Der Tod des Bunny Munro
von Poodle zu Bunnys Hochzeitstag, hat sie allerdings irreparable Schäden zugefügt. Poodle hatte es im Internet entdeckt, auf einer Seite für moderne Schwerenöter, Stecher und Schlafzimmerpiraten, seducer.com , und sein nicht gerade dezenter Aufdruck zeigte einen griechischen Sexgott oder so was – einen Typ mit einem Ölkranz auf dem Kopf und einem so gewaltigen Gemächt, dass er es in einer Schlinge vor sich hertrug, die von zwei pausbäckigen Cherubim gehalten wurde. Genau dieses Hemd hatte Bunny ganz unten im Mülleimer gefunden, und er hatte sich auf den Küchenboden gesetzt und in seine zerfetzten Überreste geschluchzt.
»Hi, Arschgesicht«, sagt Poodle und betritt mit einem Hundegrinsen und einem berauschten Glanz in den Augen die Wohnung.
»Herrgott nochmal, Poo. Hast du keine Manieren?«, schimpft die langbeinige Blonde an Poodles Arm und tritt ihn vors Schienbein.
»Hey! Immer sachte, Mädel!«, erwidert Poodle und hüpft auf einem Stonewashed-Bein auf und ab, und mit einem elektrisierten, lüsternen Kribbeln bemerkt Bunny, dass das dunkelrote Muttermal auf der Oberlippe der Blonden ein bisschen die Form eines Kaninchens hat.
Raymond, ohne Jackett, geht mit einem Sixpack Lager im Arm und einem aufgesetzten Lächeln im Gesicht um Poodle herum. Durch ein vertrautes Miasma von Alkoholdämpfen hindurch, das Bunny irgendwie beruhigend findet, fragt er ausdruckslos: »Alles klar, Bun?«
Wie eine leere Denkblase taucht hinter Raymond der Kopf seiner Freundin auf, die ziemlich sicher Barbara heißt, und sie sagt: »Hi, Bun.«
»Hi … äh …«, stammelt Bunny, der sich jetzt doch nicht mehr so sicher ist, ob sie Barbara heißt, und Raymond flüstert wie ein Souffleur: »Barbara«, und Bunny sagt: »Okay, genau, Barbara … tut mir leid, Barbara.«
Was auch immer Barbara antwortet, geht in der geräuschvollen Ankunft von Geoffrey unter, der gerade zur Tür hereinpoltert. In jeder Tasche seines zeltartigen Leinenjacketts steckt eine Literflasche Scotch. Er keucht besorgniserregend vom Treppensteigen und wedelt mit seinem unvermeidlichen Taschentuch, dann ruft er: »Bunny … Bunny … Bunny«, bringt sein schwitzendes Fleisch erdrutschartig in Bewegung und lässt Bunny mehr in sich versinken, als dass er ihn umarmt.
»Das war wirklich ein schöner Gottesdienst, Bun«, sagt Geoffrey, und alle stimmen ihm zu.
Die Blondine mit dem Muttermal geht einen Schritt vor und sagt zu Bunny: »Wirklich, etwas ganz Besonderes.«
Bunny wendet sich zu Poodle und sagt: »Und Poodle, deine Freundin ist echt …«, aber Poodle ist nirgends mehr in Sicht. Bunny schaut in den Flur und sieht gerade noch, wie heimlich die Badtür zugezogen wird. Es geht bergauf, denkt er.
Die Blonde mit den langen Beinen lächelt Bunny an und stellt sich vor.
»Ich heiße River«, sagt sie.
Bunny sieht für einen Moment verwirrt aus, dann packt ihn ein kurzer, aber heftiger Schwindel, der Boden unter ihm gibt nach und die Wände kippen, und er muss sich an Geoffreys Schulter festhalten, damit er nicht umfällt.
»Alles klar bei dir, Bun?«, fragt Geoffrey und wirft Bunny einen speckgepolsterten Arm um die Schultern.
»Scheiße Mann, das ist ja vielleicht verrückt, ich hab gerade erst …«, beginnt Bunny, und die Erinnerung an die plumpe Kellnerin aus dem Grenville Hotel blitzt auf – ihre drallen, weißen Pobacken, wie sie rhythmisch gegen das Kopfende schlägt, das Mantra ihres gedämpften Stöhnens. Das ganze Szenario droht ihn zu überwältigen.
»Ich würde mir bloß wünschen, dass alles etwas langsamer geht«, erwidert Bunny, »dass sich alles wieder einpendelt«, und fragt sich im nächsten Moment, warum er das gesagt hat.
»Hm«, brummt Raymond peinlich berührt.
»Aber natürlich, Bun«, sagt Geoffrey und tätschelt ihm mitfühlend die Schulter.
»Mein herzliches Beileid«, stimmt River ein und streckt die Hand aus. Die Nägel ihrer langen dünnen Finger sind korallenpink lackiert. Bunny, der sich bisher zusammengerissen hat, nimmt ihre Hand und spürt einen so starken Austausch elektromagnetischer Energie, dass er zurückzuckt, die Hand kräftig schüttelt und fragt: »Hast du das gemerkt?« Entgeistert sieht er River an, die den Kopf schräg legt und die Stirn runzelt. » Hast du das gemerkt? Oh Baby, ich bin der Duracell-Hase!«, ruft er und tippelt als leidliche Kopie des batteriebetriebenen rosa Trommelhasen im Flur auf und ab.
River sieht Bunny aus ihren großen, feucht schimmernden Augen an und fasst sich
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