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Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Titel: Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Jigten stahl für Medizin. Falls Jamyang das gewusst hätte, hätte er ihm die meisten der Gegenstände auf seinem Altar gegeben. Shan winkte Jigten in die Kochnische, bevor er ihm die nächste Frage stellte. »Du hast Außenseiter erwähnt, die Lebensmittelkonserven und Decken brauchen. Du hast diese Dinge an Ausländer verkauft. An einen Deutschen und eine Amerikanerin. Wo hast du die beiden getroffen?«
    Jigten überlegte. »Wir haben bei dem alten Kloster gearbeitet und Schutt weggeräumt. Da habe ich sie zwei- oder dreimal gesehen. Einmal auch in den Hügeln oberhalb, wie sie Fotos gemacht haben. Da gibt es ein Hirtenmädchen mit vernarbtem Gesicht, das Nonne werden will. Sie passt auf die beiden auf.«
    »Wo haben die zwei gewohnt?«
    »Sie sind immer aus der Richtung der Einsiedelei gekommen, zusammen mit diesem Mädchen, das sie geführt hat.«
    »Was genau hast du ihnen verkauft?«
    »Ein paar Seile und Vorräte. Und ein paar Decken.«
    »Und woher hast du dir die Sachen besorgt?«
    »Hauptsächlich von den Jadekrähen. Ich erledige hin und wieder etwas für die. Sie liefern Vorräte an die Befriedungslager. Manchmal arbeite ich für sie als Fahrer oder mache Reparaturen.«
    Shan sah ihn überrascht an. »Aber die Lager werden von der Bewaffneten Volkspolizei geleitet. Soll das heißen, die Jadekrähen haben einen Vertrag mit der Polizei?«
    »Ja, sicher. Die grünen Affen leiten die Lager und stellen die Lastwagen.«
    Shan dachte nach. »Die Chinesen, die auf den Bauernhöfen in den Hügeln für Unruhe sorgen. Das sind die Jadekrähen, im Auftrag der Polizei.«
    Jigten zuckte die Achseln. »Wie gesagt, zwischen denen gibt es irgendeine Art von Vereinbarung. Die Polizisten gehen nur ungern in die Hügel. Sie werden dort von Hunden gebissen. Sie hören die Phantomhörner. Sie werden von Geistern gejagt.«
    »Ein Abkommen mit der Bewaffneten Volkspolizei«, grübelte Shan laut. »Aber nicht mit der Öffentlichen Sicherheit.«
    Jigten gab keine Antwort. Shan brauchte auch keine. Die Leute, die Meng in der Stadt angegriffen hatten, verachteten die Öffentliche Sicherheit. Und Meng war nicht nur überfallen worden, sondern hatte deswegen auch gelogen, als fürchte sie sich, den Vorfall zu melden. Er zögerte kurz und versuchte ein weiteres Mal zu ergründen, weshalb sie angegriffen worden war. Nicht mal die arrogantesten Banden würden es ohne guten Grund riskieren, einen Kriecher niederzuschlagen.
    »Unser Clanältester, Rapeche, hat ein Schutzamulett für den Verwalter angefertigt«, sagte Jigten plötzlich und schaute dabei in die Schatten im hinteren Teil des Raumes. »Für den Fettsack am Eingang. Er hat Angst, weil er allein in diesem Betongebäude schlafen muss. Nachts steigen alte tibetische Geister empor und suchen die Chinesen in diesem Tal heim.« Er klang befriedigt. »Danach hat er sich Rapeche anvertraut und gesagt, wir würden hier nicht für immer bleiben. Es werden wieder Lastwagen kommen. Dann teilt man uns auf und bringt uns weit weg, in chinesische Städte. Es heißt, dort gibtes ganze Häuserblocks, in denen nichts Grünes wächst, und der Wind stinkt nach zerlassenem Fett und Chemikalien. Dann wird uns dieser Ort wie eine glückliche Zeit vorkommen. Wenigstens wird immer noch ein großer Teil des Clans zusammen sein.«
    Er warf Shan einen beunruhigten Blick zu, als falle ihm gerade ein, wer sein Besucher war.
    » Lha gyal lo «, flüsterte Shan betrübt.
    »Du hast ja keine Ahnung, was in Tibet vor sich geht. Nicht mehr lange, und es gibt hier nur noch Lager und deren Aufseher«, sagte Jigten mit tonloser Stimme. »Auf der anderen Seite des Berges wurde ein alter Armeestützpunkt in ein Befriedungslager umgewandelt. Die Polizei liefert fast jede Woche eine weitere Wagenladung Tibeter dort ab. Sie bezeichnen den Ort zwar nicht als Gefängnis, aber es gibt dort Stacheldraht und bewaffnete Wachen. Es ist ein Käfig ohne Ausweg. Letzten Monat haben sie dort einen Friedhof angelegt.«
    Noch während er sprach, wurden draußen bestürzte Rufe laut. Jigten lief sofort hinaus, dicht gefolgt von Shan.
    Ein Mann auf dem flachen Hügelkamm oberhalb des Lagers schrie hektisch etwas und zeigte hinunter ins Tal. Der chinesische Verwalter stand in der Zufahrt und befahl mit schriller Stimme, alle sollten in ihre Hütten zurückkehren. Die Hirten ignorierten ihn und liefen den Hügel hinauf.
    Als Shan keuchend dort oben eintraf, folgte sein Blick dem ausgestreckten Arm eines nahen Hirten. Der Mann deutete

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