Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden
häufig auf Kosten des Museums gereist war.
Hatte er all diese Kunstgegenstände in
die Vereinigten Staaten eingeschmuggelt? Nein, das wäre unnötig gewesen, die
meisten fielen nicht unter die Kategorie nationaler Kunstschätze. Und jene, die
darunter fielen, gehörten zu der Sorte, die an Museen verkauft werden durfte.
Und Tony hatte ja beweisen können, daß er unser Vertreter war. All diese
Kunstgegenstände waren wahrscheinlich legal gekauft worden — mit Geldern des
Museums, davon war ich überzeugt.
Nur war ich eigentlich
diejenige, die für alle Neuerwerbungen zuständig war.
Ich hatte mich bemüht, mit unserem
Bestand zurechtzukommen. Ich hatte Stunden damit zugebracht, mir neue und
reizvolle Arrangements für dieselben alten Stücke auszudenken. Ich träumte
häufig in der Nacht davon, ein paar wirklich gute Landschaften der
Reformperiode zu erwerben. Und indessen war Tony erster Klasse nach Südamerika
geflogen und hatte wie es schien, nach Herzenslust eingekauft. Aber nicht etwa,
um die Bestände unseres Museums zu verbessern. Ich wußte, daß nie beabsichtigt
gewesen war, diese Stücke in unseren Räumen auszustellen.
Mir fiel die Aufstellung ein, die ich
am Tag von Franks Ermordung in seinem Schreibtisch gefunden hatte, die Liste
mit den Namen und den Beträgen. Die Beträge paßten ungefähr zu dem Wert, den
ich einigen dieser Gegenstände hier gegeben hätte. Die Namen bezeichneten
wahrscheinlich die Käufer. Während ich da auf der Kiste hockte und die
hinterhältigen Machenschaften immer klarer durchschaute, regte sich neuer Zorn
in mir.
Während das Museum um sein Überleben
kämpfte, nicht das Geld aufbringen konnte, um einen anständigen Katalog drucken
zu lassen, Sicherheitsleute einzustellen oder auch nur die Stromrechnung zu
bezahlen, hatten sein Direktor, sein Geschäftsführer und der pädagogische
Berater in aller Heimlichkeit die dringend benötigten Gelder für ihre eigenen
dunklen Geschäfte abgezweigt. Frank, der die nötige Erfahrung besaß, hatte die
Quellen ausfindig gemacht, wo noch gute Kunst zu kaufen war. Er selbst konnte
natürlich nicht zu oft abwesend sein. Deshalb hatte er Tony, einen
Angestellten, der so unbrauchbar war, daß man ihn kaum vermissen würde, auf
Reisen geschickt. Und Susana hatte ihn gedeckt; kein Mensch hätte ein so
albernes Ding wie sie des gerissenen Betrugs verdächtigt. Und Vic — er hatte
die Schecks unterschrieben. Robert? Der hatte wahrscheinlich nur mitgemacht, um
von der Cleverness seines Bruders zu profitieren.
Frank hatte vermutlich keine
Schwierigkeiten gehabt, Käufer für seine Ware zu finden. Er hatte lange Zeit
eine Galerie geleitet. Er kannte die einheimischen Sammler. Vielleicht diente
ihm die Galerie sogar als Umschlagplatz; vielleicht ließ er die Sachen vom
neuen Eigentümer verkaufen und gab ihm dafür eine Provision. Wer war überhaupt
der neue Eigentümer? Ich erinnerte mich düster, daß Frank an eine Frau aus Los
Angeles verkauft hatte. Oder hatte er vielleicht gar nicht verkauft?
Das wollte ich jetzt herausfinden. Ich
würde nicht zulassen, daß diese Leute mein Museum für ihren eigenen Profit
zugrunde richteten.
Aber wo war die Verbindung zu Franks
Ermordung? Hatte sich einer der miesen Betrüger mit ihm entzweit? Wenn ja — Tony?
Er schien zu dumm, um überhaupt auf einen solchen Plan zu kommen; aber
vielleicht war die Dummheit genauso Verstellung wie Susanas kindische
Albernheit. Vic? Schwer vorstellbar, aber ich erfuhr ja jeden Tag Neues über
Vic. Robert? Noch unvorstellbarer; er war Franks Bruder. Aber nun ja,
Brudermord gab es seit Urzeiten.
Blieb außerdem natürlich noch die
Frage, was mit diesen Kunstgegenständen geschehen sollte. Ich hatte keine
Ahnung.
Ich stand auf und machte mich daran,
alles wieder einzupacken. Niemand durfte erfahren, daß ich die Sachen entdeckt
hatte. Vorläufig jedenfalls nicht. Als ich fertig war, nahm ich die
Taschenlampe und legte sie wieder an den Platz, wo ich sie gefunden hatte. Dann
ging ich in mein Büro hinauf, setzte mich an meinen Schreibtisch und überlegte.
Nach einer Weile wurde ich so ruhelos, daß ich aufstehen und herumlaufen mußte.
»Was zum Teufel soll ich tun?« murmelte
ich vor mich hin. »Was soll ich nur tun?«
»Elena?« Es war Isabel. Ihre Stimme
verriet Beunruhigung. Sie stand stirnrunzelnd an der Tür. »Elena, ist alles in
Ordnung?«
»Nein. Nichts ist in Ordnung.«
Sie kam ins Zimmer und schloß die Tür.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
»Da
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