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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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auf den Quästor.
    Und Julian Storrs.
    Und Denis Cornford.

12
     
    Der Vorzug der Kamera liegt nicht in ihrem Vermögen, aus dem Fotografen einen Künstler zu machen, sondern in dem Anstoß, den sie ihm gibt, die Augen stets offenzuhalten.
    (Brooks Atkinson, Once Around the Sun )
     
    Am selben Morgen, nur etwas früher, saßen Morse und Lewis in der Kantine des Polizeipräsidiums von Kidlington und tranken Kaffee.
    »Das ist er also«, sagte Morse und deutete auf das im Labor vergrößerte und »nachgebesserte« Foto. »Unser einziger echter Anhaltspunkt. Immerhin – besser als nichts …«
    Die Vergrößerung, fand Lewis, war im Hinblick auf die Kleidung recht gut gelungen, aber die versprochene »Nachbesserung« der Gesichter der Ermordeten und des dicht neben ihr stehenden Mannes hatte, wie ihm schien, physiognomische Details eher verwischt als verdeutlicht.
    »Na?« fragte Morse.
    »Schlechter als das Original.«
    »Unsinn. Sehen Sie sich das mal an!« Morse zeigte auf den fest gebundenen Knoten, der über einem grauen Pullover mit hohem Kragen gerade noch zu sehen war.
    Ja, räumte Lewis ein, Farbe und Muster der Krawatte kamen vielleicht ein bißchen klarer heraus.
    »Mir ist, als ob ich die Krawatte kenne«, überlegte Morse. »Dieses dunkle Braun und der schmale weiße Streifen …«
    »An unserer Schule gab’s keine Krawatten«, gestand Lewis.
    Aber Morse war zu sehr damit beschäftigt, mit Hilfe eines Vergrößerungsglases eine weitere »Nachbesserung« des wichtigen kleinen Ausschnittes zu erreichen, um sich Gedanken über die Kleiderordnung an der Schule seines Sergeant zu machen.
    »Guter Geschmack, Lewis. Würde mich nicht wundern, wenn es die Krawatte der Old Wykehamists’ Classical Association wäre.«
    Lewis schwieg.
    Morse sah ihn fast vorwurfsvoll an. »Sie scheinen sich nicht übermäßig für das zu interessieren, was ich Ihnen da erzähle.«
    »Nicht sehr, nein …«
    »Na schön, vielleicht ist es keine Internats-Krawatte. Aber was für eine dann?«
    Auch hierzu wußte Lewis nichts zu sagen.
    Nur halb besänftigt verstaute Morse das Foto wieder in dem gelben »Bitte nicht knicken!«-Umschlag und lehnte sich zurück.
    Er sah müde aus.
    Und war, wie Lewis wußte, auch frustriert, denn gestern hatten sie sich ausschließlich mit Verwaltungskram, Organisations- und Verfahrensfragen beschäftigen müssen, mit den Dingen also, die Morse an seiner Arbeit besonders verabscheute. Den Luxus, Hypothesen aufzustellen, scheinbar abseitige Ideen zu entwickeln, hier und da einen Sprung ins Ungewisse zu wagen – all das zu tun, was er, wie er von sich selbst sagte, am besten konnte –, hatte er sich bisher noch nicht leisten können.
    Es war neun.
    »Wird Zeit, daß Sie zum Bahnhof fahren, Lewis. Viel Glück.«
    »Und was haben Sie vor?«
    »Ich werde mir in Oxford die Haare schneiden lassen.«
    »Wir haben in Kidlington zwei neue Friseure, Sie brauchen nicht …«
    »Ich – fahre – nach – Oxford. Klar? Und später treffe ich mich mit einem Fachmann für Krawatten. Klar?«
    »Ich nehme Sie mit, wenn Sie wollen.«
    »Nein. Die reizenden Damen bei Shepherd and Woodward’s brauchen nur zehn Minuten, um meine Lockenpracht zu stutzen, und mit meinem Fachmann bin ich erst um elf verabredet.«
    »Im King ’ s Arms , was?«
    »Das können Sie also erraten, wie?«
    »Was soll das heißen?«
    »Dann raten Sie doch mal, was für ein Schlips es sein könnte.«
    »Keine Ahnung.«
    »Ich auch nicht. Gerade deshalb müssen wir uns ja aufs Raten verlegen.«
    Lewis stand schon an der Tür.
    »Mit diesen feinen Krawatten aus den feinen Läden in der High Street kenne ich mich nicht aus. Vielleicht hat er sie ja bei Marks & Spencer gekauft.«
    »Kaum anzunehmen.«
    »Wir hätten es bedeutend leichter, wenn wir das Foto an die Oxford Mail geben würden.«
    Morse überlegte.
    »Und wenn sich herausstellt, daß er nichts mit dem Mord zu tun hat …«
    »… ist das, was ihn betrifft, das Ende unserer Ermittlungen.«
    »Und das Ende seiner Ehe …«
    »… wenn er verheiratet ist …«
    »… und könnte seine Kinder ruinieren …«
    »… wenn er welche hat.«
    »Ab zum Bahnhof, Lewis!«
    Morse war bedient.

13
     
    Es ist ein wahrer Tempel der Ungemütlichkeit.
    (John Ruskin, The Seven La m ps of Architecture – über ein Bahnhofsgebäude)
     
    Um 9.45 Uhr saß Lewis strategisch günstig an einem der kleinen runden Tische im Erfrischungsraum von Bahnsteig eins. Periodisch gab ein Lautsprecher mit starkem Nachhall

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