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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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auftauchen würde, und dieser Gedanke beruhigte sie sehr.
     
    Morse hatte den Zug um 23.48 Uhr ab Paddington genommen. Um eins ertönte die kummervolle Stimme des Zugbegleiters, die Morse allerdings nicht erreichte: »Oxford. Oxford. Alles aussteigen, der Zug endet hier. Bitte lassen Sie keine persönlichen Gegenstände in den Abteilen liegen. Wir danken Ihnen.« Erst der Zugbegleiter höchstpersönlich holte den Chief Inspector aus einem genußvollen Zustand der Erstarrung wieder in die Wirklichkeit zurück.
    »Alles in Ordnung, Sir?«
    »Ja, danke.«
    So ganz stimmte diese Aussage allerdings nicht, denn der Abend in London war für Morse außerordentlich enttäuschend gewesen. Und er konnte sich, während er die Bahnhofstreppe zum Taxistand hinunterging, nur damit trösten, daß das Leben nun mal voller Enttäuschungen ist. Die nächste folgte auf dem Fuß: Weit und breit war kein Taxi zu sehen.

36
     
    Dienstag, 27. Februar
     
    Initium est dimidium facti.
    (Einmal angefangen, bist du schon halb da.)
    (Lateinisches Sprichwort)
     
    Morse war noch unrasiert und in seinem rot und cambridgeblau gestreiften Schlafanzug, als Lewis am nächsten Morgen um zehn vor der Tür stand. Am Telefon hatte Morse ihm vor einer halben Stunde verkündet, er fühle sich wie der letzte Schlittenhund am Kongo. Was er im einzelnen damit meinte, hatte er nicht verraten.
    Die beiden Kriminalbeamten tauschten Informationen über die am vergangenen Tag gewonnenen Erkenntnisse aus, und sehr bald ließ sich zumindest eins mit Bestimmtheit feststellen: Owens war ein Erpresser und hatte speziell die Storrs ins Visier genommen – ihn wegen seines Seitensprungs mit Rachel, sie wegen ihrer Soho-Vergangenheit. In beiden Fällen hätte eine Enthüllung mit ziemlicher Sicherheit das Aus für Julians Kandidatur zum Master von Lonsdale bedeutet.
    Morse überlegte eine Weile.
    »Somit hätten wir ein überzeugendes Motiv für einen Mord an Geoffrey Owens. Aber ein Motiv für den Mord an Rachel haben wir damit noch nicht.«
    »Es sei denn, daß Mrs. Storrs schlicht und einfach eifersüchtig war.«
    »Das möchte ich bezweifeln.«
    »Oder vielleicht hat Rachel etwas erfahren und selber ein bißchen in Erpressung gemacht? Das Geld hätte sie gut gebrauchen können.«
    »Ja.« Morse strich sich über das Stoppelkinn und seufzte entmutigt. »Es gibt noch so unheimlich viel zu überprüfen. Vielleicht gehen Sie heute vormittag mal bei Rachels Bank vorbei.«
    »Heute vormittag geht es nicht, Sir, und heute nachmittag auch nicht. Um Viertel vor zwölf bin ich bei Sir Clixby Bream, und danach will ich feststellen, wer in der Harvey Clinic Zugang zu den Fotokopierern hatte.«
    »Zeitverschwendung«, brummte Morse.
    »Ich weiß nicht recht, Sir. Ich hab so das Gefühl, daß das alles zusammenhängt.«
    »Womit?«
    »Wenn ich im Lonsdale College war, weiß ich bestimmt mehr. Ein bißchen habe ich mich schon über die Situation dort schlau gemacht. Der derzeitige Master geht in Kürze in den Ruhestand, und der neue Mann soll mit Beginn des Sommertrimesters …«
    »… des Trinitatistrimesters …«
    »… dort antreten. Es gibt nur zwei Kandidaten: Julian Storrs und einen gewissen Cornford, Denis Cornford, auch vom Lonsdale College. Es soll ein Kopf-an-Kopf-Rennen werden, sagt man.«
    »Wer ist ›man‹?«
    »Einer der Pförtner. Wir haben zusammen Cricket gespielt.«
    »Alberner Sport.«
    »Was haben Sie heute auf dem Programm, Sir?«
    Morse schien die Frage seines Sergeant nicht gehört zu haben.
    »Tasse Tee, Lewis?«
    »Da sag ich nicht nein.«
    Wenige Minuten später kam Morse mit einer Tasse Tee für Lewis und einem Krug Eiswasser für sich selbst zurück. Er setzte sich und sah auf die Armbanduhr: fünf vor halb elf.
    »Was haben Sie heute auf dem Programm?« wiederholte Lewis.
    »Um halb zwölf habe ich einen Termin. Sonst nicht viel. Ich sollte vielleicht ein bißchen nachdenken, es wird höchste Zeit, daß ich Sie wieder einhole.«
    Während Lewis seinen Tee trank und über alles mögliche redete, merkte er, daß Morse in sich gekehrt, fast in einer eigenen Welt war. Hörte er überhaupt zu?
    »Langweile ich Sie, Sir?«
    »Wie? Aber nein, reden Sie ruhig weiter. Das hilft meistens, wenn man einen bestimmten Ansatz sucht. Einen Denkansatz beispielsweise. Man braucht nur zuzuhören, wenn jemand einen Haufen Unsinn erzählt, und plötzlich klickt es.«
    »Ich habe keinen Unsinn geredet, Sir. Außerdem hätten Sie das nicht gemerkt, Sie haben überhaupt

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