat einen weiteren mühsam kontrollierten Atemzug, nickte und ermahnte sich, Ruhe zu bewahren. »Ihr bietet also zweihundert Goldtaler?«
    »Ja«, sagte DeWitt mit ernster Miene. »Wie Ihr seht, ist mir die Sache sehr wichtig.«
    »Offenbar. Zumal, wenn es so leicht ist, wie Ihr sagt.«
    »Dann glaubt Ihr also, sie werden es übernehmen?«, fragte DeWitt.
    Hadrian lehnte sich genau in dem Moment zurück, als sein Gegenüber sich ängstlich gespannt vorbeugte. DeWitt sah aus, als ob er wegen Mordes vor dem Richter stünde und auf das Urteil wartete.
    Royce würde ihn umbringen, wenn er ja sagte. Eine der Grundregeln, die sie für Riyria festgelegt hatten, lautete, niemals einen kurzfristigen Auftrag anzunehmen. Sie brauchten Zeit, um Personen und Geschichten zu überprüfen und Örtlichkeiten auszuspähen. Andererseits bestand DeWitts ganzes Vergehen darin, im falschen Moment eine schöne Frau angeschaut zu haben, und Hadrian wusste, dass das Leben dieses Mannes in seiner Hand lag. Jemand anderen würde DeWitt nicht finden. Wie der Baron selbst schon gesagt hatte, würde es kein unabhängiger Dieb außer ihnen wagen, in einer von Zünften beherrschten Stadt einen Auftrag zu übernehmen. Und die Vorsteher der Roten Hand würden keinem von ihren Jungs erlauben, das Angebot anzunehmen, und zwar aus demselben Grund, aus dem Hadrian ablehnen musste. Aber Hadrian war ja eigentlich gar kein richtiger Dieb und kannte sich mit all den verschiedenen Abwägungsfaktoren so gut nun auch wieder nicht aus. Royce war derjenige, der auf den Straßen von Rutibor aufgewachsen war und sich als Taschendieb durchgeschlagen hatte. Er war der professionelle Einbrecher, das Ex-Mitglied der berüchtigten Zunft des Schwarzen Diamanten. Hadrian dagegen war ein Krieger, ein Soldat, der seine Schlachten lieber offen und bei Tageslicht schlug.
    Bei den meisten Aufträgen, die sie für Adlige durchführten, war Hadrian nicht ganz wohl. Diese Leute wollten einen Rivalen blamieren, einen Ex-Geliebten oder eine Ex-Geliebte verletzen oder ihren Einfluss in der perversen Welt der hohen Politik vergrößern. Sie heuerten ihn und Royce an, weil sie reich waren und es sich leisten konnten, für ihre SpielchenGeld auszugeben. Denn das war das Leben in ihren Augen: eine einzige Schachpartie mit echten Königen, Springern und Bauern. Es gab kein Gut und Böse, kein Richtig und Falsch. Es war alles nur Politik. Ein Spiel innerhalb eines Spiels, mit einem eigenen Regelwerk und ohne moralische Werte. Aber dieses ganze Gerangel war für ihn und Royce ein fruchtbarer Boden, um Geld zu verdienen. Denn die Adligen waren nicht nur reich und zänkisch, sie waren auch beschränkt. Wie sonst hätten es Royce und Hadrian schaffen können, vom Grafen von Chadwick Geld dafür zu kassieren, dass sie die Briefe von Alenda Lanaklin an Degan Gaunt abfingen, und dann den Spieß umzudrehen und ihren Profit zu verdoppeln, indem sie die Briefe zurückstahlen? Sie hatten einfach Albert damit betraut, Alenda davon in Kenntnis zu setzen, dass Ballentyne ihre Briefe hatte, und ihr ein Angebot für die Wiederbeschaffung zu unterbreiten. Das Geschäft war einträglich, aber schmutzig. Eben auch nur ein Spiel in einer Welt, wo Helden einzig in Sagen existierten und Ehre ein Mythos war.
    Hadrian versuchte sich einzureden, dass das, was Royce und er machten, ja so schlimm nicht war. Alenda zum Beispiel konnte sich die Kosten doch allemal leisten. Leute wie Mason und Esmeralda brauchten das Geld dringender als die Tochter eines reichen Markgrafen. Außerdem war es ihr vielleicht eine Lektion, den Besitz und den Ruf ihres Vaters nicht so leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Aber diese Argumentation war auch nur einer seiner Versuche, sich selbst zu belügen, sein Gewissen davon zu überzeugen, dass das, was er tat, recht oder zumindest nicht ganz unrecht war. Er wollte so gern

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