Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Solidarität mit dem Sandner ist fehl am Platz, aber man weiß ja nie. Wir lassen die K11 gänzlich aus dem Spiel. Jemand könnte den Gedanken haben, den Sandner zu ... informieren.«
»Man weiß nie«, echot der Jonny.
»Die Kollegen der Inspektion 47 sollen Beamte vorbeischicken und nachsehen. Wir hängen es nicht hoch auf. Ich werde sagen, dass es vage Hinweise gäbe, das Mädchen könnte bei ihrer Mutter auftauchen. Meine Anregung: Sie sollen auf jeden Fall zur Sicherheit eine Streife schicken. Und wenn das Madl und der Sandner auftauchen, sind die Beamten vor Ort. Falls der Sandner koscher ist, kann es nicht schaden. Falls nicht, hat er keine Chance.«
»Wie meinen Sie das, Herr Staatsanwalt? Keine Chance?«
»So, wie ich es gesagt habe. Wenn man den Sumpf trockenlegen will, darf man die Frösche nicht um Erlaubnis fragen. Und dieser Sumpf wird bald keiner mehr sein.«
»Frösche, aha.«
»Ja. Danke schön, Herr Winter. Das war eine weise Entscheidung von Ihnen. Ich wusste, dass ich Sie nicht überschätzt habe. Sie haben das Richtige getan, glauben Sie mir. Machen Sie sich keine Gedanken.«
»Ich hab das nur gesagt, weil ...«
»Ich verstehe Sie. Das ist schwer.«
Der Jonny taucht mit einer leichten Bewegung unter der Hand des Staatsanwalts hinweg, ohne berührt zu werden. Gerade wollte der zum Schulterklopfen ansetzen.
Einen Moment lässt er die Hand in der Luft stehen, bevor er sie in die Tasche schiebt.
»Sollte ich auch zum Harthof?«, fragt ihn der Kommissar. »Ich könnte die Wohnung observieren.«
»Nein, Sie fahren zurück zum Oberstaatsanwalt Brauner. Tun Sie alles so, wie der Sandner es von Ihnen erwartet. Gibt es übrigens Neuigkeiten bezüglich der Entführung?«
Kopfschütteln.
»Ja, tragisch. Hab ich mir gedacht. Tja – morgen schaut alles anders aus. Nicht wahr? Der Brauner wird noch merken, was wirklich hilfreich ist. Kein Gemauschel mehr.«
Der Jonny hätte fast salutiert. Er schafft es, den Wenzel imitierend auf den Absätzen zu wenden. Der Staatsdiener ist geizig mit den Silberlingen. Nicht einen hat er rausgerückt. Der Jonny hätte sie gebrauchen können, für dreißig hätte er ein neues, schickes Hemd bekommen.
D ie schicken Klamotten hat die Wiesner im Schrank gelassen. Diesmal ist sie mit Sweatshirt, Jeans und Friesennerz unterwegs, obwohl die Inspektion 47 nicht weit weg ist von ihrem Ziel. Aber die Mannsbilder dort hätten ihr nichts mehr zu bieten – obwohl der Kaffee ganz nach ihrem Geschmack gewesen ist. In diesem Leben wird sie dort nicht mehr in fragwürdigem Outfit gesichtet werden. Das hat sie sich geschworen. Dort nicht. Den Treffpunkt hat der Wiesner die Astrid Kernicke, die findige Autobastlerin aus dem Osten, vorgeschlagen. Überrascht ist die junge Streifenbeamtin gewesen, dass die Mordermittlerin sich so bald wieder gemeldet hatte. Einen ruhigen Platz, wo sie ungestört reden könnten, hat die Oberkommissarin gesucht. Und schnell müsse es sein, um genau zu sein: sofort.
Sie stellt den Peugeot an der Schleißheimer Straße beim Burgertandler ab. Es ist der Parkplatz der Einkaufslandschaft. Angelockt werden die Leut hier durch quietschrote Fassaden, da haben die Werbefuzzis sich wohl aus der Natur bedient. Zu den farbenfrohesten Blüten fliegt das meiste Viechzeug. Manchmal sind es auch fleischfressende Todesfallen und schon klebst du fest und wirst einverleibt. Selbst in der Natur ist der Betrug zu Hause – dieses erfolgreiche Modell kupfern die Verkäufer gerne ab. Mimikry und Verkleidung. Nichts, was der Wiesner fremd ist. Gerade heute. Die Frage wird sein, wer die Beute ist, und wer sie anlockt.
Nicht weit weg ist sie vom Harthof, den Schauplätzen, an denen der Wessold und der Yilmaz haben sterben müssen. Um diese Zeit ist kaum eine Menschenseele zu sehen. Das Wetter lädt zum Couchen vor der Glotze ein. Für die Hyperaktiven könnt es auch eine Shisha sein oder die X-Box.
Dass der Kastelmeyer wieder auf seiner Inspektion aufgeschlagen wäre, erfährt sie noch am Handy. Ruhig an den Schreibtisch hätte er sich gerade gepflanzt, die Finger in eine Tüte mit fettig panierten Zwiebelringen getaucht, und würde mit einem Kollegen über einen verhinderten Ladendieb scherzen. Die meisten der diensthabenden Beamten wären ausgeflogen wegen der Fußballrowdys und Schnapsleichen, und weil am Sonntag die Langeweile das Jungvolk im Revier zu derben Faxen animiert. Da kannst du im Fünf-Minuten-Takt ausrücken wie die Messestadt-U-Bahn. Das nennt man
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