Der Tod ist mein Beruf
gießen. "Und wenn er rausgeschmissen wird", sagte "Zigarettenpapier", ohne sein Lächeln aufzugeben, "bist du dran schuld."
Ich sah auf den rechteckigen Fleck an der Wand, stellte fest, daß dort früher ein Bild gehangen hatte, und fragte mich, warum man es wohl weggenommen hatte. Schrader stieß mich mit dem Ellenbogen an und ich hörte mich antworten: "Und?"
"Das ist ganz einfach", sagte "Zigarettenpapier", "du machst, was der alte Karl gesagt hat."
Schrader spielte auf dem Tisch mit den Fingerspitzen Klavier, und ich sagte: "Nein."
Schrader hörte auf, Klavier zu spielen, und legte beide Hände flach auf den Tisch. Ich sah "Zigarettenpapier"
nicht an, aber ich fühlte, daß er lächelte. "Schweinehund", sagte er leise. Und plötzlich begriff ich: Es war kein Gemälde gewesen, das man von der Wand abgenommen hatte. Es war das Bild des Kaisers gewesen. In der nächsten Sekunde gab es ein klatschendes Geräusch, und im Saal entstand Totenstille. Schrader stand auf und packte mich am Arm. "Du bist verrückt!"
schrie er. "Zigarettenpapier"
stand da und wischte sich mit dem Ärmel das Gesicht ab. Ich hatte ihm meinen Becher Tee ins Gesicht gegossen. Er sah mich an, seine Augen funkelten, er stand von seinem Stuhl auf und kam auf mich zu. Ich rührte mich nicht. Schraders Arm bewegte sich zweimal nacheinander blitzartig an mir vorbei, zwei dumpfe Schläge waren zu hören, und "Zigarettenpapier"
wälzte sich auf dem Boden. Alle standen auf, ein grollendes Gemurr erhob sich, und mir war, als ob der ganze Saal über uns zusammenschlüge. Ich sah, wie Schraders Hände sich um seinen Stuhl krampften. Die Stimme des alten Karl rief: "Laßt sie rausgehen!"
Und mit einemmal öffnete sich für uns ein Weg zur Tür hin. Schrader nahm mich beim Arm und zog mich mit sich fort. Schrader ging in den Waschraum, um sich die Hände zu waschen. Seine Fingergelenke bluteten. Ich brannte mir einen
Zigarettenstummel an. Als Schrader fertig war, hielt ich ihm den Stummel hin. Er tat ein paar Züge und gab ihn mir wieder. Die Fabriksirene ertönte, aber wir warteten noch ein paar Minuten, ehe wir hinausgingen. Schrader machte einen Umweg, um mich in die Halle zu bringen. Ich stieß die Tür auf und blieb bestürzt stehen. Die Halle war völlig leer. Schrader sah mich an und schüttelte den Kopf. Ich ging an meinen Platz, und nach einem Weilchen verließ mich Schrader. Ich legte vier Türen auf meine Werkbank und fing an, die Türbänder zu weiten. Dann trug ich immer zwei Türen auf einmal an den Pfeiler des alten Karl. Ich sah auf meine Uhr. Die Sirene war vor zehn Minuten ertönt. Die riesige Halle war leer. Die Glastür im Hintergrund öffnete sich, der Meister steckte den Kopf herein und rief: "Zur Direktion!"
Ich legte den kleinen Stahlbolzen und den Hammer auf die Werkbank und ging. An der Tür zur Direktion traf ich Schrader. Er schob mich vor sich her, und ich öffnete die Tür. Ein kleiner Büroangestellter mit einem Rattengesicht stand hinter einem Zahltisch. Er sah uns an, als wir kamen, und rieb sich die Hände. "Sie sind entlassen!"
sagte er leicht lächelnd. "Warum?"
fragte Schrader. "
Tätlichkeiten gegen einen Kameraden."
Schraders Brauen senkten sich über seine Augen. "So schnell!"
"Der Arbeiterrat!"
sagte das Rattengesicht grinsend. "Sofortige Entlassung oder Streik."
"Und Säcke hat nachgegeben?"
"Ja, ja, Herr Säcke hat nachgegeben."
Er legte zwei Umschläge auf den Tisch. "Da ist die Abrechnung. Anderthalb Tage."
Dann wiederholte er: "Ja, ja, Herr Säcke hat nachgegeben."
Er blickte sich um und sagte dann leise: "Du glaubst wohl, wir sind noch in der guten alten Zeit?"
Dann fuhr er im gleichen Ton fort: "Da hat also ,Zigarettenpapier' eins in die Fresse gekriegt?"
"Zwei", sagte Schrader. Das Rattengesicht blickte sich wieder um und flüsterte: "Da ist dem Schweinehund von Spartakisten recht geschehen."
Und er blinzelte Schrader zu. "Wir sitzen im Dreck", sagte er. "So weit haben wir es gebracht. Im dicksten Dreck!"
"Da hast du recht", sagte Schrader . "Aber warte nur", sagte das Rattengesicht und blinzelte von neuem, "nicht immer werden diese Herren oben und wir unten sein."
"Heil!"
sagte Schrader.
Auf der Straße empfing uns derselbe leichte, eisige Regen, der schon seit acht Tagen fiel. Schweigend gingen wir ein paar Schritte, dann sagte ich: "Du hättest nicht dazwischentreten müssen."
"Laß doch", sagte Schrader. Er rieb sich mit dem Handrücken seine gebrochene Nase. "Meiner Meinung
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