Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
Alric dem Jungen zu. »Mauvin ist ein Dummkopf, aber vom Parieren versteht er was.«
»Alric!« Der größere Bursche riss sich den Helm herunter und rannte auf den absitzenden Prinzen zu, um ihn zu umarmen. Als sie den Namen hörten, blickten mehrere Bedienstete im Hof überrascht her.
Mauvin war etwa so alt wie Alric, aber größer und um einiges breitschultriger. Er hatte wildes, dunkles Haar und strahlend weiße Zähne, die sein breites Grinsen jetzt entblößte.
»Was machst du hier? Und, bei Mar, wie bist du denn verkleidet? Du siehst ja schrecklich aus. Bist du die ganze Nacht geritten? Und dein Gesicht – bist du gestürzt?«
»Ich habe schlechte Nachrichten. Ich muss sofort deinen Vater sprechen.«
»Ich weiß nicht, ob er schon auf ist, und er wird sehr ungemütlich, wenn man ihn zu früh weckt.«
»Es kann aber nicht warten.«
Mauvin starrte den Prinzen an, und sein Grinsen verschwand. »Dann ist das also kein privater Besuch?«
»Nein, ich wollte, es wäre einer.«
Mauvin wandte sich an seinen jüngsten Bruder. »Denek, geh Vater wecken.«
Der Junge mit der Schiefertafel schüttelte den Kopf. »Ich will nicht der Sündenbock sein.«
»Geh jetzt sofort!«, fuhr Mauvin seinen Bruder an.
Erschrocken rannte der Junge ins Wohngebäude.
»Was ist los?«, fragte Fanen, der jetzt Helm und Schild aufden Rasen fallen ließ und ebenfalls herüberkam, um Alric zu umarmen.
»Hat euch in den letzten Tagen keine Nachricht aus Medford erreicht?«
»Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte Mauvin, der jetzt beunruhigt dreinsah.
»Keine Reiter? Keine Eilbotschaft für den Grafen?«
»Nein, Alric, was ist denn?«
»Mein Vater ist tot. Er wurde im Schloss von einem Verräter ermordet.«
»Was!«, stieß Mauvin schockiert hervor und wich einen Schritt zurück.
»Das kann nicht wahr sein!«, rief Fanen aus. »König Amrath tot? Wann ist das passiert?«
»Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht genau, wie lange es jetzt her ist. Die Tage nach dem Mord waren extrem verwirrend, und ich habe den Überblick über die Zeit verloren. Aber wenn euch die Nachricht noch nicht erreicht hat, können es wohl nur wenige Tage gewesen sein.«
Die Bediensteten hatten inzwischen allesamt ihre Arbeit unterbrochen und lauschten gebannt. Das stete Hämmern des Schmieds brach ab, und im Hof war jetzt nichts mehr zu hören als das Muhen einer Kuh und das Quaken der Enten.
»Was geht hier vor?«, fragte Graf Pickering, als er aus dem Portal trat und die zusammengekniffenen Augen mit dem Unterarm gegen die helle Morgensonne abschirmte. »Der Junge kam keuchend hereingestürmt und sagte etwas von einem dringenden Notfall.«
Der Graf, ein schlanker Mann mittleren Alters mit einer Adlernase und einem gepflegten, vorzeitig ergrauten Bart, trug einen lila-goldenen Morgenmantel über dem Nachthemd.Seine Frau Belinda erschien, noch damit beschäftigt, ihren Morgenmantel überzuziehen, hinter ihm im Portal und spähte beunruhigt in den Hof hinaus. Hadrian nutzte den Umstand, dass Pickering von der Sonne geblendet war, um einen längeren Blick zu riskieren. Sie war wirklich so schön, wie immer behauptet wurde. Die Gräfin war einige Jahre jünger als ihr Gemahl; sie hatte eine umwerfende Figur, und ihr langes, goldenes Haar umfloss ihre Schultern auf eine Art, die ganz und gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Hadrian verstand jetzt, warum der Graf seine Frau so eifersüchtig hütete.
»Oh!«, sagte Myron zu Hadrian, während er sich verrenkte, um die Gräfin besser sehen zu können. »Wenn ich die sehe, denke ich nicht mal an Pferde.«
Hadrian saß ab und half Myron vom Pferd. »Ich teile deine Meinung, Freund, aber glaub mir, diese Frau solltest du wirklich nicht anstarren.«
»Alric?«, sagte der Graf. »Was in aller Welt machst du um diese Tageszeit hier?«
»Vater, König Amrath ist ermordet worden«, antwortete Mauvin an seiner Stelle mit zittriger Stimme.
Der Schock war Pickering anzusehen. Der Graf ließ langsam die Arme sinken und blickte dem Prinzen direkt ins Gesicht. »Ist das wahr?«
Alric nickte düster. »Vor ein paar Tagen. Ein Verräter hat ihn während des Gebets hinterrücks erstechen lassen.«
»Ein Verräter? Wer?«
»Mein Onkel, der Großherzog und Großkanzler – Percy Braga.«
***
Royce, Hadrian und Myron fanden, immer den Düften folgend,den Weg in die Küche, während Alric mit dem Grafen gegangen war, um sich mit ihm zu besprechen. Eine weißhaarige Köchin namens Ella versorgte die drei nur zu
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