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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Klingelknopf. Sinnloses Unterfangen. Seinen Besuch hat er telefonisch angekündigt – aber nichts rührt sich. Vielleicht hat der Mann einen gesunden Schlaf. Unverrichteter Dinge wird er bestimmt nicht wieder abziehen. Er zückt sein Handy, um den alten Wessold erneut anzurufen. Eine Bassstimme hinter ihm lässt ihn herumfahren.
    »Die spinnt, die Klingelanlage. Scheiß Hausverwaltung.«
    Ein Kerl wie ein Schrank. Genauer gesagt Kommode, breit und gedrungen. Eine Tarnhose trägt er, deren Beine er in schwarze Stiefel geschoppt hat. Aus seiner grünen Bomberjacke schiebt sich ein Hals heraus, der als Säule einer Kathedrale auch eine gute Figur machen würde. Es sitzt aber nur ein Schädel drauf, quadratisch und kantig wie beim Disneyhelden. Die Augen, kleine graue Knöpfe, das dreieckige Kinn erreicht das Brustbein.
    Auch sein schwarzfelliges Viech ist breit, zumindest breiter als es hoch ist. Irgendetwas mit »Bull« im Namen und mächtigem Kiefer. Kategorie: sabbernde Kampfmaschine. Sein Besitzer sperrt die Tür auf, während der Vierbeiner aufgeregt an Sandners Bein schnüffelt. Wahrscheinlich könnte er es ihm mit einem Haps amputieren. Bist ein braver Hund! Ein knarzender Laut entspringt seiner Kehle. Vielleicht hat der Arme Schnupfen.
    »Anthrax riecht was«, stellt sein Herrchen fest. »Hast du einen Hund?«
    Der Sandner denkt an Ayasha. Die ist definitiv ein Hund. Die schon.
    Er bleibt in der offenen Tür stehen und lässt Herrn und Tier den Vortritt.
    »Oder Bullen«, feixt der Dickhals. »Die riecht Anthrax sofort. Die kann er nicht ausstehen.«
    Der Bulle lacht nicht mit. Er kann Anthrax auch nicht ausstehen, aber das wird sein Geheimnis bleiben. Keine Sympathieträger, die beiden. Denen begegnest du wirklich so gerne wie dem Milzbranderreger.
    Vor ihm macht sich das Duo an die Treppe. Das Viech schaut sich noch einmal nach ihm um, so, als ob es sagen wollte: Mach keinen dummen Fehler. Ich hab dich im Auge. Der Sandner zwinkert ihm zu. Ein kurzer Ruck am Nietenlederhalsband bringt den Hund wieder auf Spur. Das Leben kann so einfach sein.
    Im Treppenhaus riecht es nach frischer Farbe. Ein Radiomoderator erbricht irgendwo über ihm bröckchenweise gute Laune, untermalt von gezuckertem Schubidu und Trallala.
    Vor Wessolds Tür probiert er erneut die Klingel. Dann klopft er gegen das Holz. »Herr Wessold? Polizei. Machen’S bitte auf.«
    Es öffnet sich eine Tür. Allerdings nicht Wessolds, sondern die daneben liegende. Sie schließt sich aber schnell wieder, als der Vater des Ermordeten endlich reagiert und den Sandner hereinlässt. An ihm vorbei tritt der in dessen Flur.
    Für die Eltern des Erstochenen hat das Glück kein sanftes Bett bereitet. Kein Konfekt liegt jeden Morgen auf dem parfümierten Kissen. Die Wohnung besteht aus einer Kochnische und einem Kammerl fürs Bett. Der Wessold lebt hier allein, seine Frau ist kurz nach dem Mord an ihrem Sohn gestorben. Herzversagen.
    Für den Sandner war es eine Befreiung, endlich wieder den Dienstausweis aus der Tasche zu reißen. Zwischen Papierbergen, leeren Flaschen und namenlosem Krimskrams setzt er sich auf eine frei geräumte Stuhlkante. Er traut sich nicht einzuatmen, was hier als Luft daherkommt. Keiner will sich seine Lunge zum Feind machen.
    »Machma das Fenster ein wenig auf«, schlägt er vor.
    Der Wessold folgt brav. Dann sinkt er irgendwo zwischen seine Utensilien und verschmilzt mit ihnen zum Ensemble. Aus trüben Augen schaut er am Hauptkommissar vorbei zur Wand. Falten sind ihm ins hagere Gesicht gekerbt, als hätte sich ein Aasgeier an ihm abgearbeitet. Vielleicht hat der es nicht erwarten können. Unruhig pflügen die Hände des Alten durchs spärliche Haar.
    »Er hat sich selten blicken lassen«, wiederholt er immer wieder. »Ab und zu ist er gekommen und hat eine Flasche Cognac mitgebracht. Aber er ist nie rein in die Wohnung. Wir haben damals noch zwei Häuser weiter gewohnt. Ich hab nicht gewusst, was er tut. Aber er hat sich schon immer mit Grattlern eingelassen. Mit achtzehn haben wir ihn rausgeschmissen. Immer die Polizei – schau, dass du weiterkommst, hab ich dann gesagt – ja. Das ist ein ehrliches Haus, hab ich gesagt.« Er nickt, ganz in Gedanken.
    »War es ein guter Cognac?«
    »Der Beste – Hennessy XO – kennen Sie den? Was ganz was Feines.«
    Der Sandner muss passen. Er gehört zur Whiskyfraktion.
    »Ich hab gefragt, wie kannst du dir den leisten? Da hat er gelacht und gemeint, siehst Vater, des hättest ned gedacht.

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