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Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)

Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)

Titel: Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stelter
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waren, waren wir auch scheiße gekleidet. Wir hatten lange Haare, trugen Parka und Clogs, aber wir hatten die klar bessere Musik!
    Anne stand auf und folgte ihrem Sohn. Wahrscheinlich hatte sie ihm zärtlich die Ohrstecker aus den Lauschmuscheln gezogen, denn ich hörte sie fragen: »Und wo ist Edda?«
    »Weiß nicht. Die war auch in der Kantine, aber die ist schon vor ’ner Stunde weg. Ich dachte, die wär hier.«
    Annes Ton wurde eine Spur besorgter. »Und du hast sie nicht gefragt, wo sie hinwill?«
    »Ey, bin ich ihr Kindermädchen?«
    Anne kam wieder ins Vorzelt und verkündete das, was ich schon wusste: »Edda ist schon vor einer Stunde aus der Kantine weggegangen!«
    »Ich weiß, ich hab’s gehört.«
    »Aber sie müsste doch schon längst hier sein!«
    »Anne, es ist genau elf Uhr. Sie kommt bestimmt jeden Moment«, versuchte ich sie zu beruhigen.
    Pause. Wir redeten nicht, nicht über Pfingsten, nicht über Edda. Wir redeten nicht. Es war ja erst elf Uhr. Ich stand auf und nahm meine Jacke vom Haken.
    »Wo willst du hin?«
    »Ich geh noch mal in die Kantine und zum Spielplatz.«
    »Warte, ich komme mit. Tristan? Tristaaan?«
    Eine Basecap mit einem coolen Gesicht darunter erschien in der Wohnwagentür. »Was is’?«
    »Du bleibst hier«, informierte ihn Anne. »Wir gehen mal eben nach Edda schauen. Wenn sie kommt, soll sie hierbleiben, sie soll nicht loslaufen und uns suchen! Hast du das verstanden?«
    »Ich bin doch nicht blöd.«
    Drei Minuten nach elf. Edda war eigentlich immer pünktlicher als Tristan. Sie war immer vor der Zeit wieder zurück. Wir gingen schweigend über den Platz. Anne sagte nichts. Ich sagte nichts. Der Platz war ruhig. Unsere zwölfjährige Tochter war allein auf diesem Platz unterwegs, es war nach elf. Irgendwer hatte hier einen Menschen umgebracht, und der lief verdammt noch mal frei rum.
     
    In der Kantine saßen ein paar Leute am Tresen und tranken Bier oder Genever. Einige ältere Jungs standen am Billardtisch und genossen die Blicke von blonden Mädchen, die allesamt aussahen, als wären sie der Ansicht, Paris Hilton sei eine Stil-Ikone.
    Edda war nicht da!
    »Wir suchen getrennt«, schlug ich Anne vor. »Du gehst bei den Eltern von Ines vorbei und bei Babette. Vielleicht spielt sie noch irgendwas mit Sabrina und hat nicht auf die Uhr gesehen. Ich klappere noch mal die Spielplätze ab.«
    Wenn die Kids auf den Spielplätzen »abhängen«, dann hört man das. Abhängen ist eine ziemlich laute Angelegenheit. Ich hörte nichts. Ich rief halblaut ihren Namen, doch ich bekam keine Antwort. Vielleicht war es der falsche Spielplatz. Ich lief zum Bolzplatz direkt hinter Johnnys Supermarkt. »Edda? … Edda?«
    Nach einer kleinen Ewigkeit vernahm ich die Stimme meiner Tochter. »Ääh ja? Hier!« Sie kam von der kleinen Parkbank, auf der sich sonst Väter und Großväter niederlassen, um ihrem Nachwuchs beim Kicken zuzusehen. »Ist es schon nach elf? ’tschuldigung!«
    Ein ungefähr eins siebzig langer Schatten, dessen Hose in etwa so weit unten hing wie die von Tristan, verschwand hastig und wortlos durch die Hecke. Selbst in dem nur spärlich durch die Straßenlaterne am Supermarkt aufgehellten Dunkel erkannte ich, dass Eddas Wangen gerötet waren.
    »Na, mein Schatz, Uhrzeit vergessen?« Ich versuchte, ein Schmunzeln zu verbergen. »Na, dann komm. Aber morgen bitte wieder pünktlich. Mama macht sich große Sorgen.«
    »Du nicht?«, fragte sie.
    »Doch, ich auch.«
    Wir trafen Anne, als sie gerade aus Babettes Vorzelt kam. »Da bist du ja!«
    Kein weiteres Wort, kein Vorwurf. Im letzten Jahr hätten wir wohl gesagt: »Sie ist ja auf dem Platz.« Aber der Platz hatte seine Unschuld verloren.
     
     

25
     
     
     
     
    Sein schlechtes Gewissen machte ihm zu schaffen. Piet steckte den Schlüssel ins Schloss. Das hatte schon mal fast geräuschlos funktioniert. Jetzt musste er ihn nur noch eineinhalb Mal nach rechts drehen, und die schwere Haustür würde sich leise öffnen.
    Weit gefehlt! Er vernahm die metallischen Geräusche des Schlüssels im Schließzylinder in einer Lautstärke, als würden riesige verrostete Zahnräder nach Jahren versuchen, ohne jegliches Schmiermittel ineinanderzugreifen. Die Tür öffnete sich. Die eichenen Schiffsbohlen auf dem Fußboden knarzten wie sich öffnende Särge in billigen Horrorfilmen. Es war schlichtweg unmöglich, dass Juliana entging, dass er soeben den Hausflur betreten hatte.
    Trotzdem versuchte er, geräuschlos wie Chingachkoog an

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