Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
Smith bitte.«
     
    Nach längerem Schweigen fragte Morse:
    »Wenn jemand mit einem Brief zu Ihnen käme – einem fotokopierten Brief, sagen wir –, in dem behauptet wird, Ihre Frau habe eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit dem Milchmann …«
    Lewis grinste. »Das würde mich ganz schön vom Hocker hauen. Bei uns bringt die Milch nämlich eine Frau.«
    »… was würden Sie machen?«
    »Den Brief lesen. Überlegen, wer ihn geschrieben hat.«
    »Würden Sie ihn Ihrer Frau zeigen?«
    »Nur, wenn er als Witz gemeint wäre.«
    »Und wie würden Sie das entscheiden?«
    »Zunächst weiß man so was natürlich nicht. Ich würde versuchen rauszufinden, ob der Brief echt ist.«
    »Eben. Als Storrs eine Kopie dieses Schreibens erhielt, eines Schreibens, das er mit ziemlicher Sicherheit noch nicht gesehen hatte …«
    »… falls Turnbull es ihm nicht gezeigt hat …«
    »Das möchte ich bezweifeln. Es enthielt immerhin ein Todesurteil. Das hätte er Storrs doch wohl etwas schonender beigebracht …«
    »Sie meinen, Storrs wäre, um festzustellen, ob das Schreiben echt war, in die Harvey Clinic gegangen …« Morse nickte gütig wie ein Lehrer, der einem vielversprechenden Schüler Mut machen will.
    »… und hätte ihn Dawn Charles gezeigt.«
    »Ja, denn sie hat ja den Überblick über den ganzen Bürokram dort. Sie sind, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, kein Meister der sokratischen Künste, aber wie lange hat es gedauert, bis Sie die Wahrheit aus ihr herausgeholt hatten? Drei, vier Minuten …«
    »Sie glauben, Storrs hat es genauso gemacht?«
    »Höchstwahrscheinlich. Er ist nicht auf den Kopf gefallen und würde sich nie mit einer vagen Behauptung erpressen lassen. Als Akademiker hat er gelernt, seine Quellen, seine Literaturangaben, sein Material gründlich zu überprüfen.«
    »So daß uns Storrs vielleicht die ganze Zeit um etliche Nasenlängen voraus war.«
    Morse nickte. »Wahrscheinlich hat er unsere hübsche Sprechstundenhilfe sofort durchschaut. So viele Verdächtige gibt es dort schließlich nicht.«
    Lewis trank langsam seinen Orangensaft. Seine Hochstimmung war verflogen. »Dann sind wir aber noch ziemlich weit vom Zielpfosten entfernt, nicht?«
    Die blauen Augen des Chief Inspector blickten höchst erstaunt.
    »Wie kommen Sie darauf, Lewis? Wir sind schon in der Zielgeraden.«
     

60
     
    Samstag, 9. März
     
    Hombre apercebido medio combatido
    (Ein wohlgerüsteter Mann hat die Schlacht schon halb geschlagen)
    (Cervantes, Don Quixote )
     
    Da er das dunkle Gefühl hatte, er könne mit der Benzinzuteilung für den Jaguar nicht ganz zurechtkommen, hatte Morse einen Dienstwagen angefordert, der ein paar Minuten vor zehn mit Sergeant Lewis am Steuer über die A34 rollte. Kurz vor Abingdon mußte Sergeant Lewis auf Wunsch seines Chefs den Klassiksender ein- und – sobald Morse das Brandenburgische Konzert Nr. 2 erkannt hatte – wieder ausschalten.
    »Irgend jemand hat mal gesagt, Lewis, daß es nicht unmöglich sei, sich sogar im Beisein einer Geliebten zu langweilen, und ich muß leider sagen, daß es mir manchmal sogar in der Gesellschaft von Johann Sebastian Bach ein bißchen fad wird.«
    »Ach ja? Ich fand es eigentlich ganz nett.«
    »Lewis! Er mag phantastisch sein, er mag fürchterlich sein – aber nett ist er nie! Nicht Bach!«
    Lewis konzentrierte sich auf den dichten Verkehr, während Morse sich in seinen Sitz zurücksinken ließ und für den Rest der Fahrt wie gewöhnlich kaum ein Wort sagte.
    Dafür hatte er vorher einiges gesagt, was sich Lewis in Erinnerung rief, während er in viel zu hohem Tempo die Zufahrt Chieveley ansteuerte, die auf die M4 führt …
     
    Nach der Rückkehr aus der Polstead Road hatte Lewis einen arbeitsreichen und sehr aufschlußreichen Nachmittag verbracht. Zunächst hatte Morse Fragen zu der Strecke gestellt, über die sie zur Zeit fuhren.
    »Wie würden Sie nach Bath fahren, wenn Sie einen schönen schnellen Wagen hätten?«
    »Am besten und ganz bestimmt am schnellsten über die A34, A4, A46.«
    »Und mit einem alten Schlitten?«
    »Wahrscheinlich auch nicht anders.«
    »Was ist gegen die Strecke Burford-Cirencester einzuwenden?«
    »Gar nichts, wenn man hübsche Landschaft sehen möchte oder nicht gern Autobahn fährt.«
    Und noch eine Frage.
    »Wie können wir herausbekommen, bei welcher Bank die Storrs ihr Konto haben?«
    »Vielleicht haben sie ihre Konten bei zwei verschiedenen Banken, aber die Auswahl ist ja nicht allzu groß: Lloyds, Barclays,

Weitere Kostenlose Bücher