Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Mildred. Ein Mann überlebt nicht lange, wenn er nicht augenblicklich die Frau zu identifizieren weiß, die er berührt.
Schnell ging er ins Badezimmer, um sich bestätigen zu lassen, was er bereits ahnte – dass Mildred nicht mehr da war.
Dann setzte er sich mit der falschen Mildred auf die Tagesdecke und betrachtete sie lange.
Schließlich ließ er seinen Daumen über dem
Play-
Knopf kreisen.
Und drückte drauf.
2
Einen schönen Tag, Andy.
Erstaunt, meine Stimme zu hören?
Natürlich, aber wahrscheinlich nicht so erstaunt, wie es ein gewöhnlicher Sterblicher wäre. Denn Ihre Fähigkeit, mit langen Schritten eine Richtung anzusteuern, für die es nicht den geringsten Grund gibt, dazu natürlich Ihre Zielstrebigkeit haben mich dazu veranlasst, mit Ihnen auf diese Weise Kontakt aufzunehmen.
Ich weiß, Sie hassen lose Fäden, Sie hassen Geschichten ohne Ende – genau wie ich. Also lassen Sie mich wie der allwissende, allsehende Autor eines alten Romans hinter den von ihm geschaffenen Kulissen hervortreten und den Leser direkt ansprechen, um diese Geschichte für Sie zu Ende zu bringen. Dabei handelt es sich keineswegs um einen simplen Akt meines aufgeblasenen Egos, dessen Sie mich in der Vergangenheit bezichtigt haben. Denn lässt man Sie wie gewohnt machen, besteht die große Gefahr, dass Sie beträchtliche Kollateralschäden hinterlassen, wenn Sie auf Ihrem geläufigen Elefantenweg zu den sonnigen Hochlanden der Erkenntnisse marschieren, die ich Ihnen jetzt eröffnen werde – Schaden für mich selbst, ich gebe es zu, aber auch und wichtiger noch für Peters Karriere, für das Leben mehrerer anderer, die ich zu lieben gelernt habe, für die Zukunft und den Ruf des lieben, kleinen Sandytown, das in jüngster Zeit so schwere Tiefschläge hat einstecken müssen, und vielleicht sogar Schaden für Sie.
Soll die Feder anderer von Schuld und Elend berichten. Ich werde mich mit solch verabscheuenswürdigen Themen nicht abgeben, meine Ungeduld treibt mich dazu, jedem, der selbst nur wenig Schuld auf sich geladen hat, angemessene Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen. Mich selbst eingeschlossen. Das hier ist keine Beichte. Ich habe kein Verbrechen begangen, zumindest keines, das so gravierend wäre, damit mir von einem so großmütigen Richter, wie Sie es sind, nicht verziehen werden könnte.
Zuerst etwas Autobiographisches, um Ihre Spekulationen zu bestätigen oder weiterzuspinnen. Ich ging nach Europa, um Heilung zu finden, ohne mich sonderlich dafür zu interessieren, in welcher Form ich sie finden sollte. Letztendlich aber ist der Tod das Heilmittel aller Gebrechen, nicht wahr? Ich fand einen Arzt, dem das Leben seiner Patienten so gleichgültig war wie mir das meine. Für ihn war jeder Tod ein notwendiger Schritt auf dem Weg zu größerer Erkenntnis. Ich will die Monate der Schmerzen und des Kampfes, die darauf folgten, überspringen. Es geht mir nicht darum, Ihr Mitgefühl zu wecken. Sollten Sie daran interessiert sein, ich habe Peter einige Einzelheiten dazu mitgeteilt, etwas nebulös natürlich, da ich ihn nur mit der Hoffnung auf Wiederherstellung, nicht mit deren Tatsache entlassen konnte. Es mag genügen, wenn ich sage, dass ich wieder zu gehen gelernt habe. Nichts wäre mir lieber gewesen, Dr. Meitler, meinen Retter, mit Lob und Dankbarkeit zu überschütten und zu fordern, dass seine bahnbrechenden Techniken weltweit anerkannt und weiterentwickelt würden. Leider war ihm sein eigenes Wohlergehen so gleichgültig wie das seiner Patienten, sein Labor war eine Feuerfalle, und während ich gerade lernte, aus meinem Rollstuhl zu kriechen, gingen der gute Doktor und all seine Forschungsaufzeichnungen in Flammen auf.
Also hielt ich den Mund. Mein Motiv dazu war zunächst Eitelkeit. Ich wollte völlig wiederhergestellt sein, wenn ich vor jenen, die mich kannten, erschien. Ich wollte sie in Erstaunen versetzen! Doch im Lauf der langen Monate, in denen ich zu meinen alten Kräften zurückfand, erkannte ich, dass es von Vorteil sein konnte, meine Veränderungen für mich zu behalten. Bei Reisen, zum Beispiel. Wie ich Ihnen erklärt habe, war davon auszugehen, dass ich unter den gegenwärtigen Verhältnissen nie mehr würde nach Amerika einreisen können. Aber sollte ich ein anderes Erscheinungsbild, eine andere Identität für meine aufrecht wandelnde Person finden …
Meine Gedanken waren noch recht wirr, als ich zum Davoser Avalon zurückkehrte, und vielleicht hätte ich dem Klinikchef, Dr. Kling, mit
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