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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Gestalt, bevor er den Kopf senkt. Niemand, der ihm bekannt vorkommt. Was nichts heißen will. Wenn du jeden Tag an die Pinnwand im Kopf neue Bilder picken musst, verblasst schon mal das eine oder andere.
    Im Vollmondgesicht seines Gegenübers zuckt kein verräterischer Muskel.
    Der Sandner muss darauf vertrauen, dass der Kontext der Begegnung das Wiedererkennen erschwert. Einen leibhaftigen Hauptkommissar wird der Uniformierte hier nicht erwartet haben.
    »Wenn der Slatko auftaucht, rufst du mich an«, schnarrt der durchs Treppenhaus. Über ihnen wird eine Tür zugeworfen. Der Sandner schaut unwillkürlich nach oben. Er will den hölzernen Stiegen nach, aber ihm wird der Weg verstellt. Die massige Gestalt des Uniformierten baut sich vor ihm auf. Zu nah.
    Der Hauptkommissar linst über dessen Schulter hinweg zur Wand. Leicht gebeugte Haltung. Keine Muskelspannung. Die Arme baumeln herab. Er gibt den mickrigen Wicht. Unbedeutend wie ein Käfer unterm Schuh. Sein Puls galoppiert. Ärger ist das Letzte, was er jetzt gebrauchen kann. Er scheint »Herrn Wichtig« über den Weg gelaufen zu sein. Kruzifünferl! Die Kategorie kennt ein jeder. Beug dein Knie und huldige »Ihrer Majestät«.
    »Und du? Zu wem?« Der Feiste schenkt dem Kriminaler seine ganze Aufmerksamkeit. Dank schön. Er wird beäugt wie eine übrig gebliebene Salzkartoffel auf dem Teller. Die wird noch verputzt. Aus der fleischigen Nase quellen die Härchen. Ein Hauch von Zwiebeln und Schweiß umwölkt den Sandner.
    Der beherrscht sich meisterhaft. Als Sahnehäubchen gelingt ihm ein angedeutetes Lächeln. Gesichtsmuskeltraining für Fortgeschrittene. Mit dem Kinn weist er zur Treppe hin.
    »Sprichst du kein Deutsch. Ruski, Kosovo?«
    »Nein, nein«, beeilt sich der Hauptkommissar zu sagen, »Eugen Schwind besuch ich.«
    »Na also, geht doch – den Vogel also, den verrückten Indianer. Na dann.«
    Gleich dem Sheriff aus No-Name-City tippt sich der Polizist an die Mütze. Howdy-Doody-Time.
    »Das Leben ist hart, aber noch härter, wenn du dumm bist«, hat John Wayne einstmals resümiert. Für Sandners Gesprächspartner scheint es aus Granit zu bestehen.
    Entweder Staub im Auge oder hat ihm der Uniformierte zugeblinzelt? Wahrscheinlich ist das Licht zu grell ohne Spiegelbrille. Das Harthofviertel scheint einen eigenen Sheriff zu haben.
    Der Sandner nickt ihm zu und macht sich in Zeitlupe an die Stufen. Er muss ins Dachgeschoss. Im ersten Stock kann er beobachten, wie vorsichtig eine Tür geöffnet wird und sich ein Kopf herausschiebt. Eine Frau undefinierbaren Alters. Rosarotes T-Shirt, das blond gesträhnte Haar zum Zopf gebändigt. Aus der Wohnung dringt der Geruch von kalter Asche und Gebratenem. Das Geträller von Beyoncé bildet den Soundtrack dazu. Manchmal sind sechs Sinne nicht wirklich notwendig.
    Die Augen der Frau suchen das Treppenhaus ab. Wie sie den Sandner erspäht, zuckt sie kurz zurück.
    »Ist er endlich weg?«, zischt sie.
    »Wer? Der Polizist?«
    »Der Scheißkerl. Wer sonst?« Jetzt erscheint sie ganz. Die Pupillen in feuchtem Glanz, hagere Gestalt, die Haut ein dezentes Grau, als wären Kippen ihr Hauptnahrungsmittel. Vielleicht sollte man die mit Vitamin C anreichern – bevor Skorbut um sich greift, weil Salat nur noch vom vereinsamten Blatt im Burger bekannt ist.
    Von Nahem stellt der Kriminaler fest, dass die Frau höchstens Mitte dreißig sein kann. Sie sieht nicht aus, als wäre ihr Dasein bisher eine rauschende Party gewesen. Eher nach dem Morgen danach. Immer wieder fährt sie sich beidhändig durchs Haar. Ihr Gesicht verzieht sich, als hätte sie ein Kisterl Zitronen abzulutschen.
    »Ah – mit dem Slatko gibt es immer Problem. Immer Problem.«
    Der Sandner ist nicht sicher, ob er der Ansprechpartner ist oder zufällig mit ihr gemeinsam an der Klagemauer buckelt. Hinter ihm wird noch eine Tür aufgerissen.
    »I hob dir immer gsogt, schmeißn naus, den Slatko, tu dir des ned an«, kräht eine Xanthippe aus düsterer Höhle hervor. Die Nase gleich einem Geierschnabel, schwarze, wallende Gewänder verhüllen barmherzig die unförmige Gestalt.
    »Ah – sei still. Du weißt ja nicht«, wird sie abgefertigt.
    »Jetzt soll ich still sein, und dann kommst wieder dahergeschlichen wie a prügelter Hund.«
    »Ist ja nicht leicht für den Slatko.«
    »Denk an dei Tochter! Die nehmen’s dir noch weg. Ich sag dir, wenn du den ned ...«
    Der Sandner empfiehlt sich. Slatkos Leben wird zwar eine Großbaustelle sein, aber auf der muss der

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