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Der Tod des Bunny Munro

Der Tod des Bunny Munro

Titel: Der Tod des Bunny Munro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Cave
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Erwachsenen empor, und eins der Mädchen zieht sich das Bikinihöschen aus der Pospalte. Dann dreht sie sich um und verschwindet wieder im Wohnzimmer, und die andere folgt ihr.
    »Entzückend«, sagt Bunny, die Frauen lachen ihr individuelles Lachen und verfallen dann in bedeutungsschwangeres Schweigen, als ändere sich plötzlich vor ihren Augen der Verlauf ihres Lebens – die alte Haut fällt ab, nässende Wunden heilen und neue, hoffnungsvolle Horizonte tun sich auf.
    Zoë zupft eine Fussel vom Hosenbein ihres schokobraunen Samtjogginganzugs.
    »Haben Sie Kinder, Mr. Munro?«
    Bunny merkt, dass er sich bei Zoë geirrt hat, er könnte auch sie vögeln, und ein kleines, graues Kätzchen schlüpft durch eine Katzenklappe in die Küche und tappt lässig durch den Raum.
    »Nennen Sie mich Bunny«, sagt er und lässt die Hände hinter dem Kopf wackeln. Er zieht die Nase in Falten und schnüffelt.
    »Haben Sie Kinder, Bunny?«, fragt Zoë.
    »Ja. Einen Jungen«, antwortet er, und mit einem unangenehmen Darmkrampf fällt ihm ein, dass sein Sohn im Auto wartet. Er sieht auf die Uhr.
    »Wie heißt er?«, fragt Georgia.
    »Bunny Junior«, antwortet Bunny mit entwaffnendem Pathos, das den Raum mit einem sanften, tief empfundenen Schmerz füllt. »Er ist das Licht meines Lebens, der kleine Kerl. Mit ihm geht die Sonne auf, und mit ihm geht sie unter.«
    »Und Mrs. Munro?«, fragt Zoë, beugt sich vor und holt tief Luft. Bunnys Kennerblick entgeht nicht, dass Zoës Brüste keinerlei Zugeständnisse an die Schwerkraft machen, als wären sie aus Granit oder Stein gemeißelt.
    »Nicht mehr da«, sagt Bunny, und dabei schnürt sich ihm unerwartet die Kehle zu.
    »Wie?«
    Georgia gibt Zoë einen Klaps auf den Arm. »Sei doch nicht so neugierig!«
    »Sie ist verstorben«, sagt Bunny. »Erst vor Kurzem.«
    »Nein«, sagen die drei Mütter im Chor.
    Georgia berührt mit den Fingerspitzen ihren Mund, sagt: »Oh, Sie Ärmster«, und will eine Hand auf die von Bunny legen, widersteht dem Impuls dann aber.
    »Glauben Sie mir, es war nicht einfach«, sagt Bunny und blickt über die Schulter.
    »Nein«, erwidern die Frauen, »natürlich nicht.«
    Bunny hebt sein Weinglas und hat das schaurige Gefühl, dass das hier nicht allein sein Szenario ist, noch nicht einmal das der drei Frauen, sondern dass alle nach den Spielregeln eines Fünften tanzen, und er blickt noch einmal über die Schulter, um zu sehen, ob da jemand ist.
    »Spüren Sie das?«, fragt Bunny und zieht die Schultern fast bis zu den Ohren hoch.
    Die Frauen sehen ihn fragend an.
    »Diesen kühlen Hauch, der durchs Zimmer geht?«, sagt er und dreht sich noch einmal um, aber dann hebt er sein Glas und sagt: »Auf das Leben!« Seine Hand zittert, und etwas Wein schwappt über und sickert in den Ärmelaufschlag seines Hemds.
    »Auf das Leben!«, sagen die Frauen und sehen einander an.
    »Und all den Mist, den es so mit sich bringt«, fügt Bunny hinzu, stürzt den Wein hinunter und fragt dann noch einmal: »Sind Sie sicher, dass Sie nichts merken?«
    Schaudernd blickt Bunny hinter sich. Er sieht auf die Uhr, aber die Ziffern verschwimmen vor seinen Augen. Er zieht sein Jackett an.
    »Ich muss los, meine Damen«, sagt er, und die drei protestieren. »Nun, Mädels, ich muss schließlich meine Brötchen verdienen«, sagt Bunny und zieht den Jackettkragen hoch. Er merkt, wie sich ein Dunstkringel von seinen Lippen hochkräuselt wie ein Fragezeichen.
    »Haben Sie das gesehen?«, fragt er, zieht ein paar Visitenkarten aus der Brusttasche seines Jacketts und gibt sie Zoë und Amanda.
    »Unsere Produkte treffen innerhalb von zehn Werktagen bei Ihnen ein. Wenn Sie irgendetwas brauchen, dann … äh … zögern Sie nicht, mich anzurufen. Okay? Es … äh … es war mir ein absolutes Vergnügen«, sagt er.
    Bunny wendet sich Georgia zu und nimmt sie durch einen trüben Schleier wahr. Georgia sieht Bunny an, ihre violetten Augen sind Brunnen des Mitgefühls.
    »Ähm, hier ist meine Karte. Bitte verlieren Sie sie nicht, und … äh … wenn ich irgendwas … also ich meine, egal was für … äh … für Sie tun kann, bitte rufen Sie mich jederzeit an. Zu jeder Nacht- und … äh … Sie wissen schon … Tageszeit.«
    Georgia legt eine Hand auf die von Bunny. »Was ist denn?«, fragt sie, nimmt ein Kleenex aus ihrer Handtasche und reicht es ihm. Er erkennt, dass der metallisch glänzende Pilz vorn auf ihrem T-Shirt ein Atompilz ist, und es läuft ihm kalt den Rücken runter.
    »Sie haben … äh

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