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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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waren heldenhaft, mein Freund.» Er klopfte Simon anerkennend auf die Schulter. Dann krempelte er die Ärmel hoch und zückte eine Spritze. «Ich gebe Ihnen jetzt etwas, damit Sie schlafen. Ihre Frau, was ist denn mit ihr?»
    «Sie braucht das nicht zu wissen vor morgen früh», sagte Simon schwach. «Ich – Sie dürfen das nicht auf Jackie schieben. Es war alles meine Schuld. Ich habe sie schändlich behandelt. Das arme Kind – sie wusste doch gar nicht, was sie tat…»
    Dr. Bessner nickte verständnisvoll. «Ja, ja – das verstehe ich…»
    «Meine Schuld», beharrte Simon. Sein Blick wanderte zu Cornelia. «Jemand – muss bei ihr bleiben. Sie könnte sich doch – etwas antun –»
    Dr. Bessner gab ihm die Spritze. Cornelia erklärte ruhig und sachkundig: «Ist schon in Ordnung, Mr. Doyle. Miss Bowers wird die ganze Nacht bei ihr bleiben…»
    Ein dankbarer Ausdruck huschte über Simons Gesicht. Sein ganzer Körper entspannte sich. Die Augen fielen ihm zu. Aber plötzlich riss er sie wieder auf. «Fanthorp?»
    «Ja, Doyle?»
    «Die Pistole… darf man da nicht… herumliegen lassen. Die Boys finden die sonst morgens…»
    Fanthorp nickte. «Völlig richtig. Ich hole sie sofort.» Er ging aus der Kabine und den Gang entlang. Miss Bowers erschien in Jacquelines Kabinentür.
    «Gleich geht es ihr besser», meldete sie. «Ich habe ihr Morphium gespritzt.»
    «Aber Sie bleiben doch bei ihr?»
    «Oh, ja. Morphin regt manche Leute auf. Ich bleibe die ganze Nacht.»
    Fanthorp lief weiter zum Salon. Ein paar Minuten später klopfte es an Dr. Bessners Kabinentür. «Dr. Bessner?»
    Der beleibte Doktor öffnete. «Ja?»
    Fanthorp bat ihn mitzukommen. «Sehen Sie doch mal – ich kann diese Pistole nicht finden.»
    «Was meinen Sie?»
    «Die Pistole. Sie ist ihr aus der Hand gefallen. Sie hat sie weggeschubst und sie ist unter ein Sofa gerutscht. Aber da liegt sie nicht mehr.»
    Sie sahen sich an.
    «Wer kann sie denn genommen haben?»
    Fanthorp zuckte die Schultern.
    Bessner sagte: «Das ist ja seltsam. Aber ich wüsste nicht, was wir da machen könnten.»
    Verwundert und leicht beunruhigt verabschiedeten sich die beiden Männer.

Dreizehntes Kapitel
     
    H ercule Poirot wischte sich eben den Schaum vom frisch rasierten Gesicht, als es kurz an seiner Tür klopfte und gleich danach Colonel Race eintrat, ohne sich mit Förmlichkeiten aufzuhalten.
    «Ihr Instinkt war ganz richtig», sagte er knapp. «Es ist passiert.»
    Poirot richtete sich auf und fragte harsch: «Was ist passiert?»
    «Linnet Doyle ist tot – Kopfschuss, gestern Nacht.»
    Poirot schwieg eine Weile und sah zwei Szenen lebhaft vor sich – ein Mädchen in einem Garten in Assuan, atemlos und mit harter Stimme erklärend: «Ich möchte ihr meine liebe kleine Pistole ganz dicht an den Kopf halten und abdrücken», und dieselbe Stimme, die etwas später gesagt hatte: «Man hat das Gefühl, man kann nicht mehr weiter – das ist so ein Tag, an dem etwas zerbricht», dazu dieses kurze, flehende Blitzen in ihren Augen. Was war mit ihm los gewesen, dass er auf dieses Flehen nicht reagiert hatte? Er war blind, taub und verblödet vor lauter Schlafbedürfnis gewesen.
    Race berichtete weiter: «Da ich ohnehin in dienstlichem Auftrag hier bin, haben sie mich hinzugezogen und mir die Sache übertragen. Das Schiff soll in einer halben Stunde ablegen, aber es fährt erst, wenn ich den Befehl gebe. Es ist natürlich möglich, dass der Mörder vom Land gekommen ist.»
    Poirot schüttelte den Kopf.
    Race pflichtete ihm bei. «Sehe ich auch so. Das kann man getrost ausschließen. Tja, Mann, dann sind Sie dran. Das ist Ihre Sache.»
    Wieselflink hatte Poirot sich in seine Garderobe geworfen. «Ich stehe zu Ihrer Verfügung», sagte er nur.
    Beide Männer traten hinaus aufs Deck.
    «Bessner müsste schon da sein», sagte Race, «ich habe den Steward nach ihm geschickt.»
    Das Schiff hatte vier Luxuskabinen mit Bädern. Die zwei auf der Backbordseite wurden von Dr. Bessner und Andrew Pennington bewohnt, die auf der Steuerbordseite von Miss Van Schuyler und von Linnet Doyle. Gleich daneben lag die Ankleidekabine ihres Mannes.
    Vor Linnet Doyles Kabine stand ein Steward mit weißem Gesicht. Er hielt ihnen die Tür auf und sie gingen hinein. Dr. Bessner stand über das Bett gebeugt. Als die beiden eintraten, sah er hoch und grunzte etwas.
    «Was können Sie uns über die Angelegenheit sagen, Doktor?», fragte Race.
    Bessner kratzte sich nachdenklich das unrasierte Kinn. «Ach!

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