Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden
aus.
»Sie wußte auch von dem Schwindel.«
»Aber trotzdem — Susana?«
Ich zuckte die Achseln.
»Ich finde, Sie sollten nicht solche
Mutmaßungen anstellen«, sagte Isabel.
»Warum nicht?«
»Das ist gefährlich.« Sie fröstelte.
»Es geht doch um Mord. Der Mörder kann ein zweites Mal zuschlagen.«
Das klang so dramatisch aus dem Mund
der kühlen, praktisch orientierten Isabel, daß ich beinahe gelacht hätte.
Sie sah die Erheiterung auf meinem
Gesicht »Das ist überhaupt nicht komisch, Elena. Ich jedenfalls werde hier in
Zukunft sehr vorsichtig sein. Und Ihnen würde ich das gleiche raten.«
»Keine Angst. Ich bin vorsichtig.«
»Mord ist eine schlimme Sache. Sie
sollten alles der Polizei überlassen.«
»Das werde ich tun. Ich muß allerdings
sagen, daß ich die Polizei mehr fürchte als den Mörder. Lieutenant Kirk
verdächtigt mich allen Ernstes.«
»Was glauben Sie, warum?«
»Na ja, es läßt sich nicht leugnen, daß
mein Streit mit Frank ziemlich übel war. Ich habe Kirk nicht gleich davon
erzählt, weil ich es nicht für wichtig hielt. Frank und ich haben ja dauernd
gestritten. Und jetzt, wo Kirk erfahren hat, wieviel wir uns gezankt haben, ist
er entschlossen zu beweisen, daß ich die Mörderin bin. Von Anfang an weigerte
er sich, mir überhaupt zuzuhören.«
»Inwiefern?«
»Na ja, zuerst sagte ich, Franks Mörder
hätte sich wahrscheinlich die Nacht über im Museum versteckt.«
»Hier versteckt?«
»Ja, warum nicht? Möglichkeiten gibt es
genug. Als mir dann klar wurde, daß doch jemand nach mir gegangen war — das
Schloß der Anlage stand nämlich am nächsten Morgen, als ich kam, in einer
anderen Position — , hat der ehrenwerte Lieutenant Kirk das einfach ignoriert.
Er behauptet, das sei ganz unmöglich, weil Franks Schlüssel am Haken hing, als
ich morgens kam.«
»Ist es wirklich unmöglich?«
»Ja.«
Isabel und ich sahen einander
niedergeschlagen an.
»Hätte ich diesen árbol de la vida doch nie gekauft«, sagte sie.
Sie machte ein so niedergeschmettertes
Gesicht, daß ich ihr die Hand tätschelte.
»Machen Sie sich keine Vorwürfe. Der
Baum ist gewiß nicht schuld daran, daß Frank getötet wurde.«
»Nein.«
Ich sah auf meine Uhr. »Es ist gleich
drei. In einer Stunde muß ich bei Kirk sein. Ich glaube, ich schicke jetzt alle
nach Hause, damit ich beim Weggehen gleich die Alarmanlage für heute nacht
einschalten kann. Ich habe ja keine Ahnung, wie lange das bei Kirk dauern
wird.« Ich stand auf. »Und vielen Dank, Isabel, daß Sie mir zugehört haben.«
»De nada. Ich wollte, ich könnte Ihnen helfen.«
»Das haben Sie schon getan.«
»Gut.« Sie stand ebenfalls auf. »Aber wirklich,
Elena, seien Sie vorsichtig hier. Ich mache mir Sorgen um Sie.«
»Das brauchen Sie nicht. Ich hab das
Gefühl, auf dem Polizeirevier ist es gefährlicher für mich als hier.«
Die Dienststelle der Polizei war nicht
weit, in der Figueroa Street neben dem Rathaus im spanischen Stil. Unterwegs
ging ich bei der Handelskammer vorbei und stellte fest, wer der gegenwärtige
Eigentümer von der Galerie war, die ehemals Frank gehört hatte. Der Name der
neuen Eigentümerin, Gloria Sanchez, kam mir irgendwie bekannt vor. Ich
beschloß, nach meinem Besuch bei der Polizei bei der Galerie vorbeizuschauen — vorausgesetzt,
Kirk fand keinen Grund, mich festzuhalten.
An einem schmutzigen kleinen Kiosk
kaufte ich mir ein belegtes Brot, dann ging ich zu Fuß in die Figueroa Street
hinüber. Die Uhr am El Mirador — dem Glockenturm des Rathauses — stand auf fünf
vor vier. Als ich mich der Polizei näherte, senkte sich wieder dieses Gefühl
des Gejagtseins über mich.
Ein uniformierter Beamter führte mich
in Kirks winziges Büro im ersten Stock. Der Lieutenant saß an seinem
Schreibtisch, wieder ganz in Braun. Sein Gesicht war so ausdruckslos wie immer.
»Kommen Sie herein, Miss Oliverez.« Er
wies auf einen Sessel vor seinem Schreibtisch.
Ich setzte mich und strich automatisch
meinen Rock über den Knien glatt.
Kirk warf einen Blick auf seinen immer
gegenwärtigen gelben Block und sagte: »Haben Sie immer noch vor, die
Eröffnungsfeier steigen zu lassen?«
»Ja, das sagte ich Ihnen doch gestern
nachmittag schon. Es ist ja auch alles bereit, nur die Lücke im Volkskunstsaal
muß gefüllt werden.«
»Ah ja?«
»Ja. Wo der Lebensbaum stand, hängen
wir jetzt einige camaleónes von Jesus Herrera auf.«
»Camaleónes?«
»Das spanische Wort für Chamäleon. Das
sind Fantasiewesen.
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