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Der Tod meiner Schwester

Der Tod meiner Schwester

Titel: Der Tod meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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mitreden, wer eingeladen wird. Solche Dinge. Ich weiß, dass ich das an ihrer Stelle wollte.”
    “Nun, am besten, ihr sprecht das noch mal durch und kommt dann auf mich zurück”, empfahl unsere Mutter. Sie nippte an ihrem Kaffee. “Und in der Zwischenzeit …” Sie zögerte so lange, dass wir sie beide fragend anschauten, ob sie vielleicht vergessen hatte, was sie sagen wollte. “Ich habe eine Frage an Julie.”
    “Schieß los”, forderte ich sie auf.
    “Ich frage mich, wann du mir erzählen willst, dass du mit Ethan Chapman Mittagessen warst.”
    Sprachlos starrte ich Lucy an.
Hast du ihr das erzählt?
, fragte mein Blick. Doch Lucy wirkte genauso überrascht wie ich und schüttelte leicht den Kopf.
    “Woher weißt du davon?”, fragte ich.
    “Ich habe so meine Quellen”, tat sie geheimnisvoll und schob sich eine Strähne ihres weißen Haares unter den Hut.
    “Mom”
, beharrte ich. “Woher?”
    “Sein Vater hat mir einen Besuch abgestattet”, erwiderte sie.
    “Du machst Witze.” Ich sah Mr. Chapman vor mir, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er war im Fernsehen gewesen, ein schlanker, gut aussehender, mittelalter Mann, der Hände schüttelte, Babys küsste und ständig etwas versprach bei seiner Kandidatur fürs Gouverneursamt. Das musste in den späten Sechzigern gewesen sein. “Warum?”, hakte ich nach.
    “Er sagte mir, dass Ethan ihm erzählt hätte, dich treffen zu wollen. Das hat ihn an unsere Familie erinnert, und deshalb wollte er mich besuchen.”
    “Merkwürdig”, fand Lucy. Auch sie hatte aufgehört zu harken und saß nun auf ihrem Kniepolster und umfasste ihre Unterschenkel. “Wie war es?”
    “Oh, nett”, antwortete Mom. “Er ist ein ziemlich greiser Kerl. Hat sich nicht allzu gut gehalten. Er sollte nicht mehr fahren, wenn ihr mich fragt.”
    Ich dachte plötzlich an das Fotoalbum von heute Morgen. Kein Wunder. Das Wiedersehen mit Ross Chapman musste bei ihr viele Erinnerungen an die Küste geweckt haben.
    “Worüber habt ihr gesprochen?”, bohrte ich.
    “Nicht viel. Er war nur ein paar Minuten hier. Ich dagegen bin neugierig, worüber du mit Ethan gesprochen hast.”
    Konnte sie von dem Brief wissen? Ich versicherte mir selbst, dass das unmöglich war, da Ethan es noch nicht einmal seinem Vater erzählt hatte.
    “Das war so ähnlich”, sagte ich. “Er hatte nur an uns gedacht. Du weißt, als Kinder waren er und ich wirklich gut befreundet, und vermutlich hat er sich plötzlich an mich erinnert. Du weißt, wie das manchmal so geht.”
    “Ist er Single?”, fragte Mom.
    “Nun ja, das ist er tatsächlich”, erwiderte ich. “Er ist geschieden.”
    “Dann ist er wohl auf der Suche nach einer neuen Mrs. Chapman”, gab sie zurück.
    Ich lachte. “Oh, Mom, das ist, glaube ich, das Letzte, was er sucht.”
    “Nun, falls doch, wirst du seine Avancen hoffentlich ignorieren”, riet sie mir.
    “Warum sollte sie das?” Lucy war irritiert.
    Meine Mutter seufzte tief. Sie nahm einen Schluck Kaffee und wischte sich ein paar Krümel vom Schoß, während Lucy und ich warteten. “Weil”, begann sie, “die Chapmans eine Erinnerung an Zeiten sind, die ich lieber vergessen möchte.”
    Ich konnte den Elefanten förmlich sehen, wie er von der Terrasse auf uns zustampfte und sich mitten auf den Tomatenpflanzen niederließ.
    “Also –”, meine Mutter stellte den Kaffeebecher auf die Armlehne und faltete die Hände im Schoß, “– lasst uns entscheiden, ob Shannons Party eine Überraschung werden soll oder nicht.”

15. KAPITEL
    L ucy
    1962
    Ich erinnerte mich an etwas.
    Ich bin nicht sicher, was die Erinnerung hervorrief. Vielleicht war es Moms Erwähnung von Mr. Chapman. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich einen Blick auf eines der alten Bilder erhaschen konnte, bevor sie mit diesen nervösen, bebenden Händen das Fotoalbum schloss. Es war vom Wasser aus aufgenommen worden und zeigte unseren Bungalow neben dem der Chapmans zwischen den beiden Docks. Während ich an jenem Morgen Unkraut jätete und mir die Sonne auf die Arme brannte, stieg die Erinnerung Stück für Stück in mir hoch, bis ich das ganze Bild vor mir sah.
    Als ich klein war, wollte meine Mutter mir unbedingt das Schwimmen beibringen. Selbst eine exzellente Schwimmerin, war sie besorgt, dass einer von uns nicht sicher war am Wasser. Ich
wollte
Schwimmen lernen. Ich wollte es aufrichtig, doch eine große Furcht in mir ließ es einfach nicht zu. An der Bucht stand ich zitternd im knietiefen

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