Der Tod meiner Schwester
aufstieß und den Garten betrat, der mit glatten hellen Steinen gepflastert war. Ich war froh, dass sie den Hund im Haus gelassen hatte. “Ich war die Letzte, die sie lebend gesehen hat”, machte sie sich wichtig. Mitzi war wenigstens bescheiden genug gewesen, um sich als Drittletzte zu bezeichnen. Pam stellte sich gleich nach ganz vorn.
Wir saßen auf der Spundwand und ließen die Füße über dem ruhigen Lagunenwasser baumeln. Pam war so hübsch. Ihr fast schon weißer Pferdeschwanz fiel ihr in einer langen Spirale über die Schulter.
“Ich kann einfach nicht glauben, dass sie fort ist.” Sie schüttelte den Kopf. “Ich habe noch niemanden gekannt, der gestorben ist. Es ist so tragisch.”
“Weißt du, wo Ned in der Nacht war, als Isabel ermordet wurde?”, fragte ich ganz unverblümt.
“Er war zu Hause”, antwortete sie, als wüsste sie das mit Bestimmtheit.
“Er sagt, er hätte mit seinem Vater im Garten einen Meteoritenschauer betrachtet.”
“Dann hat er das vermutlich auch getan.” Pam zuckte die Achseln. “Er durfte nicht raus, nicht wahr? Und du solltest das Izzy sagen, hast es aber nicht getan.”
“Doch dann hat er sie bei Mitzi angerufen, um zu sagen, dass er doch könnte.”
“Er sagte, er könnte
vielleicht
. Sicher war er nicht.” Sie neigte den Kopf, um mich anzuschauen. “Du weißt, dass Ned Isabel niemals etwas angetan hätte, oder?”
“Ich versuche nur, mir über ein paar Dinge klar zu werden”, entgegnete ich.
“Er war gestern hier.” Pam streckte die Beine aus, um ihre lackierten Zehennägel zu mustern. “Er war völlig am Boden zerstört. Er hatte wirklich Angst, dass die Cops ihn für den Täter hielten.”
Und du hast ihn vermutlich getröstet
, wollte ich sagen. “Vielleicht war er es ja”, sagte ich stattdessen.
“Was?”
Sie ließ ihre Beine wieder baumeln und schaute mich entgeistert an. “Ach Julie, sei nicht albern. Ned war ein
Lebensretter
. Er würde niemals jemanden umbringen.”
Ich wusste nicht, was ich sonst noch fragen sollte. Außerdem war ich höchst erbärmlich darin, meine Bedenken wegen Ned für mich zu behalten. Nancy Drew wäre bei der Befragung von Pam sehr viel klüger vorgegangen als ich. Wir redeten noch eine Zeit lang, und dann verließ ich ihr Haus mit keinen weiteren Hinweisen außer meinem Argwohn.
Es gab noch eine andere Person, die ich befragen musste, und ich wusste ziemlich genau, wo sich sie finden würde. Ich ging zu der seichten Stelle am Ende des Shore Boulevard und folgte dem Pfad durch das hohe Gras.
“Wer ist da?”, fragte Ethan, als es hinter ihm raschelte. Ich bemerkte die Angst in seiner Stimme. Vermutlich waren wir alle etwas überreizt.
“Ich bin es”, beruhigte ich ihn.
Er saß am Rande des Wassers, wo er ein kleines Meeresforschungslabor aufgebaut hatte – mit einem kleinen Netz, einem Mikroskop und einem Buch über Meeresbewohner.
“Was willst du?”, fragte er.
Ich setzte mich neben ihn, und der feuchte Sand kühlte meine Beine.
“War Ned in der Nacht, in der Isabel ermordet wurde, wirklich die ganze Zeit zu Hause?”
“Wie soll ich das wissen?” Er sah mich kopfschüttelnd an. “Du hältst dich wirklich für Nancy Drew, nicht wahr?”
“Und du hältst dich wirklich für irgendeinen Wissenschaftler.” Mit einer Handbewegung kippte ich sein Mikroskop um, fühlte aber sogleich Reue. Abgesehen von Lucy war er der Einzige in meiner Umgebung, der schwächer war als ich. Vermutlich musste ich einfach nur meinen Frust an jemandem auslassen.
“Hey!” Er hob das Mikroskop aus dem feuchten Sand auf. “Das hier ist ein Präzisionsinstrument”, protestierte er und hielt es beschützend in seinen Händen. “Du könntest es zerstört haben. Was ist los mit dir?”
“Ich glaube, dass dein Bruder meine Schwester getötet haben könnte”, platzte ich heraus.
“Du hast nicht alle Tassen im Schrank!” Er schob seine Brille die Nase hoch. Ich hasste es, wenn er das tat. “Die Polizei hat bereits diesen –” er nickte in Richtung gegenüberliegendes Ufer “– diesen farbigen Jungen. Falls irgendjemand für den Tod deiner Schwester verantwortlich ist, dann bist das du, weil du ihn hast wissen lassen, dass Isabel in der Nacht allein am Strand sein würde.”
“Ich habe sie nicht umgebracht”, widersprach ich mit brennenden Augen.
“Nun, mein Bruder mit Sicherheit auch nicht. Er hatte Hausarrest.”
“Ned hat sich vermutlich irgendwie hinausgeschlichen”, beharrte ich. “Das hat er
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