Der Tod ist mein Beruf
über den Stallknechten stehend, daß es ihnen nicht in den Sinn gekommen wäre, das Wort an sie zu richten. Ich fand Jeseritz in seinen kleinen Lehnstuhl hingestreckt, die lange Pfeife in der Hand und die gestiefelten Beine weit von sich gestreckt. Rechts von ihm standen auf einem niedrigen Tischchen aus schwarzem Holz sechs Glas Bier und sechs kleine Gläser voll Schnaps. "Ich bin fertig, Herr Oberst."
"Gut!"
sagte von Jeseritz und ergriff mit der rechten Hand ein Glas Schnaps. Er stand auf, reichte es mir, ich sagte: "Danke schön, Herr Oberst", er nahm auch eins, leerte es auf einen Zug, nahm ein Glas Bier und leerte es gleichfalls. Als ich meinen Schnaps ausgetrunken hatte, setzte ich das Gläschen auf den Tisch, aber Jeseritz bot mir kein Bier an. "So"
? sagte er und wischte sich mit dem Ärmel über die Lippen, "du bist fertig?"
"Ja, Herr Oberst."
Er blickte mich an, sein Gesicht legte sich in Falten und bekam einen boshaften Ausdruck. "Nein, nein", sagte er endlich, während er mit dem Rücken der linken Hand sein mächtiges Kinn strich, "du bist nicht fertig, es bleibt dir noch etwas zu tun."
"Was denn, Herr Oberst?"
Seine Augen funkelten. "Also, du bist fertig, nicht wahr? Das Haus ist fertig, du kannst einziehen?"
"Ja, Herr Oberst."
"So, du hast keine Möbel, keine Wäsche, kein Geschirr, aber du willst trotzdem einziehen? Daran hast du nicht gedacht, will ich wetten."
"Nein, Herr Oberst."
"Also, siehst du, bist du nicht fertig."
Er strich sich über seine Kinnlade und fing an zu lachen. "Du wirst das alles kaufen müssen. Aber sicher hast du Geld, nicht wahr?"
"Nein, Herr Oberst."
"Was? Was?"
sagte er ganz erstaunt. "Kein Geld? Kein Geld? Aber das geht nicht, mein Freund, das geht doch nicht. Man braucht Geld, um Möbel zu kaufen."
"Ich habe kein Geld, um Möbel zu kaufen, Herr Oberst."
"Kein Geld!"
wiederholte er kopfschüttelnd. "Schade! Schade! Kein Geld, keine Möbel, das ist klar! Und ohne Möbel kein Gut!"
Er blickte mich an, seine Augen erstarrten urplötzlich, dann fingen sie wieder an zu funkeln, und ich fühlte mich sehr unbehaglich. "Ich könnte vielleicht unter einer Pferdedecke schlafen, Herr Oberst."
"Was?"
sagte er mit spöttischer Miene. "Ich, Oberst von Jeseritz, soll meinen Pächter auf dem nackten Boden schlafen lassen! Nein, nein, mein Freund! Keine Möbel, kein Gut, das ist klar."
Er sah mich boshaft an und fuhr fort: "Also du siehst, du bist nicht fertig. Es bleibt dir noch etwas zu tun."
"Was denn, Herr Oberst?"
Er bückte sich, ergriff ein Schnapsglas, leerte es auf einen Zug, stellte es wieder auf den Tisch, nahm ein Glas Bier und trank es aus. Dann schnalzte er mit der Zunge, seine Augen funkelten, und er sagte: "Heiraten."
Ich stammelte mit bebender Stimme: "Aber, Herr Oberst, ich will nicht heiraten."
Sein Gesicht wurde sofort wieder starr. "
Was?"
rief er. "Du willst nicht heiraten! Was für eine verflixte Frechheit! Du willst Pächter sein und nicht heiraten! Wofür hältst du dich denn?"
"Verzeihung, Herr Oberst, ich will nicht heiraten. .."
"Was?"
schrie er. Er reckte die Arme gen Himmel. "Mir einfach nein zu sagen! Mir! Mir, einem Offizier! Mir, der dich sozusagen aus dem Dreck gezogen hat."
Er sah mich mit einem durchdringenden Blick an. "Du bist doch nicht etwa krank?"
"Nein, Herr Oberst."
"Herrgott, du wirst doch nicht zufällig einer von diesen. .."
Ich sagte energisch: "Nein, Herr Oberst."
Er fing plötzlich an zu brüllen: "Warum also?"
Ich sagte nichts, er sah mich eine ganze Weile an, dann kratzte er sich mit dem Mundstück seiner Pfeife hinter dem Ohr. "Du bist doch normal, nicht?"
Ich sah ihn an. "Kurz gesagt, du bist kein Wallach, sondern ein Hengst, hoffe ich."
"Gewiß, Herr Oberst, ich bin normal."
"Und du kannst Kinder machen?"
"Ich vermute, Herr Oberst."
Er brach in Lachen aus. "
Wie, du vermutest?"
Es war mir schrecklich peinlich, und ich sagte: "Ich will damit sagen, daß ich nie versucht habe, Kinder zu machen, Herr Oberst."
Er lachte, zeigte mit seiner Pfeife auf mich, und ich bemerkte flüchtig, daß die Vorderseite des Pfeifenkopfs einen Pferdekopf darstellte.
"Aber du hast trotzdem den ersten Schritt dazu getan, hoffe ich?"
"Ja, Herr Oberst."
Er lachte abermals schallend und begann wieder: "Wievielmal?"
Und da ich nicht antwortete, wiederholte er brüllend: "
Wievielmal?"
"Zweimal, Herr Oberst."
"Wa-as?"
schrie er. Und er lachte wohl eine ganze Minute lang. Als er sich ausgelacht hatte, leerte er
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