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Der Tod des Bunny Munro

Der Tod des Bunny Munro

Titel: Der Tod des Bunny Munro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Cave
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Handgelenk. Das Baby stößt einen Protestschrei aus, und ohne den Blick von Bunny abzuwenden, steckt ihm Amanda einen Schnuller in den Mund.
    Bunny blickt auf sein Bestellformular.
    »Und für Sie, Amanda, habe ich dasselbe vorgemerkt wie für Zoë, nur ohne die Haarkur wegen Ihrer …«
    »Extensions!«, sagen Zoë und Amanda gleichzeitig und beugen sich vor. Sie sind bei der zweiten Flasche Rotwein, und besonders Amanda wirkt etwas erhitzt. Vor ihnen auf dem Tisch steht Bunnys Musterkoffer mit den Flakons und Tübchen voller Lotions und Cremes.
    »… Extensions. Die Ihnen übrigens ausgezeichnet stehen. Außerdem wollten Sie die Dermo-Expertise Augenpflege mit Relax-Effekt«, fährt Bunny fort. »Sowie … eine große Flasche Scotch und eine ordentliche Mütze Schlaf.«
    Die Frauen lachen, Amanda seufzt: »Oh ja, Schlaf!«, und tut aus Spaß so, als würde sie ihrem Baby den Hals umdrehen.
    Bunny sieht, wie Georgia an ihrem T-Shirt zupft und unruhig auf dem Stuhl hin und her rutscht, und er wendet sich ihr zu und sagt in scherzhaftem Ton: »Und von Ihnen, Georgia, von Ihnen bin ich zutiefst enttäuscht.« Er bemerkt die Röte, die an ihrem Hals aufsteigt.
    »Ooh, Georgia, der Ärmste ist enttäuscht!«, sagt Zoë und gibt ihr zur Strafe einen sanften Klaps auf den Handrücken. Georgia senkt den Kopf, nippt an ihrem Wein und zupft an ihrem T-Shirt, alles gleichzeitig.
    »Sie haben die Handcreme, die Bodylotion, die Maske mit Mandelöl und Aloe vera, die Haarkur und die hautstraffende Creme bestellt, aber Sie haben kein … und es tut mir in der Seele weh, das sagen zu müssen … Sie haben kein marokkanisches Rosenbadeöl bestellt.«
    »Georgia!«, schimpft Zoë. »Du böses Mädchen!«
    »Es will mir wirklich nicht in den Kopf, wie eine so schöne Frau wie Sie es rechtfertigen kann, ihrem Körper zu verwehren, wonach er sich sehnt … der Himmel in flüssiger Form … hundert Prozent pflanzliche Öle und natürliche Duftstoffe … Romantik, Nostalgie und Sinnlichkeit pur … dieses Zeug ist Barry White in einer Flasche … mit einem leichten Hauch von Orient. Tauchen Sie am Ende des Tages darin ein, und Sie werden hinweggetragen ins Paradies …«
    Bunny legt eine Hand auf die Innenseite von Georgias Handgelenk, drückt auf das weiche, teigige Fleisch und glaubt zu spüren, wie ihr Puls beschleunigt. Er beugt sich dichter an sie heran und flüstert: »Ich bin wirklich sehr enttäuscht.«
    »Dann nimm halt das blöde Badeöl, Georgia!«, schreit Amanda oder Zoë, und wieder brechen sie in wieherndes Gelächter aus. Das Baby auf Amandas Schoß spuckt den Schnuller aus, entblößt die glänzenden Zahnfleischleisten und gibt einen undefinierbaren Laut von sich.
    Unter Georgias Augen haben sich winzige Schweißperlen gebildet, sie sagt: »Na gut. Ich nehme das Badeöl!«, und lässt ihr angespanntes Kichern klingeln.
    Bunny krempelt die Ärmel hoch und füllt das Bestellformular aus.
    »Eine Flasche marokkanisches Rosenbadeöl für die bezaubernde Georgia.«
    Bunny lächelt Georgia an, Georgia sieht ihm in die Augen und lächelt zurück, und Bunny weiß sicherer als sonst irgendwas auf der Welt, ohne Arroganz oder Selbstüberschätzung, dass er Georgia auf der Stelle nageln könnte. Amanda auch. Bei Zoë müsste er sich etwas mehr ins Zeug legen, aber Georgia würde die Beine breit machen, todsicher.
    »Und jetzt, meine Damen, darf ich Ihnen einige exklusive Herrenprodukte präsentieren. Vielleicht ein kleines Geschenk für den Göttergatten?«
    Die drei Frauen sehen einander an und prusten los.
    »Haben Sie vielleicht ein Gesichtspeeling mit Glassplittern drin?!«, fragt Zoë.
    Und Amanda: »Oder ein marokkanisches Säurebad?«
    »Höre ich da etwa ein paar Eheproblemchen heraus?«, fragt Bunny.
    »Jetzt nicht mehr!«, erwidert Amanda oder Zoë, und sie schlagen solidarisch miteinander ein.
    Bunny sieht Georgia an. »Aber bei Ihnen doch nicht etwa auch?«
    Georgia nickt. »Weg«, sagt sie.
    »Wie? Weg weg?«, fragt Bunny.
    »Jep. Weg weg«, antwortet Georgia.
    Bunny beugt sich vor, und die Schmalzlocke schlängelt sich über seine Stirn wie ein eigenständiges Wesen. »Die sind ja wohl nicht mehr ganz bei Trost, wenn ich das mal so sagen darf, meine Damen«, raunt er verschwörerisch.
    In diesem Moment watscheln zwei kleine Mädchen in die Küche, irgendwas Unbegreifliches hat die hypnotische Anziehungskraft des riesigen Plasmafernsehers im Wohnzimmer durchtrennt. Sie bleiben stehen und sehen mit Zombieaugen zu den

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