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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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nicht
vergessen. Der Kerl ist handgreiflich geworden. Hat Frank ein blaues Auge
geschlagen. So was vergißt man nicht so leicht.«
    »Du lieber Gott! Wann war denn das?«
    »Vor zwei Monaten ungefähr. Unmittelbar
vor Franks Urlaub. Er ist dann früher gefahren, damit er nicht noch einmal ins
Museum gehen und Erklärungen abgeben mußte.«
    Ich erinnerte mich, daß Frank sich am
Freitag vor dem Beginn seines Urlaubs krank gemeldet hatte. Ich hatte das
damals für einen Vorwand gehalten, damit er mit seiner Familie früher abreisen
konnte. Diese Geschichte jedoch warf ein neues Licht auf seine Abwesenheit und
leider auch auf Jesses Beziehung zu unserem ehemaligen Direktor. Jesse hatte
zugegeben, daß er mehrmals mit ihm in Streit geraten war — aber Tätlichkeiten?
Mir fiel wieder Jesses Jähzorn ein. Wie viele solcher Streitigkeiten hätte es
wohl gebraucht, um zu bewirken, daß er sich vergaß?
    Maria kam zurück und knallte die Tür
zu. Sie ging bis zur Mitte des Zimmers, dann blieb sie mit blitzenden Augen
stehen.
    »Ich hab gehört, was ihr über Jesse
gesagt habt.«
    Rosa seufzte. »Maria, Roberto hat doch
nur erzählt, wie es war.«
    »Er hatte kein Recht dazu! Wozu braucht
sie« — sie wies auf mich — »das zu wissen?«
    »Warum regt dich das so auf?«
    »Weil es ein schlechtes Licht auf
meinen Verlobten wirft.« Robert hielt einen Moment die Luft an und begann dann
zu husten.
    »Seit wann ist er dein Verlobter?«
fragte Rosa.
    »Seit gestern. Mein Onkel ist tot. Er
kann mich jetzt nicht mehr daran hindern zu heiraten.«
    Rosas Gesicht lief rot an.
    »Hast du überhaupt keinen Respekt? Das
Andenken deines Onkels so — «
    »Warum sollte ich Respekt haben? Hatte
er vielleicht Respekt für mich, für meine Liebe zu Jesse?«
    Robert sprang auf, doch Rosa zog ihn
wieder auf das Sofa. »Maria«, sagte sie ruhig, »die Kinder brauchen dich.«
    »Die Kinder! Irgend etwas ist immer.«
    »Maria, geh jetzt und sieh nach den
Kindern.«
    »Ich hab es satt — «
    »Geh jetzt!«
    Ich hätte vor dem Zorn in Rosas Blicken
schleunigst die Flucht ergriffen. Doch Maria lachte nur verächtlich und
wackelte dann betont langsam durch den Torbogen aus dem Zimmer. Wenig später
fiel krachend eine Tür zu, und Rosa brach in Tränen aus.
    Jetzt war es an Robert, Rosa die Hand
zu tätscheln. Ich rutschte unbehaglich auf meinem Sitzkissen hin und her, sah
verstohlen auf die Uhr und überlegte, wie ich mich jetzt am besten davonmachen
könnte. Marias Demonstration von Trotz und Verachtung hatte mich überrascht.
Solange Frank noch gelebt hatte, war sie mürrisch und unfreundlich gewesen,
doch ihr Widerstand hatte sich auf schnippische Bemerkungen und wütende Blicke
beschränkt, wenn er nicht dabei war. Sein Tod hatte offenbar die ganze
angestaute Wut freigesetzt.
    Oder hatte die Freisetzung der Wut, aus
welchem Grund auch immer, zu seinem Tod geführt?
    »Sie ist undankbar«, sagte Robert zu
Rosa.
    Rosa seufzte. »Vielleicht waren wir zu
hart mit ihr.«
    »Mit Mädchen dieses Typs muß man hart
sein. Ihr habt sie bei euch aufgenommen. Ihr habt ihr eine Chance gegeben, ihre
Fehltritte wiedergutzumachen. Und so dankt sie euch dafür!«
    Ihre Fehltritte? Ich hüllte mich in
Schweigen.
    »Vielleicht, wenn sie in Mazatlan
geblieben wäre«, meinte Rosa. »Wenn sie den Jungen geheiratet, ihr Baby
bekommen hätte...«
    »Der Junge wollte sie nicht heiraten.
Er behauptete, jeder könne der Vater sein — und Maria gab das auch zu.«
    »Aber eine Abtreibung!« Rosa
bekreuzigte sich. »Als meine Schwester es erfuhr, war sie außer sich.«
    Plötzlich fiel Roberts Blick auf mich.
Bis zu diesem Augenblick hatten sie miteinander gesprochen, als hätten sie
meine Anwesenheit völlig vergessen.
    »Das ist jetzt alles aus und vorbei«,
erklärte er mit Entschiedenheit. »Sie ist zu euch gekommen und hat sich in der
Handelsschule gut gemacht. Sie hat eine gute Stellung. Wenn sich der Unsinn mit
diesem Jesse erst gelegt hat, kommt alles wieder ins Lot. Im Moment ist sie
wahrscheinlich einfach wegen Franks plötzlichem Tod durcheinander — genau wie
wir alle.« Während er sprach, sah er mich die ganze Zeit unverwandt an.
    »Ja, Rosa«, sagte ich. »Maria ist noch
sehr jung. In ihrem Alter machen wir alle Fehler. Ich weiß noch — « Hier brach
ich ab. Mir fiel nichts ein, was ich in diesem Alter Schlimmeres angestellt
hatte — und wäre mir etwas eingefallen, so hätte ich es diesen Leuten nicht
sagen wollen.
    Ich stand auf, nahm Rosa kurz in

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