Der Tod des Bunny Munro
Junge sagt: »Sie … geht … oft … mit … einem starken … Gefühl … des … Friedens … einher«, und nimmt ein Taschentuch aus dem Handschuhfach, und zusammen tupfen sie auf dem staubigen, kleinen Kratzer am Knie seines Vaters herum. »Na prima«, sagt der Junge.
Bunny parkt den Punto vor einem baufälligen Bungalow auf dem Hügel zwischen Peacehaven und Newhaven – der Wohnsitz von Miss Mary Armstrong, dem letzten Namen auf der Liste. Der Vorplatz ist von Unkraut überwuchert, und überall steht irgendwelcher Plunder herum – kaputte Haushaltsgeräte, Möbel und sonstiger Schrott – ein Kühlschrank, ein Staubsauger, eine Waschmaschine, eine Badewanne voll vergilbter Zeitungen, ein aufgerissenes Kajak, ein ramponiertes Chesterfield-Sofa und ein Motorrad, zerlegt und vergessen. In der Mitte des Hofs steht eine groteske abstrakte Skulptur aus zusammengeschweißten Stahlteilen und Plastikstreifen, besprüht in knalligen Farben.
»Was für eine Dreckshütte«, sagt Bunny. »Es wird einfach immer schlimmer.«
Drei Namen waren auf der Kundenliste noch übrig gewesen, aber die anderen beiden hatten sich als Reinfall und absolute Zeitverschwendung erwiesen.
Die Erste war eine Mrs. Elaine Bartlett, die im vierten Stock eines Wohnblocks in Moulsecombe wohnte. Auf dem Boden des einzigen funktionierenden Aufzugs hatte ein völlig weggetretener Junge mit einer Burberry-Kappe auf dem Kopf gelegen, in der einen Hand eine Dose Pure and Simple, in der anderen eine Tesco-Tüte. Das wäre normalerweise halb so wild gewesen, hätte er nicht seinen Darminhalt in seine Shorts entleert, die bis zu den dürren kleinen Knöcheln runtergezogen war. Der Junge hatte es fertiggebracht, mit grüner Sprühfarbe ›BIN EIN TRAURIGER ARSCH‹ an die Aufzugwand zu schreiben, was Bunny ziemlich heldenhaft fand. Bunny stieg in den Aufzug ein und sofort wieder aus und sah zu, wie sich die Türen rüttelnd schlossen. Er spielte kurz mit dem Gedanken, die vier Stockwerke zu Mrs. Elaine Bartletts Wohnung zu Fuß zu gehen, merkte aber dann – was ihm hoch anzurechnen ist –, dass das in seinem gegenwärtigen Zustand einfach nicht drin war, und torkelte wieder zurück zum Punto.
Der nächste Name auf der Liste, eine Mrs. Bonnie England, die in einer verklinkerten, klobigen Doppelhaushälfte in Bevendean wohnte, war nicht zu Hause, sagte jedenfalls der Typ, der die Tür aufmachte und behauptete, ihr Mann zu sein. Das war glatt gelogen, denn die Frau in der fleckigen Schürze, die neben ihm stand, war ganz offensichtlich Mrs. Bonnie England. Bunny wollte nicht darauf rumreiten, in erster Linie, weil Mrs. Bonnie England das wandelnde Gegenstück des siffigen Aufzugs in Moulescombe war – sie hatte die Proportionen und den Sexappeal eines Dixie-Klos, und bei ihrem Anblick drehte sich einem der Magen um. Bunny hatte sich einfach nur höflich für die Störung entschuldigt (der Mann war so der Typ Choleriker mit knallroter Birne, und Bunny hatte einfach keine Lust mehr auf Dresche), war respektvoll zurückgetreten und über die Mülltonnen gefallen. Rücklings auf dem Betonweg liegend, sah Bunny, wie Mrs. Bonnie England und ihr Mann ihn Händchen haltend auslachten.
»Autsch«, sagte Bunny.
Während Bunny zum Punto zurückhumpelte, sah er völlig überrascht die reifen Rundungen von River – der Kellnerin aus dem Frühstücksraum im Grenville Hotel –, die in ihrer violetten Ginham-Uniform mit weißem Kragen und weißen Ärmelaufschlägen die Straße entlangging.
Er rieb sich die Augen, als sähe er Gespenster, als wäre sie eine Fata Morgana oder eine visuelle Täuschung oder so was. Sie schien aus einem anderen Leben zu kommen, aus einer unkomplizierteren und glücklicheren Zeit, und sein Schwanz machte einen Freudensprung bei der Erinnerung an sie, sein Herz hämmerte wie eine Marschtrommel, und er brach in Tränen aus.
»Hey!«, rief Bunny, rannte zu ihr hin und tupfte sich die Wangen ab. »Was machst du denn hier, River?«
River sah Bunny an und schrie. Ohne nach links und rechts zu sehen, machte sie in großem Bogen kehrt, ging schneller und sah immer wieder verstört über die Schulter.
»Hey!«, rief Bunny. »Ich bin’s doch! Bunny.«
River begann zu rennen, und alles an ihr wabbelte und pulsierte unter ihrer violetten Ginham-Uniform.
»Hey, ich hab eine Menge durchgemacht in letzter Zeit!«, sagte Bunny, die Arme von sich gestreckt.
»Bleib mir vom Leib!«, schrie sie. »Bleib mir bloß vom Leib, du widerlicher
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