Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)
Träumen irgendwelche Gangster flohen, Fußballspiele wiederholt wurden oder ganze Spielfilme vor seinem inneren Auge abliefen – spannende Filme oder gruselige, manchmal waren sie auch durchaus pornografischer Natur.
Zwanzig nach sieben. Piet stand fast senkrecht im Bett, als es klingelte. Er brauchte einige Sekunden, um sich zu erinnern, dass das Telefon bereits erfunden worden war und dass dieser nervige Klingelton ihn an sein Handy locken sollte. »Ja?«, meldete er sich schlaftrunken.
»Piet?« Annemieke klang im Gegensatz zu ihrer sonstigen Gewohnheit ziemlich aufgeregt.
»Natürlich!«
»Bist du schon wach?«
»Jetzt ja«, sagte er trocken. »Kannst du mir endlich sagen, warum ich schon wach sein muss?«
»Kann ich«, sagte sie. »Wir haben wieder einen Toten auf de Grevelinge . Oder besser gesagt: eine Tote. Es handelt sich um eine Frau.«
Piet spürte, wie sich ein dickes Tau um seine Eingeweide zog. Isabelle?
»Ich bin in vier Minuten auf dem Platz«, sagte Annemieke.
»Ich bin auch gleich da. Ich muss mir nur eben eine Zahnbürste in den Rachen schieben.«
Er wollte schon auflegen, als Annemieke noch etwas hinzufügte. »Ääh, Piet?«
»Was ist denn?«
»Nimm den Wagen.«
Er legte auf. In Windeseile sprang er in die Klamotten, die neben seinem Bett auf dem Fußboden lagen. Er machte sich nicht die Mühe, im Schrank ein neues Hemd zu suchen, ging nur kurz ins Bad und war zwei Minuten später schon auf der Treppe, nur um sofort wieder umzukehren. Wo war dieser Scheiß-Autoschlüssel?
Es dauerte endlose Minuten, bis er ihn fand. Der Schlüssel lag in der obersten Schublade der Flurkommode, da, wo er hingehörte. Aber wie hätte er darauf kommen sollen, dass er auch tatsächlich dort lag?
Piet rannte die Treppe hinunter, lief um die Straßenecke zu seinem alten Landrover Defender. Er war sich sicher, dass er nicht anspringen würde. Doch der große Motor verrichtete sofort willig seinen Dienst, nachdem Piet den Zündschlüssel umgedreht hatte. Gutes altes Mädchen! Hatte ihm seine Untreue nicht übel genommen!
Piet verließ Middelburg auf der Landstraße Richtung Grijpskerke, und jeder Drempel führte ihm vor Augen, dass die Fahrwerksqualitäten eines achtzehn Jahre alten Defender nicht mehr dem Stand der heutigen Technik entsprachen. Nun gut, diese lustigen Hubbel in der Straße waren ja angebracht worden, damit man langsamer fuhr. Er hätte ja auch die vorgeschriebenen fünfzig Stundenkilometer einhalten können. Piet tat es nicht, er raste mit achtzig in die Ortschaft Buttinge und wäre beinahe mit dem Kopf gegen das unverkleidete Dach des Geländewagens geknallt. Das hätte seinen rasenden Kopfschmerz noch verschlimmert. Isabelle!
Wenige Minuten später hielt er mit quietschenden Reifen an der Rezeption des Campingplatzes, weil ihm ein uniformierter Polizist ein Handzeichen gegeben hatte.
»Wissen Sie, wo die Tote gefunden worden ist?«, fragte Piet hastig. »Steigen Sie ein!«
Ein nichts ahnender Camper sprang im letzten Moment zur Seite. Der Inhalt seiner Brötchentüte kullerte über den Asphalt. Immerhin, er hatte nur sein Frühstück, nicht aber sein Leben verloren. Piet jagte um die letzte Kurve, stellte den Motor ab, sprang aus dem Wagen, hastete über das Feld und stand nur Sekunden später an der Gracht.
Neben den Kopfschmerzen plagte ihn nun auch noch ein schlechtes Gewissen. Es war ein grausiger Anblick. Aber Piet war erleichtert und ärgerte sich gleichzeitig, dass er diese Erleichterung empfand. Es war nicht Isabelle. Es war eine bedauernswerte Frau um die vierzig. Wahrscheinlich hatte sie eine Familie, und diese Familie war noch viel mehr zu bedauern. Die Position der Leiche verdeutlichte nur zu sehr, dass es derselbe Täter war oder dass die Polizei dies zumindest denken sollte.
Annemieke trat auf den schwer atmenden Inspecteur zu. »Die Spurensicherung wird in wenigen Minuten hier sein«, berichtete sie. »Wir haben alle Personalien aufgenommen und werden die Leute jetzt vom Tatort entfernen.«
Piet ging ein paar Schritte auf das Ufer der Gracht zu. Ein weißes Seil mit roten und blauen Fäden. »Mein Gott! Was ist das für ein Satan. Habt ihr ihren Namen? Sie muss Angehörige hier auf dem Platz haben. Ich meine, man fährt nicht allein auf einen Campingplatz.«
»Sie heißt Andrea Hinrichs oder Heinrichs, und sie ist wohl mit ihrem Freund und seiner Tochter hier. Die Tochter ist um die vierzehn. Vermeer ist unterwegs zur Rezeption, er besorgt die Personalien und
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